45. Kapitel Sein

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Mittwoch, 24. Dezember
Abends
Kuroos Sicht:

Es sind mittlerweile 6 Tage vergangen, seit dem Kei Schluss gemacht hatte.
Und es waren mit Abstand die 6 beschissensten Tage seit langem.
Ich habe mich die ganze Zeit auf Weihnachten gefreut, aber jetzt, ich kann mich einfach nicht mehr freuen.
Nicht mit dem Gedanken daran, dass ich das Beste was mein Leben zu bieten hatte, verloren hatte und nichts dagegen tun konnte.
Natürlich hätte ich so eine waghalsige Aktion mit Liebesgeständnissen, Geschenken und Versprechen machen können, aber wie Kazuko sagte, ich habe nicht Schluss gemacht. Es war Kei. Das bedeutete, dass nur er es ungeschehen machen konnte, nun ja, so gut es eben ging.
Aber es kam nichts. Kein Anruf, keine Entschuldigung, nicht mal eine Nachricht.
Wie ein verrückter schaute ich jede Stunde, ob etwas von Kei eingetroffen war, doch immer wieder wurde ich enttäuscht.
Meine Tante versuchte mich aufzuheitern und mich abzulenken, doch nichts half und ich wollte es auch nicht.
Ich war ihr zwar sehr dankbar, dass sie es versuchen wollte, aber ich wollte Kei nicht vergessen, ich wollte ihn nicht in den Hintergrund schieben, ich wollte nicht von ihm in der Vergangenheit reden. Ich wollte ihn einfach nur bei mir haben.
Nicht mehr und nicht weniger.
Nur ihn.
Meinen geliebten Kei.
Meinen wunderbaren, perfekten, eigentlich so klugen Kei.
Doch er war es nicht.
Und es brach mir das Herz.

Tsukishimas Sicht :

Es war früh. Sehr früh.
Normalerweise hätte ich um diese Uhrzeit meine Runden durch den Park gedreht, um mich zu entspannen, doch mir fehlte die Kraft dazu.
Alles was ich eigentlich hatte, hatte ich nicht mehr.
Alles woran ich glaubte, daran glaubte ich nicht mehr.
Alles was ich dachte zu verstehen, verstand ich nicht mehr.
Und alles was ich dachte zu wissen, wusste ich nicht mehr.
Mein Gehirn war überschwemmt mit Fragen ohne Antworten und drohte daran unterzugehen.
Mit jeder Frage die ich mir stellte kamen viele neue Fragen, doch keine, ja nicht mal eine, konnte ich beantworten.
War das das Schicksal aller Philosophen?
Ein Leben voller Fragen ohne Antworten?
Ich hasste es.
Ich war immer jemand der alles rational sah, was bewiesen war, daran glaubte ich auch und der Rest war mir herzlich egal, ich blendete es einfach aus.
Doch auf einmal war es anders.
Ich wollte mehr wissen, als ich wissen konnte, als irgendjemand wissen konnte und es zerstörte mich.
Sonst kannte ich auf alles eine Antwort, doch auf die abermillionen Fragen die ich mir im Laufe der Tage gestellt habe, kannte ich keine Antwort.
Das Wissen, meine Intelligenz, mein rationales, nicht von Gefühlen beeinflusstes Denken, meine Neutralität und meine kühle Art gegenüber allem, das war es wofür ich stand, was mich auszeichnete, doch nichtmal das hatte ich jetzt.
Jetzt hatte ich nichts mehr.
Ich war nichts mehr.
Nichts außer einem Nebencharakter in der Geschichte jemandes Anderen.
Jemand der eine Lücke füllte.
Jemand der einfach nur da war.
Es zerstörte mich.
Wofür lebte ich dann überhaupt?
Ich hatte noch nie den Gedanken mich umzubringen, doch ich sah keinen Sinn mehr im Leben.
Denn ich hatte nichts mehr.

Ich stand aus meinem Bett auf.

Ich ging zu meinem Fenster und schaute hinaus.
Es war noch dunkel draußen. Es war still.
Kein Schnee fiel und nur der alte, der schon zu schmelzen begann, lag auf den Straßen.

Ich öffnete das Fenster.
Es war kalt, doch das störte mich nicht, ich nahm es nichtmal war.
Ich stieg auf das Fensterbrett, schob den Schnee zur Seite und setzte mich.
Ich sah nach vorne.
Die Sonne begann langsam aufzugehen.
Der Himmel war leer von Wolken und das Rot und Lila der Sonne verzierte ihn.
In unserem Vorgarten standen einige Töpfe, doch alle Pflanzen waren schon erfroren, in ihrem Winterschlaf.
Nur ein prächtiger Tannenbaum schmückte den Garten und ließ ihn etwas lebendiger aussehen.
Akiteru war am Wochenende da gewesen und hatte ihn mit meiner Mutter geschmückt, doch ich hatte kein Interesse daran.
Ich saß damals auf unserer Hollywoodschaukel und sah ihnen dabei zu.
Akiteru hatte versucht mich aufzuheitern, wollte sogar eine Schneeballschlacht anzetteln, doch ich wollte nicht.
Auch Tadashi hatte versucht mich aufzuheitern, aber ich ließ ihn nicht.
Beim Training war ich auch nicht gewesen.
Sugawara und Daichi hatten überraschenderweise Verständnis dafür, meinten aber, dass ich nach den Ferien bitte wieder erscheinen sollte.
Ich zuckte damals nur mit den Schultern und ging dann.

Kuroo x Tsukishima Roommates Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt