Mit allem was sie dazu brauchten in einem kleinen Rucksack machten sich die drei auf in die bewohnten Bereiche des Labyrinthes.
Als sie oben ankamen, war es bereits später Nachmittag.
Sie gingen in die große Bibliothek, um Vater Bescheid zu sagen, dass sie nun bereit waren, den Plan dem Rat zu präsentieren.
Der alte Mann jedoch, sagte ihnen, dass die Besprechung erst am nächsten Morgen stattfinden würde und so machten sich Vincent und Jeanne in ihre Kammer auf, während Mouse in der seinen verschwand.In der Behausung angekommen, legte Vincent den Rucksack in der Leseecke auf den dort stehenden Sessel ab und wandte sich seiner Angetrauten zu.
„Ich finde es gar nicht so schlecht, dass die Präsentation erst morgen stattfinden soll.", bemerkte er „So können wir noch einmal überprüfen, ob alle die technischen Unterstützungen, die du mitgenommen hast, auch hier oben und nicht nur an Bord Ja'a'niras funktionieren."
Jeanne legte nachdenklich den Kopf ein wenig schief, doch schließlich nickte sie.
„Du hast Recht. Wir sollten alle Geräte noch einmal einem kurzen Test unterziehen. Vor allem die, welche während der Präsentation Daten direkt aus den Speichern meines Schiffes abrufen werden.", bestätigte sie und entnahm dem Rucksack ein relativ großes Modul und legte es auf den Esstisch. Mit einer leichten Berührung an der Seite, aktivierte sie das Gerät. „Ja'a'nira?", sagte sie laut in den Raum und schon im nächsten Augenblick erklang die Stimme ihres Schiffes. „Ja, Jeanne? Was wird gebraucht?"
„Wir wollen sicherstellen, dass trotz der vielen Hindernisse zwischen uns, eine reibungslose Kommunikation möglich ist, auch im Hinblick auf die Darstellung und Bearbeitbarkeit der Karten."
„Das sollte", erwiderte das Schiff „kein Problem darstellen, da die Kommunikation ausschließlich über die Interdimension stattfindet und dort gibt es keinerlei Hindernisse zwischen uns."
„Zeig mir bitte die Karten.", forderte Jeanne.Über dem Modul bildete sich ein Bereich, der bläulich schimmerte und in dem entstand augenblicklich eine Darstellung des sie umgebenden Labyrinthes von Gängen und Kammern.
„Und nun unser derzeitiger Standort."
In der Darstellung, die vom Tisch bis an die Decke reichte, begann es an zwei Stellen zu blinken. Am Rand der dritten Ebene war ein roter Punkt und dort wo das Schiff die violette Blase eingefügt hatte, erschien ein weißer solcher und blinkte.
„Das sind unsere derzeitigen Standorte.", erklärte das Schiff.
„Gut.", anerkannte Jeanne und fügte dann an: „Wenn ich dich während der Präsentation morgen nach unserem Standort frage, gibst du bitte nur den an, an dem ich mich zu diesem Zeitpunkt befinde. Deinen Standort in Bezug zu den bewohnten Bereichen, muss nicht unbedingt jeder sofort sehen."
„Okay, machen wir es so. Ich lasse meinen Standort nur erkennen, wenn du mich explizit darum bittest.", bestätigte das Schiff den Vorschlag.
„Gut."
Dann wandte sich Jeanne an Vincent und sah ihn fest an. „Genügt dir das als Test?"
„Ja, das ist ausreichend.", erwiderte der Hüne mit strahlenden Augen.Gerade als Jeanne das Modul wieder abschalten wollte, hörten beide Schritte im Raum und wandten sich um.
Vor ihnen stand Vincents kleiner Sohn mit offenem Mund und starrte das deckenhohe Bild an.
Nach einigen Momenten hatte der Kleine seine Sprache wieder gefunden und fragte entgeistert: „Was ... was ist DAS?"
„Guten Abend, Jakob.", erwiderte sein Vater.
„Oh! Entschuldigung!", fing sich Jakob nun endgültig und schaute erst zu Vincent und dann zu Jeanne, als er sagte: „Guten Abend, Vater, guten Abend, Jeanne."
„Was führt dich zu uns, Jakob?", fragte nun Jeanne behutsam und hockte sich vor den Jungen.
„Ich habe gehört, dass ihr zurück seid und wollte nur Hallo sagen.", erklärte der Kleine.
„Das ist aber lieb.", meinte die Frau und richtete sich wieder auf und wandte sich dem Gerät zu, um es abzuschalten.
„Was ... was war das?", fragte Jakob nun noch einmal nach und Jeanne lächelte.
„Das", erklärte sie nun dem Jungen „ist eine technische Spielerei von Bord meines Schiffes, die sich holographischer Projektor nennt."
„Das Bild?" Der Junge ließ die Aussage wie eine Frage klingen und als Jeanne nickte, fuhr er fort: „war ja RIESIG. Kann dieser ho ... holo ...holographische Projektor noch mehr, oder größere Bilder machen?"
„Ja, das kann er."
„Hat er genug Energie, für eine kleine Vorführung, ohne dass wir morgen ein Versagen fürchten müssen?", fragte nun sein Vater und Jeanne grinste.
„Natürlich hat er die.", erwiderte sie und aktivierte erneut das Gerät. „Ja'a'nira?", fragte sie wieder in den Raum und sofort erklang die Stimme ihres Schiffes. „Ja, Jeanne?"
„Machst du uns bitte eine kleine Vorführung der Fähigkeiten des Projektors, geeignet für ein Kind?"
