Irgendwie war es komisch, Draco dabei zuzusehen, wie er die ersten Sachen wieder in den Schrankkoffer legte. Ich hatte mich so daran gewöhnt, dass wir hier in diesem Haus ständig aufeinander klebten, ich konnte mir nicht vorstellen, bald ohne ihn in diesem Zimmer zu schlafen. Wenn ich hierblieb, denn eine wirkliche Entscheidung hatte ich noch nicht getroffen.
Draco hingegen schien wirklich froh darüber zu sein, endlich nach Hogwarts zu kommen. Deshalb hatte er auch schon jetzt damit angefangen zu packen. Zehn Tage, bevor es wirklich losging. Für ihn gab es momentan nichts Verlockenderes, als wieder in seinem Schlafsaal in seinem Himmelbett zu liegen. Alleine ohne mich, umgeben von den anderen Slytherin-Jungs unseres Jahrgangs. Er würde wieder in den Unterricht gehen. Ein Jahr Ruhe, ohne so schreckliche Aufgaben wie den Schulleiter zu töten.
„Du solltest dich bald entscheiden, ob du mitkommst. Mutter schiebt das Schulsachenkaufen zwar erfolgreich auf, aber –"
„Ich weiß, irgendwann müsst ihr gehen. Ich bin mir einfach unsicher, was die richtige Entscheidung ist."
„Wir sind uns alle einig, dass es Hogwarts wäre. Was hoffst du, hier zu erreichen?"
„Hier kann ich ihn beobachten. Ich kriege von seinen Plänen mehr mit."
„Du hast die letzten Monate nicht wirklich eine Antwort gefunden, warum er nachts unterwegs ist. Das wird sich jetzt nicht ändern. Er informiert niemanden über seine wirklichen Pläne. Komme mit nach Hogwarts. Man wird dir erlauben, rein und raus zu gehen, wie du willst. Konzentriere dich darauf, endlich die Familienmitglieder der Nymphenfamilien zu finden und zu entführen, bevor sich jemand fragt, warum du dem dunklen Lord doch nicht hilfst."
Ich seufzte leise. Ja, diese Aufgabe lag noch vor mir. Ich würde noch ein paar Leute aus den anderen Nymphenfamilien entführen müssen, um die Nymphen dazu zu kriegen, mir zu helfen. Auch wenn es mir nicht gefiel. Aber wenigstens konnte ich sie jetzt bei Jessica unterbringen. Dort würden sie es wenigstens deutlich besser haben als in diesem Haus.
„Ich werde mich bis heute Abend entscheiden. Dann ist die Personalbesprechung für Hogwarts. Ein guter Zeitpunkt, um zu verkünden, dass ich mitgehe", beschloss ich. Ein Ultimatum würde mir hoffentlich dabei helfen, endlich eine Entscheidung zu treffen.
„Ich hoffe, sie schicken nette Leute", kam es wenig begeistert von Draco. Wahrscheinlich sah er sich schon in Hogwarts sitzen mit seiner verrückten Tante als neue Lehrerin.
„Voldemort und ich sind uns einig, Snape soll als Belohnung für den Mord an Dumbledore Schulleiter werden. Außerdem kennt er schon die Schule und die Lehrer, weshalb wir ihn für die Stelle als geeignetsten finden. Bei den anderen Lehrstellen tendiert er zu den Carrows. Ich bin nicht überzeugt. Allerdings finde ich niemanden aus den oberen Todesserrängen für die Jobs geeignet. Gerade nicht für Muggelkunde. Deshalb auch noch mal die Besprechung vor der Verkündung. Wir führen Vorstellungsgespräche. Willst du dabei sein?"
„Damit ich mir das kleinere Übel als Lehrer aussuchen kann?", wurde ich ziemlich skeptisch gefragt.
„Ja, und um deine Stellung in der Hierarchie zu unterstreichen."
„Die ganz unten in der Nahrungskette?" Draco schüttelte leicht den Kopf. Jetzt schmiss er wesentlich schlechtgelaunter die schon vorhandenen Sachen in den Koffer. Ich seufzte leise. Ja, irgendwie schon und irgendwie auch nicht.
