„Ach, komm schon, Lelli!", bettelt mein Bruder mich zum wiederholten Male an. Er sitzt auf meinem Bett und zieht die Unterlippe wie ein kleines Kind hinunter. Wenn er denkt, dass diese Nummer bei mir zieht, hat er sich geschnitten.
„Sorry, Bruderherz aber meine Antwort ist und bleibt, Nein."
Ein frustriertes Keuchen dringt aus seiner Kehle und er lässt sich mit Schwung auf den Rücken plumpsen.
„Ich hab dir doch schon gesagt, dass er nicht dort sein wird! Sie haben mit der Hochzeit-"
Ich wirble herum und bringe meinen Bruder damit sofort zum Schweigen.
„Ach, Fuck! Es tut mir leid. Hab schon verstanden- wunder Punkt...", sagt er und tippt sich gegen die Stirn.
Seit einer geschlagenen Stunde möchte mich mein Bruder überreden, dass ich ihn und seine Polofreunde auf einen Kurztrip nach Cabo begleite. Warum er das so unbedingt möchte, ist mir allerdings ein Rätsel. Ich will nicht, dass mich jemand bemitleidet! Klar, ich meide jede Zeitung und verbringe meine Zeit damit, unter der Woche im Zentrum zu unterrichten oder mich sonst irgendwie abzulenken, aber ich bin mehr als der Schmerz der mein Innerstes befallen hat, wie ein aggressives Krebsgeschwür. Solange ich weitermache, mich ablenke- kann ich existieren.Langsam lasse ich mich neben Augy aufs Bett gleiten und er richtet seine Augen auf mein Gesicht.
„Ich denke, es würde dir guttun. Will hat eine große Yacht mit vielen Kabinen. Du könntest eine Auszeit gut gebrauchen. Und wer weiß? Vielleicht, lernst du ja sogar jemanden kennen, der dich auf andere Gedanken bringt."
Er lässt spielerisch die Brauen tanzen, was ich mit einem Augenrollen quittiere und ihm spielerisch gegen den Arm boxe.
„Du bist unmöglich! Denkst du, ich will noch so einen Trottel der mein Selbstwertgefühl zertrampelt , als wären es lästige Käfer? Ich hab diesen Fehler einmal gemacht. Ein weiteres Mal kommt das nicht in Frage."
Augy rollt sich auf den Bauch und stützt seinen Kopf auf die Unterarme, während er mich belustigt mustert.
„Ich meinte nicht, dass du gleich Hochzeitspläne schmieden sollst, sondern etwas Spaß haben sollst. Man lebt nur einmal, Lelli. Manchmal ist die beste Art über einen Typen hinweg zu kommen, sich unter einen anderen zu legen...."
Sofort greife ich nach meinem Kissen und lasse es auf ihn krachen, während er sich mit den Armen schützt und lacht.
„Du. Bist. Un. Möglich!!", jede Pause unterstreiche ich mit einem Schlag und muss selbst beginnen zu lachen.
Es tut gut, loszulassen.
Das verschmitzte Grinsen auf Augys Gesicht verblasst und weicht einem ersten. Er hebt eine Hand und legt sie auf meinen Oberschenkel, ehe er aufmunternd zudrückt.
„Im Ernst, Schwesterchen... Begleite mich bitte und lass diesen ganzen Worthington-Mist für eine Weile hinter dir."
Nachdenklich ziehe ich die Knie an und lege mein Kinn darauf ab, während mein Bruder mich aufmerksam mustert. Möglicherweise hat er ja recht damit. Was kann es schon schaden ein wenig zu leben?-
Was kann es schon schaden? Verhöhnt mich eine innere Stimme, während ich angesäuert auf dem Sonnendach der Yacht liege und meinem Bruder, seinem Poloteam und deren Anhängsel dabei beobachte, wie sie einen Shot nach dem anderen kippen und sich wie Idioten benehmen. Ich befürchte, dass sie bald alle Hemmungen über Bord werfen und sich die Kleider vom Leib reißen, ehe jeder mal mit jedem rummacht. Ich hätte es wirklich besser wissen müssen! Was fast noch schlimmer ist, als meinem Bruder dabei zuzusehen wie er eine kleine Brünette abschleckt als wäre sie ein Löwenjunges und er ihre Mutter, ist- Ed's giftigen Blicken auszuweichen, während er ungeniert den Busen seiner neuesten Trophäe befingert. Igitt!
Ich schiebe mit einem Finger meine Sonnenbrille zur Nasenwurzel hinauf und lege mich auf den Rücken. Kurz vergewissere ich mich, dass mein Bikini nicht verrutscht ist und ziehe zur Sicherheit an den Bändchen. Meiner ist zwar nicht gar so knapp wie die der anderen Mädchen aber dennoch fürchte ich, mehr zu zeigen als mir lieb ist. Lautes Gröhlen und Geplatsche signalisiert mir, dass die Jungs nun von der Reling ins Meer springen. Kurz hebe ich den Kopf, luge ich über meinen Brillenrand und muss zugeben, dass es wirklich nach Spaß aussieht. Mein Bruder klettert gerade wieder an Deck und winkt mich zu sich. Hinter ihm entdecke ich Will Paxton, dessen Eltern diese Yacht gehört. Früher fand ich ihn mit seinen braunen Locken mehr als nur ansehnlich. Das er über die letzten Jahre auch einiges an Muskeln zugelegt hat, macht ihn nicht minder attraktiver. Als er oben angekommen ist schüttelt er seine nasse Mähne und fährt sich mit seinen langen Fingern übers Gesicht. Von seinen Strähnen die ihm in die Stirn fallen, tropft das Wasser auf seine braungebrannte Brust. Herrgott, Soleil! Ich reiße meinen Blick von ihm los und schüttle den Kopf. Nicht noch so ein Aufreißer!
