„Ich bin sowas von geliefert!"
Geistert es seit gestern Nacht immer wieder und unaufhörlich durch meinen Kopf.
Warum muss gerade, von allen Männern die es auf der Welt gibt, Theodor Worthington in den Club hineinmarschieren in dem ich beinahe jede Nacht inkognito arbeite und sich auch noch private Tänze von mir geben lassen? Ich verstehe es einfach nicht! Was hat das Universum denn gegen mich? Wäre die Lage eine andere, würde ich sofort jeglichen Kontakt zu ihm vermeiden, aber ich habe es mir in den Kopf gesetzt Shira zu helfen.
„Du könntest es doch trotzdem tun, indem du die Vereinbarung brichst und ihr das Geld einfach so gibst.", schießt es mir durch den Kopf.
Das wäre die perfekte Lösung für dieses Problem. Ich müsste nicht mehr für diesen aufgeblasenen Heini tanzen und Shira könnte die Schulden ihres Mannes trotzdem begleichen. Doch ich erinnere mich an das Versprechen, dass ich ihr gegeben habe und knirsche mit den Zähnen.Shira ist das , was einer Freundin für mich am nächsten kommt und ich halte meine Versprechungen. Die Grenzen der Wahrheit etwas zu dehnen, ist für mich völlig in Ordnung aber lügen? Lügen würde ich niemals!
Ich seufze tief, während ich an meinem Strohhalm knabbere, während mich irgendsoeine Baronesse, mit viel zu stark gestrafftem Gesicht und Schlauchboot- Lippen, mit ihrem langweiligen Geplapper beinahe ins Koma quatscht.
„Wissen Sie meine Liebe...", kommt es aus ihrem dicken Plastikmund und ich richtige mich auf und heuchle Interesse. „Meine Tochter Penelope arbeitet in den Ferien trotzdem an der Universität. Sie ist die neue Vorsitzende des Campus-Verschönerungs-Komitees."
Ihre gestrafften Lider bewegen sich nicht einmal, wenn sie zwinkert und ich frage mich, wie die gute Dame nachts überhaupt schläft, ehe ich mich besinne und lächle.
„Ach, das ist aber eine schöne Nachricht.", heuchle ich und muss den Drang, mir den Finger in den Hals stecken zu wollen, unterdrücken.
Denk an Axon, Soleil!„In der Tat meine Liebe! Und was treiben Sie so in den Ferien?"
Ich rühre mit dem Strohhalm in meinem Cocktailglas und lächle weiter.
„Ich tanze jede Nacht halbnackt vor dem männlichen Geschlecht an einer Stange und das gibt mir das Gefühl von Freiheit, während es mir obendrein tatsächlich gefällt.", denke ich, doch aus meinem Mund kommt stattdessen: „ In einer Woche beginne ich die Arbeit in einer Einrichtung für sozial benachteiligte Kinder. Ich unterrichte sie im Tanz und in Musik."
Die Baronesse nickt beipflichtend, obwohl ich ihre Abneigung deutlich sehen kann und antwortet mir irgendetwas, doch meine Aufmerksamkeit wird auf etwas hinter ihr gezogen.Der Worthington Spross steht weiter hinten mit einigen anderen Nachkömmlingen und unterhält sich angeregt. Ich kneife die Augen ein wenig zusammen, um ihn genauer betrachten zu können. Er sieht auf jeden Fall besser aus, als gestern Nacht. Eine Mütze voll Schlaf wirkt zwar Wunder, aber kuriert den Kater nicht zur Gänze. Nun tritt Penelope an ihn heran und harkt sich bei ihm unter. Sie lächelt ihn anschmachtend an und plappert etwas, dass ich nicht hören kann. Ich recke den Kopf um seine Reaktion auf ihre Berührung besser sehen zu können, doch da überkommt es mich.
Warum interessiert mich das überhaupt?„Liebes...", sagt meine Gesprächspartnerin, berührt dabei sachte meinen Handrücken mit den Fingerspitzen und reißt mich somit von meinen Gedanken los.
„Hmm? Entschuldigen Sie Baronesse, aber ich habe eben eine Studienkollegin entdeckt, die ich unbedingt begrüßen muss.", schwindle ich und lächle sie entschuldigend an, ehe ich an ihr vorbeigehe, um mir einen ruhigeren Platz zu suchen. Ich muss mich eine Weile sammeln und da Mutter mit ihren Freundinnen beschäftigt zu sein scheint, erlaube ich mir diese kleine Ausnahme.Ich gehe durch den Garten, an den ganzen Menschen vorbei und gelange danach auf einen schmalen Kiesweg, der in den hinteren Teil des Anwesens führt. Es ist hübsch angelegt und ruhiger, als im vorderen Teil. Ich trete an einen plätschernden Springbrunnen der wirklich riesig ist und tauche meine Finger ins Wasser. Es ist kühl und angenehm.
„Hab ich mir doch gedacht, dich hier herschleichen zu sehen...", raunt mir jemand von hinten ins Ohr und ich zucke zusammen. Nicht nur, weil ich völlig in Gedanken versunken war, sondern auch, weil ich genau weiß wer das hinter mir ist.
Ich blicke mich über die Schulter nach der Person um und verdrehe demonstrativ die Augen.
„Ich schleiche nicht und außerdem wollte ich hier ein wenig Ruhe finden. Danke, dass du das zerstört hast.", gebe ich von mir und betrachte weiter den großen steinernen Brunnen.
