TWENTY-FIVE

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Schweigend löffle ich meine Suppe und bekomme eigentlich nichts von den Gesprächen am Tisch mit

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Schweigend löffle ich meine Suppe und bekomme eigentlich nichts von den Gesprächen am Tisch mit. Nach der Sache vorhin im Stall, bin ich wie in Trance. Die Empfindungen geistern nach wie vor durch meinen Körper und durchzucken mich wie Stromschläge. Ein bitterer Keim hat sich nach dem mich Theodor so kalt behandelt hat, in meinem Inneren gebildet und lässt sich nicht verjagen.

Erneut habe ich mich von ihm täuschen und ausnutzen lassen. Warum war ich so dumm?
Kein einziges Wort hat er seitdem mehr mit mir gewechselt und ich komme mir sowas von schäbig vor. Mir ist zum Heulen zumute. Aber ich bin tapfer und schlucke die Tränen hinunter.
Meine Eltern und die Worthington's lachen und scherzen miteinander und ich komme mir einfach nur wie ein Störfaktor vor. Nachdem meine Suppe leergelöffelt ist und sie von einem Hausmädchen abserviert wird, traue ich mich endlich den Blick anzuheben. Theodor sitzt genau gegenüber und sieht genau so abwesend aus wie ich.
Auch er hält den Kopf gesenkt und vermeidet es mich anzusehen.
Ich verspüre Wut und Enttäuschung, während ich die Geschehnisse von vorhin erneut in meinem Kopf abspule und mich frage, an welchem Punkt wohl alles schief gelaufen ist.
Endlich hebt auch er seinen Kopf und sieht mich für eine Sekunde an, bevor er den Blick sofort wieder abwendet und nach seinem Glas greift.
Ich betrachte seine langen, schlanken Finger und werde rot, als mir einfällt wo diese vor nicht mal einer halben Stunde waren.
Echt jetzt Soleil?
Ich schüttle den Kopf, um die lästigen Gedanken zu vertreiben, die mich quälen.
Gerade eben wird der nächste Gang serviert und Anna- das Hausmädchen, dass uns vorhin in flagranti erwischt hat, stellt die Hauptspeise vor meiner Nase ab und sieht mich kurz von der Seite an.
„Na, meine Lieben... Hattet ihr beide vorhin Spaß zusammen?", flötet meine Mutter und sieht lächelnd zu mir und Theodor.
Mir klappt der Mund auf und auch Theodor wirkt nervös.
Mein Blick fällt auf Anna, die ebenfalls in ihrer Bewegung erstarrt ist und ihre Mundwinkel zucken amüsiert nach oben.
„Ähm, danke Anna.", sage ich mit belegter Stimme und sie lächelt mich milde an, ehe sie zurücktritt.
Alle sehen nun zu mir, außer Theodor. Ich werde wütend, weil er mich schon wieder alleine verrecken lässt und setze ein freundliches Lächeln auf.
„Ich durfte Axon besuchen. Wie es aussieht, hat er sich gut eingelebt."
Ich gehe mit voller Absicht nicht auf die eigentliche Frage ein. Wäre ja noch schöner, wenn er glauben würde, dass ich das von vorhin genossen hätte.

„Hast du aber!", geht es mir durch den Kopf und ich möchte ihn am liebsten gegen den Tisch schlagen.
„Hm, das ist gut. Und Theodor... Haben du und Soleil euer Kriegsbeil begraben können?", richtet Mutter nun an ihn ihr Wort und plötzlich bin ich hellwach und neugierig.
Es freut mich diebisch, dass er unbehaglich auf seinem Stuhl herumrutscht und gequält wirkt.

„Natürlich, Mrs. De Vere.", antwortet er und blickt erneut zu mir.
Das war eine recht knappe Antwort und nicht nur für Mutter sondern auch für mich relativ wenig zufriedenstellend.
Ich schieße Giftpfeile aus meinen Augen in seine Richtung und er presst die Lippen fest aufeinander, ehe er plötzlich aufspringt.
Nun sehen ihn auch die übrigen Tischgäste fragend an.

„Es tut mir leid, ich muss mich leider entschuldigen. Ich muss heute noch auf eine dringende Verabredung."
Oh nein, du verfluchter Mistkerl. Du lässt mich jetzt nicht hier alleine sterben.
„Theo, wir sind mit dem Hauptgang noch nicht fertig. Warte bitte so lange noch.", meldet sich sein Vater und ich kann seine Verstimmung in seinem ernsten Gesicht erkennen. Er versteckt es unter Höflichkeiten aber sein Ton spricht Bände.
Theodor sieht genervt auf seine Armbanduhr und setzt sich erneut aber nicht ohne laut zu schnaufen. Das ist meine Chance, denn langsam wird die Zeit auch für mich knapp.
„Ähm, entschuldigen Sie Mr. und Mrs. Worthington, aber auch ich muss nach dem Hauptgang leider gehen. Ich habe das Treffen mit meinem Arbeitgeber verschoben, damit ich ihrer Einladung folgen kann. Ich hoffe Sie beide nehmen mir das nicht übel?!", sage ich und die beiden lächeln, während Mutter sauer das Gesicht verzieht.
„Nein, überhaupt nicht, meine Liebe. Ich wünschte Theodor würde uns immer so genau darüber unterrichten, wo er sich so herumtreibt. Mit Arbeit hat das wohl nichts zu tun...", plaudert seine Mutter und ich starre sie geschockt an. Meine eigene Mutter ist ein Biest, aber sie würde mich niemals vor anderen Leuten runtermachen. Ich wage einen Seitenblick auf Theodor, der versucht sich zu beherrschen. Seine Wangenmuskeln zucken so wie sie es immer tun, wenn er sich ärgert.

