Kapitel 17

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Der Wecker klingelte und klingelte. Unaufhörlich war dieses Geräusch zu hören. Ich gab ein leises Stöhnen ab. Auch wenn ich wusste, meine Magie würde gleich die Müdigkeit vertreiben, hätte ich sehr gerne weitergeschlafen. Aber nein. Das blöde Ding klingelte und klingelte. Die Person, die eigentlich davon aufwachen sollte, lag noch immer an mich gekuschelt da und schien das Geräusch einfach zu verschlafen.
Ich stupste Draco in die Seite, damit er endlich aufwachte. Er musste gleich in den Unterricht, also musste er auch aufstehen. Nicht ich.
Antiope, welche sich am Fußende zusammengerollt hatte, sah mir kurz dabei zu, bevor sie aufstand. Sie tapste über die Matratze und begann ebenfalls Draco anzustupsen. Endlich wachte der andere Slytherin auf. Er rieb sich kurz über die verschlafenen Augen, bevor er Antiope etwas wegschob, damit der Hund aufhörte, ihn anzustupsen.
„Was ist los?", wurde ich verwirrt gefragt.
„Dein Wecker klingelt", stellte ich fest. Fast zeitgleich legte sich bei mir der Schalter um. Die Müdigkeit wurde von meiner Magie vertrieben. Das war es also mit meiner Chance noch weiterzuschlafen.
Als Antwort gab Draco ein leises Stöhnen von sich. Ich war wohl nicht die Einzige, die eigentlich noch weiter schlafen wollte. Nur mit dem Unterschied, dass ich jetzt wirklich wach war und mein Klassenkamerad wohl den ganzen Tag die Müdigkeit spüren würde.
„Wir sollten mal früher ins Bett gehen", murrte Draco, während er nach dem Wecker tastete, um ihn auszuschalten.
Oh, die Uhrzeit war sicherlich nicht das Problem gewesen. Eher, dass wir nicht sofort geschlafen hatten, sondern uns mal wieder einer vergnüglicheren Aktivität zugewandt hatten. Allerdings war das nicht meine Idee gewesen. Das war eindeutig von Draco ausgegangen.
„Muss ich zum Unterricht?", wurde ich erschöpft gefragt. Ohne eine Antwort abzuwarten, kuschelte er sich auch schon wieder an mich.
Ich schüttelte leicht den Kopf. Ein wenig war ich neidisch auf Draco, dass er so einfach wieder einschlafen konnte. So gerne würde ich das auch tun, doch nun war meine Magie aktiv. Bevor ich die nicht wieder unter Kontrolle bekam, war schlafen vergebens. Daher befreite ich mich von Draco, um aufzustehen. Ich würde jetzt meinen Tag starten.
„Wo willst du hin?", nuschelte der andere Slytherin, so leise, dass ich mir im ersten Moment nicht sicher war, ob ich mich vielleicht verhört hatte. Doch als er den Kopf hob, um mich verschlafen anzublinzeln, war ich mir sicher, er hatte wirklich gesprochen.
„Meine Magie hält mich wach. Ich werde also noch ein paar Entführungspläne ausarbeiten oder so", stellte ich ehrlich fest.
„Nein", wurden mir meine Pläne verboten. „Bleibe hier."
„Ich will dich nicht vom Schlafen abhalten, Draco. Wenn du nicht willst, dass ich arbeite, kann ich auch fernsehen oder so."
„Ich will, dass du hierbleibst. Noch ein wenig kuscheln. Reden bis ich wieder einschlafe. Also falls ich wieder einschlafe."
„Du siehst so fertig aus. Das sollte funktionieren", warf ich ein.
„Dann musst du hier ja nicht lange sitzen bleiben."
Ich zuckte mit den Schultern. Wenn er darauf bestand. Von mir aus. Dann würde ich hier sitzenbleiben. Ich wollte ihn nur nicht vom Schlafen abhalten.
„Als gestern die Schule unter Wasser gesetzt wurde, habe ich Astoria Greengras und ihre Freundinnen belauscht", berichtete ich, um irgendwie ein Gespräch in Gang zu bringen. „Astoria hat sich mal wieder darüber beschwert, wie ich mit dir umgehe. Eines der anderen Mädchen hat vermutet, sie würde auf dich stehen. Sie hat es aber gemeint, anders als ihre Freundin würde sie es nicht nötig haben, dich zu heiraten, nur weil du erben wirst. Jetzt, wo ich es laut ausspreche, fällt mir auf, es ist kein nein."
„Ich weiß, dass Astoria mich gerne hat und mich vor dich schützen will. Sie glaubt, du wärst mit ein Grund dafür, dass es mir momentan so schlecht geht. Sie sieht halt das Große und Ganze nicht. Mache dir darüber keine Gedanken. Ich halte sie unter Kontrolle, damit sie dich nicht noch einmal offiziell angeht und du Maßnahmen ergreifen musst", erklärte mir Draco die Lage.
„Ich mache mir deshalb keine Sorgen. Ich habe mir für den Fall von weiteren Fehltritten ihrerseits schon Maßnahmen überlegt.