Theodor stößt ein sarkastisches Lachen aus und pustet mir dabei in den Nacken, wo sich sofort meine Haare aufrichten.
Rasch setze ich mich in Bewegung und versuche so Platz zwischen uns zu schaffen.„Bist du immer so unhöflich zu anderen Leuten?"
Dadurch, dass ich den Brunnen umrunde, kann ich ihn nun besser sehen, da er am selben Fleck stehen geblieben ist und mich mit feixender Miene beobachtet.
Ich zucke mit den Schultern, ehe ich ihm antworte.
„Bloß zu denen, die es verdient haben..."
Ich bleibe stehen und bewundere die Figuren des Brunnens. Ich möchte ihn nicht länger ansehen müssen, als unbedingt notwendig und wenn ich desinteressiert tue, verschwindet er vielleicht wieder.
„Ich habe die kalte Schulter die du mir zeigst, also verdient? Darf ich dich vielleicht daran erinnern, dass du es warst, die mich auf dem Polo- Turnier blöd aussehen hat lassen? Der Move war nebenbei bemerkt vollkommen unzulässig..."
Ich sehe wieder zu ihm hinüber. Seine markanten Gesichtsmuskeln zucken herausfordernd, während seine Augen angriffslustig funkeln.
Ich gehe weiter um den Brunnen und nähere mich Theodor langsam, während ich sein feixen erwidere.
„Vollkommen unzulässig, hm? Der Schiedsrichter hat das allerdings anders gesehen, denn sonst hätte er den Treffer wohl nicht gezählt."
Er schnaubt und schüttelt ungläubig den Kopf.
Etwas absurdes liegt an dieser Unterhaltung, denn sie läuft ähnlich ab, wie die gestern im Club. Wir tänzeln wie Boxer um uns herum und täuschen immer an, der Schlag bleibt aber aus. Kurz werde ich nervös, weil ich denke, er könnte dies auch bemerken.
„Du hast gern das letzte Wort, Süße. Hab ich nicht recht?", fragt er und bohrt seine hellen Augen in meine.
Süße? Der spinnt wohl!Ich trete nun an ihn heran und verschränke die Arme vor der Brust.
„Nenn mich nicht so. Deine Freundin wäre darüber nicht erfreut, wenn sie wüsste, was du hier zu mir sagst."
Eigentlich wollte ich Penelope nicht erwähnen aber mein Mund ist manchmal schneller als mein Kopf. Ich bereue es sofort denn mein Gegenüber zieht die Augenbrauen hoch und schmunzelt zufrieden.
„Du hast mich also beobachtet... Ich dachte, du wärst nicht so ein Mädchen, dass auf meine kessen Sprüche anspringt?!"
Dieser Idiot wiederholt meine Worte von gestern Nachmittag und ich könnte platzen vor Zorn.
Ich beiße mir daher fest auf die Zunge und ärgere mich über mein loses Mundwerk. Er ist so selbstgefällig, wie er da steht und sich diebisch ins Fäustchen lacht.
Ich trete noch einen Schritt an ihn heran und funkle ihn wild an.„Das hättest du wohl gerne. Aber ich sage es dir gern erneut." Ich tippe mit dem Finger gegen seine Brust, die darunter wirklich steinhart ist. „ Zieh Leine und versuch dein Glück bei einer dieser Hohlbirnen da drüben"
Als ich meine Hand zurückziehen möchte, packt er sie plötzlich. Nicht so grob wie beim letzten Mal aber ich schnappe trotzdem nach Luft.
Seine Finger fühlen sich warm an und als ich ihm irritiert ins Gesicht blicke, kann ich die Farbe seiner Augen nun zur Gänze erkennen. Sie erinnern mich an einen hellgrünen Amazonit, jedoch befinden sich auch goldene Sprenkel darin. Die schwarzen Wimpern die seine Augen umrahmen, lassen das blassgrün darin beinahe leuchten.
Ich schlucke schwer, als er mich ungeniert mustert.
„Lass mich gefälligst los.", verlange und ich und er grinst süffisant.
„Erst wenn du zugibst, dass du mich beobachtet hast."
Sein Blick wird so intensiv, dass mir schwindelig wird.
Ich versuche meinen Arm freizubekommen aber es ist unmöglich. Ich werde langsam wütend, was denkt sich dieser Kerl? Meine Augen blicken kurz zur Seite und ich erkenne wie nah wir beide am Brunnen stehen. Da kommt mir eine Idee. Ich lächle ihn an, hebe meine noch freie Hand und lege sie ihm spielerisch auf die Brust. Theodor glotz mit seinen Augen auf meine Hand, ehe er wieder zu mir sieht und triumphierend grinst.„Niemals...", sage ich und gebe ihm mit aller Kraft einen Schubs, der ihn in den Brunnen befördern sollte, doch während er fällt, lässt er meinen Arm noch immer nicht los und wir landen beide mit einem lauten Platscher im Wasser.
Wer hat den Teil mit dem Brunnen erkannt???
Liebe diese Szene 🎬🥰😂
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The Night Sparrow
Romance✨„Stars can't shine without darkness"✨ Eine junge Frau, die bei Tag ein Leben unter stetiger Beobachtung führt, die jede Nacht die Ketten für einen Moment ablegt, um sich endlich frei zu fühlen. Soleil ist Tänzerin, im berüchtigten Nachtclub „ Sens...