„Du bist mein Spielzeug. Das gibt dir irgendwie eine Sonderstellung in der Hierarchie", stellte ich fest. Er war vielleicht ganz unten, doch wenn die Person regelmäßig mit jemanden, der sehr viel weiter oben in der Nahrungskette stand, das Bett teilte, gab einem das durchaus Macht. Vor allem weil niemand wusste, wie ich reagierte, wenn man meinem Spielzeug mal wirklich auf den Fuß trat. Und wahrscheinlich wollte es auch niemand herausfinden.Ich hatte es mir auf Dracos Schoß gemütlich gemacht. Er war doch zu den Vorstellungsgesprächen gekommen. Voldemort hatte ziemlich verständnislos geguckt, doch als mir wieder von meinem Klassenkameraden eine Tüte Bananenchips hingehalten wurde, schien der dunkle Lord sich seine Anwesenheit erklären zu können. Vermutlich weil er diesen Teil des kranken Spiels eher verstehen konnte.
Ungeduldig tippte ich mit meinen Fingern auf der Armlehne herum. Von mir aus konnten endlich mal die Leute kommen, die glaubten, sie wären kompetent genug, Verteidigung gegen die dunklen Künste oder Muggelkunde zu unterrichten. Was Letzteres anging, hatte ich auch wirklich keine Ansprüche. Ich wäre überrascht, wenn wir hier auch nur eine Person finden würden, die schon mal den Begriff Auto gehört hätte. Also abgesehen von Jamie und den Leuten, den wir ihn beigebracht hatten. Aber das waren nun mal alles Teenager gewesen, die jetzt selbst noch zur Schule gehen mussten. Aber wenigstens bei Verteidigung wollte ich jemanden haben, der den Schülern auch etwas beibringen konnte. Offiziell natürlich, damit wir später fähige Todesser anwerben könnten, inoffiziell konnte es aber nicht schaden, rebellischen Schülern noch ein paar Tricks und Kniffe beizubringen. Wer wusste schon, wozu es am Ende gut war.
„Ich denke, wir können anfangen", stellte ich ungeduldig fest. „Außer wir warten noch darauf, dass wirklich fähige Bewerber hier auftauchen. Ansonsten werden wir uns wohl mit der Auswahl aus Todessern zufriedengeben müssen."
Draco sah mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck zu Voldemort herüber. Dieser schien sich allerdings nicht über meine frechen Worte aufzuregen. Er wedelte nur kurz mit der Hand, weshalb die Tür aufschlug. Möglichst selbstsicher kam der erste Todesser herein. Rodolphus Lestrange, Bellatrix Ehemann.
„Muggelkunde oder Verteidigung?", fragte ich neugierig. Der Todesser sah verunsichert zum dunklen Lord. Ich verdrehte die Augen. Wirklich? Hatten sie jetzt nur diese Vorstellungsgespräche einberufen, um mich zu belustigen? Und dann auch noch vergessen, zu klären, wer sich auf welche Stelle bewerben wollte, war schon irgendwie peinlich. Aber nett gemeinte Geschenke sollte man trotzdem annehmen.
„Also war der Plan, dass sich alle noch dämlicher anstellen, als sie eh schon sind, damit ich am Ende zustimme, dass die Carrows Lehrer werden. Na gut, wir spielen das Spiel. Es stellen sich einfach alle für beide Stellen vor, dann kann ich sie doppelt fertig machen. Ach, das wird ein Spaß. Los, fang an." Ich wedelte auffordernd mit der einen Hand in Richtung des Todessers, während ich mit der anderen Bananenchips in meinem Mund schob, als wäre es Popcorn. Ich wusste, wann ich verloren hatte. Wenn der dunkle Lord unbedingt die Carrows schicken wollte, konnte er es von mir aus. Dann würden wir uns in Hogwarts gegenseitig sehr genau auf die Finger schauen. Denn mittlerweile hatte ich beschlossen, meine Freunde zu begleiten.
Rodolphus Lestrange schluckte schwer. Er sah noch einmal hilfesuchend zu Voldemort, doch der schien mir nicht widersprechen zu wollen. Warum auch, schließlich bekam er, was er wollte. Die Carrows als Lehrer in Hogwarts und trotzdem eine scheinbar zufriedene Tahnea. Er war mit Sicherheit wunschlos glücklich.
DU LIEST GERADE
Hexagramm - Phönixruf
FanfictionDreizehn Nymphen, dreizehn Flüche. Sieben Horkruxe, drei zerstörte. Tahnea ist besiegt, Patricias Fluch ist gebrochen. Doch nun bleibt ihr nur kein Jahr, bevor sie stirbt. Kein Jahr, um die Vorgängernymphen und ihren Vater aus der Zwischenwelt zu be...