Ich finde es nur gut, wie sie über dich spricht. Sie scheint dich nicht nur als lebendigen und leicht zu kontrollierenden Geldbeutel zu sehen. Daher fand ich es wichtig, dir davon zu erzählen. Ich will nicht, dass du in fünf Jahren mit jemanden verheiratet bist, der dich so ansieht. Du verdienst jemand, der dich liebt und akzeptiert. Du solltest sie als Partnerin in Betracht ziehen."
Draco fing einfach schamlos an zu lachen aufgrund von meinen Worten. Jetzt klang er überhaupt nicht mehr müde und verschlafen.
„Wenn du mir sagst, ich solle sie als Partnerin in Betracht ziehen, weil sie mich gerne hat, ist das unterm Strich das Gleiche, wie jemanden zu empfehlen, ihn aufgrund des Geldbeutels zu wählen."
„Nein, ist es nicht. Meine Empfehlung beruht darauf, dass ich von einer Seite potential für eine Beziehung sehe. Daher empfehle ich dir, darüber nachzudenken, ob von deiner Seite auch Potential vorhanden ist. Bei Blaise und Roux hat es auch gut funktioniert. Als ich weg war, haben sie darüber nachgedacht, ob ich recht habe. Dann hat sich Blaise umorientiert und ist jetzt glücklich mit ihr."
„So einfach war es aber nicht, Patricia. Zwischen den beiden war es ziemlich kompliziert. Blaise hat dir lange hinterhergetrauert und Roux hatte ein schlechtes Gewissen, dir deinen Freund auszuspannen. Mal davon abgesehen hatten beide Angst, ihre Beziehung wäre nur ein Trostpflaster, weil du nicht mehr da bist."
Ich biss mir beschämt auf die Unterlippe. Dass die beiden solche Probleme hatten, war mir bisher nicht bewusst gewesen. Es hatte sich bei ihren Erzählungen immer so einfach angehört. Am Anfang war Blaise traurig gewesen, Roux wollte ihn trösten, deshalb hatten sie viel miteinander gemacht. Als er dann über mich hinweg waren, hatte sich eine sehr gute Freundschaft entwickelt, aus welcher schließlich mehr wurde. Eine wunderschöne Liebesgeschichte eben.
„Sie haben mir nie gesagt, dass ich bei ihnen für Anfangsschwierigkeiten gesorgt habe", gab ich beschämt zu. „Aber es ist auch egal. Zwischen dir und ihr steht niemand. Jedenfalls soweit ich weiß. Sie hat keinen Ex-Freund, über den sie hinweg kommen muss, und du hast keine Ex-Freundin. Also könnt ihr gefahrlos anfangen zu daten", stellte ich zufrieden fest.
„Wir wissen, zwischen ihr und mir steht niemand, Patricia. Für sie werde ich weiterhin jeden Abend hierhergehen, um mit dir zu schlafen. Das belastet eine Beziehung ziemlich."
Ich musste grinsen. Hatte er sich etwas schon mal darüber Gedanken gemacht, ob das mit ihr und ihm eine Option war? Stand er vielleicht etwas auf sie?
„Also nur für den Fall, dass du rein theoretisch ein wenig in Astoria verschossen bist, wäre ich durchaus damit einverstanden, mein Eigentum an dir aufzugeben."
„Patricia, ich hatte dir doch schon einmal gesagt, dass ich dich nicht im Stich lassen werde. Ich komme immer gerne zu dir herunter."
„Vergiss nur nicht das Leben an der Oberfläche. Ich bin mir sicher, du wirst mit Astoria eine Lösung finden, wenn du sie gerne hast. Dieser Krieg wird nicht ewig dauern. Danach solltest du nicht feststellen, dass du sie verloren hast, weil du dich nicht getraut hast, auf sie zuzugehen."
„An diesem Tipp solltest du dich vielleicht selber halten. Du machst unterm Strich nur noch vier Sachen: Als Lyra dich mit Todessern anlegen, als Tahnea die Entführung von Nymphen planen, deine kleine Schwester treffen, um sich angeblich zu manipulieren, oder du besuchst Leute, die du angeblich umgebracht hast. Du solltest dir vielleicht auch mal etwas Freizeit freischaufeln, damit du nicht ohne Leben nach diesem Krieg dastehst."
Ich biss mir auf die Unterlippe. Unterm Strich hatte er schon irgendwie Recht. Allerdings übersah er natürlich eine wichtige Sache: Ich würde nicht überleben. Die Prophezeiung sprach sehr eindeutig davon, dass ich sterben würde, sobald ich achtzehn Jahre alt war.
„Ich habe die Beziehung zu meinen Großeltern wieder aufgebaut", widersprach ich, auch wenn ich eigentlich das Gefühl hatte, es würde nicht so ganz zählen. Das gehörte schließlich irgendwie in den Bereich, dass ich Vorspielen würde, Natasha zu hintergehen.
Draco schien allerdings kurz über meine Worte nachzudenken, bevor er leicht nickte.
„Du hast Recht. Ich sollte nicht vergessen, auch an der Oberfläche zu leben. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch in den Unterricht. Heute Abend komme ich aber wieder zu dir. Dann können wir noch diese Filmreihe weitersehen. Die mit den minderbegabten Zauberern."
„Jedi", verbesserte ich ihn lachend.

Hexagramm - PhönixrufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt