So ein aufgeblasener Kerl!Das ist nur einer der Gedanken, die durch meinen Kopf rauschen, während ich weitergehe. Was habe ich denn auch von so einem schnöseligen Wichtigtuer erwartet? Auf solchen Events trifft man auf keine Typen, die sich anders verhalten. Sie haben es ja schon in die Wiege gelegt bekommen.
Auf meinem Weg komme ich bei einer Holz-Koppel vorbei und bleibe stehen, um mich auf einen der Pfosten zu setzen. Es schießt mir durch den Kopf, dass ich auch einfach hierbleiben könnte, bis das ganze Theater vorbei ist. Ich würde lieber Regenwürmer essen, als diesem Heini dabei zusehen zu müssen, wie er sich hoch zu Ross feiern und bejubeln lässt!
Nach einer Zeit höre ich die Stimme des Kommentators, der einige Ehrengäste begrüßt und irgendeine Frau interviewt, die mit Hilfe ihres superduper Spendenvereins die Trikots gesponsert hat.
Ich erhebe mich, streiche hinten über meinen Rock und gehe zu den Ställen zurück. Dabei achte ich penibel darauf, nicht denselben Weg wie vorhin zu nehmen, um nicht erneut auf diesen Großkotz treffen zu müssen.
Langsam schreite ich von Box zu Box, doch jede einzelne ist bereits leer.
Erneut hallt die Stimme des Kommentators zu mir herüber, der gerade die Teams vorstellt und sie danach bittet, sich demnächst auf dem Rasen einzufinden.
An der vorletzten Box angekommen, kann ich Axon erkennen, der fertig gesattelt an der Tränke steht und Wasser säuft.Ich blicke mich rasch nach allen Seiten um, kann meinen Bruder allerdings nirgends entdecken. Ich möchte gerade auf meinen Hengst zustürzen, da er vor dem Rennen nicht so viel Wasser zu sich nehmen soll, da fällt mein Blick auf ein Trikot und auf eine Reiterhose die über der Stalltüre hängen. Meine Finger greifen nach dem Shirt und ich lese den Namen, der darauf gedruckt ist.
De Vere- der Nachname meines Bruders und mir. (ausgesprochen dö Weer)
Irritiert sehe ich mich noch einmal um, ehe mein Blick auf etwas fällt, was ich lieber nicht gesehen hätte- Iiiihgitt!
Der nackte Hintern meines großen Bruders, strahlt mir im Inneren der Pferdebox entgegen. Um seine Hüften ist ein paar Frauenbeine geschlungen. Jetzt höre ich auch ihre Atmung und das Gestöhne.
„Musst du nicht langsam los? Oh Gott... Ah!"Die Antwort meines Bruders höre ich nicht, weil Axon in meine Richtung wiehert, wie als wollte er mich zu sich bitten. Schnell möchte ich das Trikot wieder an die Stalltüre hängen, da kommt mir eine zündende Idee und ich grinse fies, als ich nun auch noch nach der Hose greife.
-
Kurze Zeit später sitze ich im Sattel und führe Axon auf das Spielfeld, wo bereits schon alle Polospieler versammelt sind. Ich ziehe mir den Helm tiefer in die Stirn und hoffe, dass sich keine hellblonde Strähne daraus löst und mich verrät. Durch meine zierliche und sportliche Figur, fällt nur bei ganz genauem Hinsehen auf, dass ich eine Frau bin. Augy ist mit Sicherheit ein wenig breiter, doch ich hoffe, dass das Spiel schnell angepfiffen wird, ehe der Schwindel auffliegen kann. Axon stampft ungeduldig mit den Vorderläufen. Ich lehne mich ein wenig vor und klopfe mit der flachen Hand an den Hals meines Hengstes um ihn zu beruhigen.
„Wir schaffen das schon, Kleiner!", flüstere ich in sein Ohr und er schnaubt zufrieden.„DE VERE!", ruft eine tiefe Stimme hinter mir und ich schnelle nach oben. Neben mir taucht der Kerl von vorhin, auf seiner Stute Hope auf und ich drehe mein Gesicht von ihm weg, ehe ich mich wieder an den Hals von Axon lege, damit er mich nicht sieht. Ich tue so als würde ich seine Zügel überprüfen, bis er mir einen festen Schlag auf den Rücken gibt.
Aua!
„Heute bist du fällig mein Freund...", ruft er mir zu und reitet Gott sei Dank weiter, ohne auf meine Antwort zu warten.
Pheew!Schnell richte ich mich auf, linse unter meinem Helm hervor. Mein Blick landet auf dem Namen der auf dem Rücken des Idioten steht.
„Worthington"
Beinahe kichere ich, da mir wieder eingefallen ist, was Mutter mir vor ein paar Tagen über ihn erzählt hat. Auch einige Gesprächsfetzen seiner Angebeteten, kommen mir in den Sinn. Mich würde ja brennend interessieren, was sie wohl davon halten würde, wenn sie wüsste, dass ihr ach so romantischer Traumprinz andere Frauen angräbt, während sie sich in Konversationen übt.Meine Gedanken werden von dem Kommentator unterbrochen, der das Spiel nun offiziell ankündigt und uns Reiter bittet unsere Positionen einzunehmen. Ich habe Augy schon so oft bei einem Turnier zugesehen und kenne seine Position genau. Gegenüber erkenne ich den Kotzbrocken, der mir süffisant zu grinst und den Schläger in meine Richtung zucken lässt.
Na warte nur du Honk!, denke ich und lächle fies zurück. Ein Pfiff ertönt und es geht los. Polo ist ein wirklich anstrengender und kräftezehrender Sport. Der Schläger fühlt sich schwer in meiner Hand an aber ich reite Axon geschickt und weil ich leichter bin, als die Männer, sind wir flinker und wendiger. Ich erziele einige Tore, aber leider muss ich auch zugeben, dass der Worthington Sprössling wirklich gut ist. Er reitet verbissener und aggressiver, als ich es tue, was aber wiederum an seinem Testosteronspiegel liegen muss. Bis jetzt dürfte noch niemandem aufgefallen sein, dass nicht Augy reitet und das beflügelt mich noch mehr. Auch die anderen drei Reiter meiner Mannschaft versenken ihre Treffer und jubeln mir so zu, als wäre ich mein Bruder. Was ich mache, wenn das Spiel vorbei ist, habe ich mir eigentlich nicht überlegt, aber ich verbanne diese Gedanken auf später.Nun reite ich Richtung Tor und ein Mitspieler, spielt gerade einen Ball direkt mit zu und ich treibe Axon an, schneller zu laufen, doch da stellt sich mit plötzlich Worthington in den Weg und wir kollidieren beinahe. Mein Herz poch wie verrückt, ob vor Schreck oder Ärger kann ich nicht sagen, aber als er dann noch frech etwas zu mir rüber schreit, balle ich meine Fäuste.
Es steht unentschieden zwischen unseren Mannschaften und das nächste Tor entscheidet.„Was ist los mit dir De Vere? Möchtest du heute nicht gewinnen?", provoziert mich dieser Arsch und ich knirsche mit den Zähnen. Na warte!
Es geht wieder weiter und einer seiner Mitspieler möchte ihm den Ball zukommen lassen, aber dieses Mal ich bin schneller. Ich reite Axon geschickt und wende ihn so, dass ich den Blödmann ausbremse und ihm obendrein den Ball abnehme. Er steht nun in die entgegengesetzte Richtung und kann nicht mehr reagieren. Er starrt mich bloß fassungslos an. Die Menschen jubeln und der Kommentator plappert auch etwas ins Mikrofon, aber ich bin so fokussiert, dass ich es nicht verstehe. Kurz vor dem Tor hole ich mit dem Schläger aus und Zack! Der Ball landet im Tor.
Das Spiel wird abgepfiffen und meine Mitspieler kommen angaloppiert, ehe sie mir fest auf den Rücken klopfen. Ich halte immer noch den Kopf gesenkt, obwohl es zunehmend schwieriger wird, meine Scharade aufrecht zu erhalten. Ich lehne mich zu Axon's Ohr und flüstere ein „Das hast du gut gemacht!", während ich ihn lobend den Hals klopfe.Plötzlich taucht Hope neben mir auf und ich tätschle auch ihr lobend den Hals.
„Wie hast du verfluchter Wichser das gemacht?", fragt Worthington mich ernst und ich zucke bloß mit den Schultern. Weiter vorne sehe ich zu meinem Leidwesen meinen Bruder in einer schmutzigen, löchrigen Stallhose auf uns zukommen und entscheide spontan. Sein Anblick ist wirklich zum Schießen, aber ich verbeiße mir ein Lachen.Ich hebe nun das Kinn und sehe dem Arschloch vor mir, mitten ins Gesicht. Seine Brauen zucken nach oben und er wirkt mehr als verwundert.
„Hattest du nicht vorhin gesagt, ich wäre doch anders, als die anderen...?! Oder hast du deine Meinung darüber etwa schon geändert?"
Während ich das sage, glotzt er mich mit Schock-starrem Gesicht an und ich ziehe mir den Helm vom Kopf, schüttle mein Haar aus
und zwinkere ihm frech zu. „Ich sagte dir doch, dass heute nicht dein Glückstag ist..." Etwas Neues blitzt nun in seinen Augen auf, etwas, dass ich nicht richtig deuten kann. Außerdem habe ich keine Lust, mir darüber Gedanken zu machen, deshalb werfe ich ihm ohne Vorwarnung, meinen Helm zu, der an seine Brust prallt ehe er ihn reflexartig auffängt. Ich treibe Axon an und reite eilig an ihm vorbei.
Mittlerweile haben es auch alle anderen, um uns herum, bemerkt und sogar der Kommentator stottert verblüfft, doch ich reite einfach an ihnen allen vorbei. Sollen sie sich doch das Maul zerreißen m.
Im Augenwinkel kann ich meine Eltern um Augy versammelt stehen sehen, sie diskutieren wie wild, während Mutter mich finster, Dad mich unergründlich und Augy mich erheitert ansieht. Ich atme geräuschvoll aus und denke mir, dass genau dieser Augenblick vorhin, jedes verdammte Donnerwetter, dass nun folgen wird, wert war.Ich würde mich soooo sehr über Votes und Kommentare freuen 🥰
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The Night Sparrow
Romance✨„Stars can't shine without darkness"✨ Eine junge Frau, die bei Tag ein Leben unter stetiger Beobachtung führt, die jede Nacht die Ketten für einen Moment ablegt, um sich endlich frei zu fühlen. Soleil ist Tänzerin, im berüchtigten Nachtclub „ Sens...