„Aber gern.", gab das Schiffswesen bekannt und die Darstellung des Labyrinthes verschwand und der Bereich dehnte sich aus. Plötzlich wuchs an der Wand neben dem Tisch eine Kletterrose empor und nach wenigen Sekunden erblühte sie in den schönsten Farben. Sekunden später landete ein kleiner Vogel im Geäst und einige Schmetterlinge umtanzten die Blüten und ließen sich darauf nieder, um Nektar zu trinken.
„Ist DAS SCHÖÖÖÖN!", staunte der Junge, als sie sich plötzlich unter Wasser wiederfanden. Am Boden der Kammer lagen Felsbrocken und auf ihnen waren Korallen und zwischen diesen zahllose bunte Fische. Ein eigenartiger Ton lenkte ihren Blick nach oben und dort konnten sie die Wasseroberfläche sehen und die Sonne, die sich auf ihr spiegelte und dazwischen ein riesiger Buckelwal, der seine Bahn zog.
Jakob war völlig sprachlos und auch Vincent blickte sich um und staunte.
Jeanne jedoch streckte die Hand nach einem Stein aus und berührte diesen leicht an der Seite. Sofort erlosch das Bild und die Kammer war wieder so, wie sie vorher gewesen war und das violett glänzende Modul lag auf dem Tisch.
Als sie Jakobs enttäuschtes Gesicht sah, lächelte sie leicht und versprach ihm: „Morgen, nach der Ratsbesprechung, wenn das Gerät dann noch genug Energie hat, mach ich noch mal eine Vorführung. Ja?"
Nachdrücklich nickte Jakob und grinste fast so breit, dass sein Lächeln von einem Ohr zum anderen reichte.
„Und nun wollen wir sehen, ob es schon Abendessen gibt.", bestimmte sein Vater „Es wird Zeit, damit du rechtzeitig zu Bett kommst."
„In Ordnung, Vater.", erwiderte der Kleine und griff nach der Hand seines Vaters.
Jeanne trat ebenfalls an ihren Mann heran und dieser legte ihr seinen Arm um die Schultern und so verließen die drei die Kammer.In dem der großen Hauptküche angeschlossenen Speisesaal, in dem die Gemeinschaft an normalen Tagen ihre Mahlzeiten einzunehmen pflegte, waren die Vorbereitungen bereits fast abgeschlossen als Vincent mit seiner Familie den Raum erreichte.
Kinder flitzen zwischen den Tischen hin und her, stellten noch einige Trinkgefäße an Plätzen ab und einige der Frauen kamen schon aus der Küche mit großen Platten, auf denen zahlreiche Sandwisches lagen und stellten diese auf die einzelnen Tische. Andere kamen mit Kannen und Krügen und stellten auch diese auf den Tischen ab und mehr und mehr Mitglieder der Gemeinschaft fanden sich ein und ließen sich an den Tischen nieder.
Viele der Menschen begrüßten Vincent und seine kleine Familie freudig und als Jakob Senior den Raum betrat, wurde es still.
Der alte Mann trat ans Kopfende einer der großen Tafeln und sah sich um.
„Ich begrüße alle, die ich heute noch nicht gesehen habe.", begann er zu sprechen und als das darauf folgende leise Gemurmel verklungen war, fuhr er fort: „Für morgen habe ich folgendes bekannt zu geben: Am Vormittag, gegen 09:00 Uhr wird eine Besprechung des kleinen Rates stattfinden. Die entsprechenden Teilnehmenden mögen sich dafür bereit halten. Marys Lesegruppe wird an diesem Tag von Lena übernommen." Beide Frauen nickten zustimmend. Es war nur die offizielle Bekanntgabe, von bereits in kleinerem Kreis Besprochenem.
„Ob der große Rat am Nachmittag gegen 14:00 Uhr zusammentritt, wird bei der Sitzung am Vormittag entschieden. Achtet bitte alle auf entsprechende Bekanntmachungen in den Rohren.", fuhr der alte Mann fort. „Wenn die Sitzung stattfindet, fallen die in diesem Zeitraum normal stattfindenden Lesegruppen aus, beziehungsweise werden auf den nächsten regulären Termin verschoben."
Jakob Senior ließ sich auf seinen Stuhl sinken und meinte: „Das war's für heute. Guten Appetit."
Ein vielstimmiges „Guten Appetit." erklang und alle ließen sich nun ebenfalls auf ihren Stühlen nieder.
Ganz selbstverständlich hatte man in der Nähe des Führers der Gemeinschaft drei Plätze für Vincent, seine Frau und seinen Sohn frei gelassen und so saßen die drei nun bei dem alten Mann und unterhielten sich leise mit ihm, während sie das schmackhafte Abendessen genossen.Nach der Mahlzeit brachten Vincent und Jeanne den kleinen Jakob noch ins Bett in Vincents ehemaliger Kammer und kehrten dann zurück in ihre eigenen Räumlichkeiten.
Jeanne ging noch einmal die Präsentation durch, die sie am nächsten Morgen zu halten vor hatte, während Vincent sich am Schreibtisch nieder gelassen hatte und Eintragungen in sein Tagebuch vornahm, bevor er sich zu Bett legte.
Auch Jeanne sprach noch ihren täglichen Eintrag in ihr Logbuch, bevor sie sich zu ihm gesellte und beide aneinander gekuschelt einschliefen.
Auf dem großen Schreibtisch im Wohnraum lag nun neben seinem Tagebuch ihr winziges, violett schimmerndes Aufzeichnungsgerät.
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(1408 Wörter)
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Ways of Destiny - Wege des Schicksals
FantasiIn einem Tunnelsystem unter einer Großstadt an einer Küste lebt eine kleine Gemeinschaft, die für sich einen anderen Weg des Zusammenlebens geht, als die Gesellschaft an der Oberfläche. Vincent, Beschützer und einer der Führer dieser Gemeinschaft...