„Na wenn das so ist, wäre Theodor vielleicht so nett und würde Soleil nach Hause fahren? Dann muss unser Fahrer nicht doppelt hin und herfahren.", schlägt meine Mutter süßlich vor und ich verschlucke mich an einem Stück Spargel.
Zum ersten Mal blickt Theodor mich länger, als nur für eine Sekunde an und ich huste weiter vor mich hin. Seine Augen sagen so etwas wie : „Wehe du lässt das zu" aber nun bin ich diejenige die einfach schweigt.
Er schüttelt beinahe unmerklich den Kopf und setzt ein falsches Lächeln auf.
„Natürlich, Mrs. De Vere. Es wäre mir ein Vergnügen!"
Pah! Von wegen!

-

Unsere Eltern verabschieden uns und wir treten noch gemeinsam vor die Tür, doch sobald sich diese geschlossen hat, stürme ich die steinerne Treppe hinunter und fische mein Handy aus der Tasche.
Keine zehn Pferde bringen mich dazu, tatsächlich mit ihm mitzufahren.
Ich tippe die Nummer vom Taxiunternehmen in mein Telefon und höre schon das erste Freizeichen, doch es wird mir vom Ohr gerissen, bevor jemand rangehen kann.
„Sag mal hast du sie noch alle?", keife ich Theodor an und versuche ihm mein Telefon aus der Hand zu reißen.
Er verdreht bloß die Augen und hält es noch etwas höher. Ich hüpfe und versuche es zu erwischen und pralle dabei einige Male gegen seinen Oberkörper.

„Du hättest ruhig sagen können, dass du noch nicht genug von mir hast...", raunt er und lacht dreckig.
Ist der Kerl vielleicht schizophren?
Ich handle impulsmäßig, weil er mich sowas von wütend macht und ramme ihm meine Faust so fest ich kann in den Unterbauch.
Er keucht, sackt zusammen, während er wie ein Seemann flucht und ich rupfe ihm mein Handy aus der Hand.
„Du bist ein Schwein, Worthington!", fauche ich und laufe den Weg hinunter zur Straße.
Dort angekommen, wähle ich erneut die Nummer vom Taxifahrer und bestelle ihn her. Heute Nachmittag habe ich ihm schon meine Tasche übergeben und ihm gesagt wo er mich abholen soll, also sollte es nicht allzu lange dauern.
Nun fährt auch Theodor mit seinem Lexus vor und hält neben mir an. Ich drehe mich demonstrativ von ihm weg und halte stattdessen nach meinem Wagen Ausschau. Soll er mir doch den Buckel runterrutschen!
„Sei nicht kindisch und steig ein.", höre ich seine giftige Stimme und anstatt ihm zu antworten, zeige ich ihm den Mittelfinger.
Jetzt lacht er doch tatsächlich. Ich hasse ihn gerade so sehr, dass ich nicht mal vor so einer kindischen Reaktion zurückschrecke.

„Schon klar, ich bin ein Schwein aber du bist auch nicht so unschuldig wie du immer tust... Vorhin im Stall, da..."
Ich fahre zu ihm herum und hebe einen Finger in seine Richtung.
„Wag es ja nicht! Das vorhin war ein Fehler! Ein saudummer und übler Fehler! Keine Ahnung , was ich mir dabei gedacht habe! Aber lass dir eines gesagt sein. Es wird nie, niemals wieder so weit kommen! Und jetzt verpiss dich!"

Ich zittere vor Wut und Theodor? Er wirkt ehrlich zerknautscht, aber das ist mir in diesem Moment vollkommen egal.
„Steig ein, kleine De Vere. Ich fahre dich nach Hause..." Ich lache ironisch auf. Sein scheiß Ernst?
Dass ist das Einzige was ihm dazu einfällt, wirklich?
Er hat mich beschämt und verletzt und nun will auch ich ihn verletzen.
Ich sehe mein Taxi um die Ecke biegen und grinse fies.

„Ich fahre aber nicht nach Hause! Ich besuche jemanden, bei sich zu Hause und dieser jemand wird mich nicht wie Dreck behandeln und hoffentlich zu Ende bringen, was du so stümperhaft begonnen hast"
Er sieht so belämmert aus der Wäsche, dass ich gerne hexenmäßig aufgelacht hätte, aber stattdessen drehe ich mich um, laufe zum Taxi und sehe mich kein einziges Mal mehr nach ihm um.

The Night SparrowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt