Seit mehreren Tagen wachte Vincent schon am Bett seiner geliebten Ehefrau, hoffte auf ein Wunder und konnte doch nichts für sie tun.
Irgendwann war er in eine Art halb schlafende Trance verfallen.Plötzlich erklang im Raum ein Signal und der Bildschirm über dem Esstisch begann zu blinken.
>Vincent?<
Der Hüne stand auf und ließ sich in den Sessel vor der Tastatur sinken.
>Ja, was ist?<, tippte er ein.
>Draußen ist Mouse. Ich vermute er will zu dir.<, berichtete das Raumwesen.
>Ich gehe zu ihm.<, gab Vincent bekannt und erhob sich.
Er fühlte sich schwach und steif und hoffte, dass ein wenig Bewegung ihm vielleicht gut tun könnte. Denn es gab nur einen Grund, warum man ihn hier unter diesen Umständen störte, das wusste er.
Fremde waren in den Tunneln und bedrohten womöglich die Gemeinschaft.
Wenige Augenblicke später war er draußen bei dem Jüngeren, der traurig auf das Schiff schaute.
Als Mouse des Hünen ansichtig wurde, winkte er ihm zu und rief: „Vincent! Fremde in den Tunneln."
„Ich vermutete es schon.", erwiderte Vincent müde und forderte vom anderen „Komm! Lass es uns schnell hinter uns bringen."
So schnellen Schrittes, dass Mouse kaum in der Lage war mitzuhalten, machte Vincent sich auf den Weg zur Bibliothek.
Er wollte bald wieder bei seiner Frau sein und ihr beistehen.
„Warte!", rief Mouse, als sie die Kristallhöhle erreichten.
Vincent wandte sich um.
„Was ist?", fragte er „Warum verzögerst du es?"
„Mouse zuerst zu Vincent gekommen.", erklärte der junge Ingenieur und zog das Steuergerät des Verteidigungsparameters aus einer seiner zahlreichen Taschen und aktivierte es.
Vincent trat hinter ihn und schaute über die Schulter seines Freundes auf den holographischen Bildschirm, der sich nun über dem Gerät zeigte.Mouse hantierte an den Einstellungen noch ein paar Sekunden, dann zeigte sich ein optisches Bild.
Eine Gruppe von eigenartig anmutenden Menschen näherte sich einem der Sensoren. Die zuvorderst gehende riesige Frau mit dem grünen Irokesenschnitt hielt ein Smartphone in der Hand und sah auf den Bildschirm.
Sie sagte etwas und die Gruppe wandte sich um und einem anderen Gang zu.
„Umgehen Verteidigungsnetz, als wüssten sie, wo ist.", erklärte Mouse.
„Dann müssten sie eine ebenso hochentwickelte Technik benutzen, wie Jeanne.", stellte Vincent fest und Mouse nickte nachdrücklich.
„Sind diese Bilder Echtzeit?", fragte der Hüne nun seinen Freund und dieser schüttelte den Kopf. „Aufzeichnung.", gab er bekannt.
„Kannst du mir zeigen, wo sie jetzt sind?"
„Hmm.", nickte Mouse und veränderte erneut die Einstellungen und schließlich sahen sie die Gruppe in einem sehr dunklen Gang, aufgenommen von einem der Sensoren, die hauptsächlich im Infraroten Bereich Bilder lieferten.
Die Bilder wirkten völlig anders. Die beiden riesigen Mitglieder der Gruppe schienen viel Hitze abzustrahlen, der etwas kleinere und schlankere Mann etwas weniger und die beiden Frauen fast gar nichts. Sie waren kaum zu sehen.
Vier der fünf Gruppenmitglieder trugen Rucksäcke verschiedener Größe, nur die kleinste und zierlichste Frau hatte kein sichtbares Gepäck dabei.
„Wo sind sie jetzt?", wollte Vincent wissen.
„Nordpassage, Katakomben.", erklärte Mouse.
Der Hüne legte dem Kleineren die Hand auf die Schulter.
„Danke, Mouse. Ich versuche Kontakt aufzunehmen.", erklärte er ihm „Wenn sie so hochentwickelte Technik besitzen, dann können sie vielleicht Jeanne und ihrem Schiff helfen."
Mouse grinste breit und nickte nur. „Hoffe. Für Vincent und Jeanne."
„Danke, mein Freund.", erwiderte Vincent gerührt und wandte sich von Mouse ab, um sich auf den Weg zu machen.
„Vincent warten!", rief Mouse ihn noch einmal zurück und als Vincent sich umwandte, holte er aus einer anderen Tasche eines der winzigen Kommunikationsgeräte und reichte es ihm. „Mouse sagt dir, wo sind. Aus Narcissas Kammer."
„Gut, du wartest dort und ich werde mir diese Leute mal ansehen."
Mouse nickte noch einmal und Vincent wandte sich um und machte sich eilig auf den Weg, während er sich den winzigen Empfänger in die Höröffnung schob.
Er wagte es kaum, die aufkeimende Hoffnung zuzulassen, doch sie drängte sich in sein Bewusstsein und hätte er gekonnt, hätte ein Lächeln sein Gesicht geziert, als er in den Gang einbog, durch den er die, die heute seine Frau war, vor fast drei Jahren gejagt hatte.

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Ways of Destiny - Wege des Schicksals
FantasyIn einem Tunnelsystem unter einer Großstadt an einer Küste lebt eine kleine Gemeinschaft, die für sich einen anderen Weg des Zusammenlebens geht, als die Gesellschaft an der Oberfläche. Vincent, Beschützer und einer der Führer dieser Gemeinschaft...