„Komm schon, Lelli! Mach mit, das macht Spaß!", ruft Augy mir zu und ich schüttle erneut den Kopf, ehe ich mich wieder auf den Rücken lege und die Augen schließe. Keine Ahnung, warum ich mich nicht gehen lassen kann. Nichts wäre eigentlich einfacher. Während ich mich im Geiste für mein Verhalten ärgere, werde ich plötzlich gepackt. Nasse lange Arme schieben sich unter meinen Rücken und unter meine Schenkel. Schockiert reiße ich die Augen auf und blicke in das Gesicht von Will. Er hebt mich mühelos hoch und mir bleibt nichts anderes übrig, als mich an seinen Hals zu klammern.
„Hey, was soll das? Will, lass mich bitte runter", bettle ich verstimmt und werde bloß ausgelacht. Seine langen Finger liegen seitlich an meinem Rippenbogen, genau unter meinem Busenansatz.
„Keine Chance, Sonnenschein. Du kommst mit mir ins Wasser.", erwidert er amüsiert und lässt seinen Blick über meinen Körper gleiten. „Für meinen Geschmack hast du deinen Body lang genug in der Sonne gerekelt"
Ich schlage ihm leicht auf den Hinterkopf, für diese Frechheit.
„Hey, wofür war das denn?", beklagt er sich, lächelt aber dennoch auf mich herab.
„Ich rekle mich keineswegs. Das nennt man entspannt sein, du Frechdachs!"
Das entlockt ihm ein weiteres Lachen und er schubst mich ein wenig weiter zu sich nach oben. Obwohl ich zapple und strample, lässt er mich nicht los und tritt mit mir gemeinsam auf das Sprungbrett.
Es schaukelt und wippt gefährlich und ich klammere mich fester an seinen Nacken.
„Will, ich mein es ernst. Lass mich bitte runter!", verlange ich erneut, aber er ignoriert meine Bitte eisern. Als wir ganz vorne angekommen sind, blickt er mir erneut in die Augen und schmunzelt dreckig.
„Irgendwelche letzten Worte?"
Meine Augen werden groß und ich überlege fieberhaft was ich tun kann, um mich aus dieser Lage zu befreien. Ein Anflug von Panik nimmt von mir Besitz, weil ich in einer Situation bin, aus der ich nicht selbst entscheiden kann, welchen Weg ich einschlagen möchte. Will nimmt mir diese Entscheidung ab. Ich weiß zwar, dass es bloß Spaß ist, aber irgendwie macht mir das Angst. Als ich endlich den Mut aufbringen kann und den Mund öffnen will, kommt er mir zuvor.
„Zu spät, sag's mir einfach später.", und springt los. Es zieht uns nach unten und das Herz rutscht mir durch den Magen immer weiter hinunter. Dieses Gefühl ist komisch und berauschend zugleich.
Wir platschen zusammen ins kühle, salzige Wasser und die Luftblasen klettern meinen Körper hinauf und hinterlassen ein angenehmes Prickeln. Während wir wieder Richtung Oberfläche treiben, lässt Will mich los und schubst mich nach oben, damit ich schneller auftauchen kann. Ich sauge die frische Meeresluft ein und öffne die Augen, als neben mir der braune Lockenkopf durch die Meeresoberfläche bricht. Er stößt die angehaltene Luft aus, ehe er die frische wieder einzieht und schüttelt wie vorhin seinen Kopf. Die Tropfen sprühen mir ins Gesicht und ich muss kichern. Vom Deck aus, johlen und brüllen mein Bruder und die anderen zu uns herunter.
„Alles okay?", erkundigt Will sich bei mir und lässt seine schokobraunen Augen über mein Gesicht fahren. Ich finde seinen Blick amüsant, weil er aussieht, als würde er ein riesiges Donnerwetter von mir erwarten. Aber ich kann ihm nicht böse sein, dieser Sprung hat etwas in mir gelöst. Etwas, dass mich schon vor der Sache mit Theodor gelähmt hat.
Ich spritze ihm verspielt ins Gesicht und er wendet sich kurz ab, ehe er sich mir wieder zuwendet. Er wirkt überrascht. „Das war die ganze Strafe? Ich hätte wirklich etwas anderes erwartet."
Ich zucke, so gut es mir im Wasser möglich ist mit den Schultern und sage: „ Ich hasse es eben durchschaubar zu sein..."
Kurz legt er den Kopf schief, bevor er auf mich zuschwimmt und mich an sich zieht.
„Bedeutet das etwa, dass du Spaß dabei hattest?"
Wenn er mich so ansieht, wie ein Kind, dass gerade die größte Freude verspürt hat, kann ich garnicht anders als zu lachen.
Ich lege meine Arme um seinen Hals und schlinge die Beine um seine Hüften. Verblüffung macht sich in seinem Gesicht breit aber er schüttelt es gekonnt ab und hält mich mit einer Hand fester, während er mit der anderen versucht uns über Wasser zu halten.
„Also...?", bohrt er nach und ich grinse verschmitzt, während ich antworte: „Können wir das bitte nochmal machen?"Hi ihr Lieben?
Was halten wir von Will? Denkt ihr, da bahnt sich eine neue Romanze für Soleil an?
Hab grad so Lust weiter zu schreiben ✍️
Lasst mir bitte eure Meinung und ein Like da, wenn es euch gefällt ❤️
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The Night Sparrow
Romance✨„Stars can't shine without darkness"✨ Eine junge Frau, die bei Tag ein Leben unter stetiger Beobachtung führt, die jede Nacht die Ketten für einen Moment ablegt, um sich endlich frei zu fühlen. Soleil ist Tänzerin, im berüchtigten Nachtclub „ Sens...