TWENTY

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Erneut lese ich die E-Mail, des Reporters und klappe danach den Laptop zu

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Erneut lese ich die E-Mail, des Reporters und klappe danach den Laptop zu. Ein breites Grinsen ziert meine Lippen, obwohl ich tief in mir ein Quäntchen Reue emporsteigen spüre. Ich verdränge es energisch.

Ich bin eigentlich kein schlechter oder gar gehässiger Mensch. Es macht mir sonst keine Freude, den Untergang anderer Menschen zu planen oder schlimmer noch, es dann auch wirklich durchzuziehen. Meiner Meinung nach erledigt das Karma diese Art von Dinge, doch bei Theodor Worthington, zeigt mein moralischer Kompass nunmal nicht gerade nach Norden.
Ich rede mir ein, dass er alles verdient was er von mir bekommt und verschwende keinen Gedanken an das flaue Gefühl, dass langsam in mir empor kriecht, so sehr ich auch versuche es zu ignorieren.

Er hat mir Axon weggenommen, hat mich nicht verteidigt, nachdem wir in den Brunnen gefallen sind. Er ist großkotzig, feig und ein verwöhnter kleiner Bastard! Nur weil er im Senses eine andere Rolle spielt, heißt das noch lange nicht, dass er einen guten Kern besitzt. Womöglich macht es ihm sogar Spaß den verletzlichen und schockverknallten Deppen zu mimen und insgeheim lacht er sich über die dumme und naive Tänzerin kaputt, die er da an der Nase herum führt.
Jedes Mal wenn ich an diese Möglichkeit denke, werde ich wieder wütend und somit lässt sich die Reue besser verbergen.

Der Reporter, den ich kontaktiert habe und ihm von einer möglichen Story berichtet habe, hat den Köder wie ein gieriges Raubtier gefressen. Natürlich war ich nicht so dumm, meinen oder gar Theodors Namen zu erwähnen, doch das war auch absolut nicht notwendig. Allein schon der Gedanke daran, einem Sprössling der oberen Zehntausend in Verruf zu bringen, hat dem Reporter vollkommen ausgereicht.
Ich habe ihm Video Material versprochen und ihm gesagt, dass ich ihn erneut kontaktiere wenn ich alle Fakten und Beweise zusammen haben würde.
Ich habe dich bei den Eiern!, denke ich boshaft und zucke zusammen, als ich das fiese Lächeln im Spiegel meines Schminktisches sehen kann.
Erneut zwickt etwas in meiner Brust und ich seufze tief.
Ein leises Klopfen ertönt und ich wende mich um und erkenne Dora, die in mein Zimmer gekommen ist.
„Miss, Ihre Mutter hat mich gebeten...", fängt sie an doch ich bringe das Hausmädchen mit einem Schnauben zum Schweigen.
„... als würde Mutter wirklich jemanden um etwas bitten. Sei doch ehrlich Dora, sie hat es von dir verlangt."
Die Frau sieht mich aus unergründlichen Augen an und atmet tief ein.
„Ihre Mutter hat mich geschickt um Sie zum Essen zu holen und sie anzukleiden, Miss. Die Picknickkorb- Versteigerung beginnt um 14.00 Uhr. ", formuliert sie das Gesagte um und ich schüttle vehement den Kopf.
„Danke aber nein danke. Du kannst Mutter ausrichten, dass ich passe und das nicht nur für heute. Vor dem Picknick kann ich mich nicht drücken, da ich es organisiert habe aber ich setze mich nicht zu ihr an den Tisch."

Bei meinen Worten verzieht Dora mitleidig den Mund und seufzt. Ich habe das Gefühl dass sie nach Worten sucht, denn sie öffnet und schließt ihren Mund einige Male, ehe sie an mich herantritt.
„Darf ich offen sprechen Miss?"
Ich nicke ihr zu.
Sie kommt noch einen Schritt näher und ihre haselnussbraunen Augen gleiten über mein Gesicht.
„Ich weiß, wie schwer es zwischen einer Mutter und Tochter sein kann. Die Misses ist kein einfacher Mensch aber sie liebt sie..."
Dabei schnaube ich und verdrehe die Augen.
Meine Mutter ist überhaupt nicht fähig jemanden zu lieben. Weder mich noch meinen Vater, zumindest hätte ich es noch nie bemerkt. Augy vergöttert sie aber auch nicht so wie es sich für eine Mutter gehört. Er ist eben ihr Goldjunge, aber auch ihm schenkt sie nur dann ein nettes Wort wenn er tut was von ihm verlangt wird.
Alles worum es ihr geht, ist Kontrolle.

„Wenn sie mich liebt, warum kann sie dann nicht akzeptieren, dass ich dieses Leben nicht will? Warum sieht sie nicht, dass ich anders als die anderen Püppchen bin? Es ist keine Phase, die ich durchlebe sondern meine Persönlichkeit. Es tut mir leid, Dora. Aber du liegst leider falsch, Mutter liebt niemanden außer sich selbst..."
In meiner Kehle beginnt es fürchterlich zu brennen und ich senke den Blick. Das alles auszusprechen, wühlt mich auf.
Ich spüre eine sachte Berührung an der Schulter und blicke auf.
Das Hausmädchen steht dicht neben mir und blickt mich immer noch mitleidig an.

„Ihre Mutter kennt nichts anderes. Sie wurde genau so erzogen, wie ihre Mutter, Großmutter und Urgroßmutter davor auch. Die Aristokratie hat nicht so lange überlebt, weil sie wandelbar und modern ist, sonst gäbe es sie nicht mehr. Aber wenn Sie der Misses vielleicht zeigen könnten, wer Sie sind, ohne sie zu schockieren und mit jedem Wort herauszufordern... Vielleicht würde sie sich ändern..."
Ich schlucke schwer. Doras Worte berühren mich aber ich kenne meine Mutter einfach zu gut und zu lange, um glauben zu können, sie könnte sich jemals ändern.
„Danke, Dora. Das wäre alles, ich werde mich heute selbst frisieren und ankleiden.", sage ich mit schwacher Stimme und sie knickst ehe sie den Raum verlässt.

Ich stehe auf und schlüpfe in ein weißes bodenlanges Sommerkleid.
Die Stille im Raum wirkt plötzlich erdrückend und als ich mich im Spiegel ansehe, möchte ich ihn am liebsten mit einer Decke verhängen. Mein Aufzug gleicht einer Kostümierung und auch mein Leben fühlt sich wie ein großes Theaterstück an. Meine Gefühlswelt spielt einfach verrückt. Ich sperre meine Schublade mit einem kleinen Schlüssel, den ich in einem kleinen Buch aufbewahre, auf und ziehe sie heraus. Darin befinden sich die verschiedensten Masken, die ich im Senses trage. Ich greife nach der schwarzen seidenen und lasse meine Finger über den glatten Stoff streichen. Es ist töricht sie hier zu haben, das ist mir klar, aber so habe ich das Gefühl ein Stück von mir selbst bei mir zu haben. Egal wie schlecht und elend ich mich hier fühle. Die Masken zu sehen und zu berühren, verleihen mir das Gefühl von Sicherheit und Hoffnung.

Hoffnung- auf ein Leben abseits des Zwanges und der Erwartungen meiner Mutter. Hoffnung- auf ein Leben das mir gehört und wo es in Ordnung ist, anders zu sein.

The Night SparrowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt