NINETEEN

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Als wären die Nächte nicht so schon kurz genug, kann ich diese überhaupt kein Auge zu machen

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Als wären die Nächte nicht so schon kurz genug, kann ich diese überhaupt kein Auge zu machen. Zu sehr halten mich meine Gedanken und zu meinem Leidwesen, auch meine Gefühle gefangen. Ich wälze mich bloß von der einen Seite zur anderen, als mich immer wieder Bilder oder Empfindungen bis tief in meine Nervenbahnen erschüttern. Ich keuche genervt auf und strample mir die Decke von den Beinen, ehe ich grummelnd aus dem Bett steige.
Ich muss einen freien Kopf bekommen und da kommt mir die zündende Idee. Es gibt nämlich nur einen Weg, wie ich in dieser Welt frei atmen kann und das ist auf dem Rücken von Axon.
Ich schleiche ins Bad, putze mir rasch die Zähne, wasche mein Gesicht und binde mir die Haare zu einem Dutt zusammen. Danach schlüpfe ich in meine Reiterhosen und tapse leise zur Haustüre hinaus.
Der Kies knarzt unter meinen Reiterstiefeln, die Vater mir aus Italien mitgebracht hat und mein Herz hüpft vor lauter Vorfreude und gleichzeitig gibt es mir aber einen Stich vor lauter Wehmut.
Als ich an Axons Stall-Box trete und den Riegel zurückschiebe, wendet er seinen Kopf zu mir und wiehert leise.
„Guten Morgen, Kleiner...", murmle ich und fahre mit der Hand zuerst über seinen Rücken und danach über seine Nase. „Hast du Lust auf eine kleine Spritztour?"
Er schnaubt zufrieden und ich führe ihn aus seiner Box. Bis er fertig gesattelt ist, hat die Morgensonne schon die dunklen Nachtwolken vertrieben und taucht den Himmel in die schönsten rosa und Orangetöne.

Ich steige auf und reite los. Ich weiß nicht genau wie lange wir unterwegs sind, doch dieses Gefühl von Freiheit und Zwanglosigkeit beflügelt mich und vertreibt die irritierenden Gedanken aus meinem Kopf. So, nur so kann ich entspannen. Ich weigere mich umzukehren, denn ich habe Angst davor wenn ich es tue. Was wird passieren? Wieviele dieser schönen Stunden sind mir mit Axon noch vergönnt?

Ich verfluche meine Mutter, da sie ihn mir einfach entreißt und ich keine Chance habe, ihn zurückzukaufen, da ich keine Ahnung habe, an wen sie ihn verhökert. Tränen bilden sich in meinen Augen und durch den Zugwind laufen sie mir in die Haare. Ich lasse los, weil ich nicht mehr stark sein kann und will. Hemmungslos schluchze ich und lasse die Zügel locker und Axon verringert sofort die Geschwindigkeit. Ich lehne mich nach vorne und schließe die Arme um seinen Hals, während er langsam austrabt und dann zum Stehen kommt.
Ich weine jede einzelne Träne, die mich schon seit Jahren geplagt hat und die ich mir verbissen habe.
Als keine davon mehr übrig ist, steige ich von Axons Rücken und streichle meinen treuen Gefährten ausgiebig.
Ich lehne mich an sein Gesicht und er stupst mich leicht.
„Es tut mir leid Axon. Ich will, dass du weißt, dass du nichts falsch gemacht hast und dass ich dich nicht hergeben möchte. Ich hoffe du verstehst was ich dir sage..."
Er sieht mich an, ehe er mir erneut entgegenstupst.
Ich wische mir mit dem Handrücken über die Wangen, seufze einmal tief und steige wieder auf, um nach Hause zu reiten.

Mittlerweile ist es bestimmt später Vormittag, denn die Sonne steht schon höher und beim Stall herrscht reger Betrieb.
Ich trabe mit meinem Hengst an einigen Stallarbeitern vorbei und runzle die Stirn über einen mir unbekannten Hänger.
Ich schüttle den Kopf und steige von Axons Rücken. Gerade möchte ich ihn absatteln, da höre ich Mutter biestige Stimme: „ Da bist du ja Soleil! Was fällt dir ein einfach so mit Axon zu verschwinden?"
Ich hebe den Sattel seelenruhig von seinem Rücken und streife mit der flachen Hand über seine erhitzte Haut, ehe ich mich zu ihr herumdrehe aber sofort erstarre.
Neben meiner Mutter steht kein geringerer als Theodor.
Sofort beutelt mich ein Flashback von gestern Abend. Seine Finger auf meiner Haut, sein hartes Glied an meiner Mitte.
Ich schüttle den Kopf, um diese Erinnerung loszuwerden und blicke den Mann bitterböse an.
„Was will er hier?", kommt es bitter aus meinem Mund und mich beschleicht ein komisches Gefühl, als ich Mutter hinterlistig grinsen sehe.
Sie schnalzt verächtlich mit der Zunge und legt danach ihre Hand auf seinen Arm.
„Ich habe ihm Axon geschenkt, als kleine Entschädigung für dein inakzeptables Benehmen."
Die Worte treffen mich wie Kugeln aus einer abgefeuerten Kanone. Ein Keuchen dringt aus meiner Kehle und ich starre die beiden finster an.
„Das kannst du nicht machen, Axon gehört mir!"

Theodor sieht mich unergründlich aus seinen stechenden Augen an und mir wird dabei einfach nur übel.
„Auf dem Papier gehört der Hengst mir, beziehungsweise nun Theodor. Ich habe ihm gerade die Papiere ausgestellt..."
Blinde Wut durchströmt mich augenblicklich und ich muss so mit mir ringen, um die beiden nicht mit der Zügel zu erwürgen. Ich gebe meiner Mutter die Genugtuung aber nicht, sie wissen zu lassen, dass ihre Worte mich berühren, deshalb wende ich mich nun Theodor zu, der immer noch schweigend da steht und mich anglotzt.
„Hat der Kater deine Zunge gefressen oder warum sagst du nichts? Sonst bist du doch auch so fürchterlich geistreich..."
An seiner Stelle gibt Mutter einen erstickten Schrei von sich und fasst sich an den Hals, während die Mundwinkel des Types sich ein wenig heben. Was findest du bloß so lustig?

„Was ist nur in dich gefahren, Kind? Ich dachte du würdest endlich zur Vernunft kommen, wenn ich dich bestrafe aber du bist so starrköpfig wie eh und je.", beklagt sich meine Mutter und plötzlich sehe ich etwas in den Augen von dem Mann, an dessen Schritt ich mich gestern noch gerieben habe. Irre ich mich oder ist es so etwas wie Mitleid?!
„Ich hab dieses Leben einfach nur satt! Ich benehme mich nicht so wie du willst und du gehst einfach her und entreißt mir den einzigen Grund, der mich davon abhält verrückt zu werden..."
Theodor legt den Kopf schief und betrachtet mich so eindringlich, dass es mir unangenehm ist.
„Mrs. De Vere... Es ist schon in Ordnung ich muss wirklich nicht...", höre ich seine Stimme heute zum ersten Mal und wende mich demonstrativ ab, doch Mutter unterbricht ihn.
„Ach Papalapapp, Geschäft ist Geschäft!", ruft sie aufgekratzt. Was soll dieses Wort überhaupt bedeuten? 

Ich wende mich lieber Axon zu, streichle ein letztes Mal über seine Nase und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn und obwohl alles in mir wehtut und es mich beinahe umbringt, ziehe ich ihn sanft am Zügel zu Theodor und drücke sie ihm in die Hand.
„Hier bitte, dein Trostpreis. Ich hoffe, der Triumph über mich bleibt dir im Halse stecken..."
Ich funkle ihn für eine Sekunde giftig an und er möchte den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, aber ich wende mich blitzschnell ab und gehe davon. Mutter ruft noch etwas, was stark nach Empörung klingt, doch es ist mir egal. Sie werden es alle büßen.

Hey ihr Lieben,
Ich würde mich wahnsinnig freuen wenn ihr mir ein Vote, einen Follow oder einen Kommentar dalassen würdet 😬 am besten wären alle 3 🤣😅

The Night SparrowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt