FORTY- EIGHT

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„Sag mal, Lelli?! Bist du noch zu retten? Verdammte Scheiße, was denkst du dir dabei?", knurrt mein Bruder wie ein tollwütiger Hund. Ich sitze auf meinem Bett und sehe zu, wie er vor mir auf und ab rennt und sich die Haare rauft.
Zugegeben, es war vielleicht nicht die beste Entscheidung mein Geheimnis vor den ganzen Sprösslingen der „Upper- Class" zu lüften, aber nun ist es nunmal so und ich kann rein gar nichts tun, um das zu ändern.
Natürlich habe ich damit gerechnet, dass Augy mir eine Standpauke hält, immerhin sind das hier seine Freunde und er schämt sich für mich.
Ruckartig bleibt er vor mir stehen und starrt mich wutschnaubend an.
„Du verrücktes Ding. Weißt du wie verflucht gefährlich es für eine junge, hübsche Frau ist, sich in solchen Schuppen rumzutreiben? Dir hätte sonst was passieren können. Ich will gar nicht darüber nachdenken, sonst wird mir übel...Ich wusste ja schon, dass da etwas im Busch ist, aber nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass..." Er setzt seine Rede fort aber ich höre kein weiteres Wort mehr.
Moment mal...?!
Er macht sich nicht um den Ruf der Familie Sorgen, sondern um mich?
Jetzt ist es an mir, verblüfft und geschockt dreinzuschauen.
„Augy...", sage ich leise und unterbreche damit seinen Redeschwall. Das Gesicht meines Bruders ist total rot und verschwitzt, seine Haare stehen ihm zu Berge und das alles nur, weil er sich um mich sorgt?
„Oooh nein, sieh mich jetzt bloß nicht so an. Das zieht bei mir nicht. Ich bin enttäuscht! Ent- täuscht!" Ich muss mir ein Lachen verkneifen weil er so pikiert ist.
Plötzlich setzt er sich mit Schwung neben mich und reißt mich an seine Brust.
„Wehe du gehst da noch einmal hin! Was zum Teufel. Du bist doch total verrückt..."
Ich drehe meinen Kopf nach oben und hauche ihm einen Kuss auf die Wange.

„Nein, nein. Lass das, so leicht kommst du mir nicht davon. Ich rufe jetzt sofort unseren Anwalt an und lasse mir sofort NDA's  rüberfaxen. Diese Wichser da draußen werden einer nach dem anderen noch heute unterzeichnen sonst..."
Nun kann ich nicht mehr an mich halten und pruste los. Es ist eigentlich nicht komisch, aber die Absurdität des Augenblicks lässt mir keine andere Wahl.
Mein Bruder drückt mich von sich und sieht mich an als wäre ich nun komplett verrückt geworden.
„Verfluchte Axt, was ist daran bitte so lustig? Das hier ist ernst! Bist du auf Drogen? Hat dich dort einer von diesen Schweinen angefasst?! Soleil ich schwöre dir..."
Er packt meinen Kopf und zieht und zupft an meinen Augen herum, wie als würde er prüfen wollen, ob ich high bin.
Das gibt mir den Rest. Ich muss so lachen, dass mir der Bauch weh tut und Tränen meine Augen schwemmen. Es dauert ewig bis ich mich wieder einigermaßen fangen kann. Prustend und kichernd komme ich ein wenig zu Ruhe und wische mir die Augen trocken.
„Ohne Scheiß?!", motzt er und zieht beleidigt du Unterlippe nach unten.
Ich lege ihm eine Hand auf den Arm und sehe ihm tief in die Augen.
„August De Vere. Ich schwöre feierlich, ich bin weder high, noch bin ich verrückt geworden. Du brauchst nicht so theatralisch zu sein, es war einfach nur ein Zeitvertreib..."
Sofort plustert er sich wieder auf aber ich halte ihm den Mund zu.
„Es hat mir gefallen, jeden Morgen am Frühstückstisch zu sitzen und Mutter so den Stinkefinger zu zeigen. Ich habe bloß getanzt! Auf der Bühne und nicht nackt!!", füge ich schnell hinzu, weil mein Bruder aussieht, als würde er einem Schlaganfall nahe sein. Sogar sein Auge zuckt dabei. Es ist zum Totlachen.
Er murmelt etwas in meine Hand, was ich nicht verstehen kann, also nehme ich sie weg.
Nun tritt ein giftiger Blick in sein Gesicht und ich muss erneut kichern.

„Und wie passt Worthington in dieses ganze Chaos?"
Sein Ton ist nun etwas ruhiger aber trotzdem beobachtet er mich wie ein Geier. Ich muss meine Worte gut wählen, denn ich zerstöre mit Sicherheit nicht die Freundschaft zwischen ihnen.
Seufzend lege ich mich auf den Rücken und überlege, wie ich ihm das verständlich machen soll, ohne zu viel zu verraten.
„Er kam eines Tages und hat mich tanzen gesehen, natürlich wusste er nicht, wer ich bin. Am selben Abend  hat er Don- meinen Arbeitgeber - darum gebeten, dass ich privat für ihn tanze."
Ein verächtliches Schnauben ertönt, gefolgt von einem:" So ein widerlicher Schweinehund. Dem werde ich..."
„August, bitte...", unterbreche ich ihn erneut und rolle mit den Augen.
Seufzend lässt er sich ebenfalls auf den Rücken plumpsen und murmelt weiter wüste Todesdrohungen gegen seinen Freund.
„Ich habe zuerst abgelehnt, doch nachdem Poloturnier, der Sache mit Axon und dem Brunnen- Debakel habe ich zugestimmt. Ich wollte ihn einfach dafür büßen lassen... Aber mit der Zeit, konnte ich ihn ein wenig besser kennengelernt. Nicht nur tagsüber, sondern auch nachts. Wir haben bloß geredet, beziehungsweise er hat geredet und ich zugehört. Das war der Deal"

The Night SparrowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt