Kapitel 3

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Erneut saß ich in einem Café, dieses Mal allerdings mitten in einer Kleinstadt von Wales. Dieses Mal war ich auch nicht mit Natasha, Marlon und Yasmine unterwegs, um mich mit meinen Großeltern zu treffen, sondern ich wartete ungeduldig auf Remus. Er war nicht wirklich zu spät, wir hatten uns erst vor drei Minuten treffen wollen, doch trotz allem machte ich mir Sorgen, dass er bei meiner Rückkehr im Keller vom Malfoy Manor saß. Es war vielleicht etwas übertrieben, schließlich war es eine vollkommen normale Verspätung, doch ich konnte nichts daran ändern.
Unruhig rutschte ich auch auf meinem Platz hin und her. Antiope, die neben meinem Stuhl auf dem Boden saß, stupste mich an, fast als wolle sie sagen, wenn er nicht kommt, bin ich noch da, um mit dir einen Kaffee zu trinken. Nicht, dass ich die Gesellschaft meines Haustieres nicht zu schätzen wusste, aber zusätzlich noch Remus wäre mir ganz lieb.
Gerade als ich anfing, mir vorzustellen, wie Bellatrix Lestrange meinen ehemaligen Lehrer im Salon folterte und dabei verrückt lachte, während ich dabei zusah und nichts tun konnte, kam der Mann gut gelaunt um die Ecke. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Den Göttern sei dank, er war gesund.
„Hallo, Patricia", wurde ich fröhlich begrüßt, weshalb ich ein angespanntes Lächeln zu Stande brachte. „Ist alles in Ordnung bei dir?"
„Ich habe festgestellt, dass ich anfange, mir Sorgen zu machen, wenn ich als Erstes irgendwo ankomme", gestand ich kleinlaut.
„Ich weiß, die Zeit momentan ist ziemlich schwierig. Deine Nerven sind sicherlich ziemlich strapaziert. Aber bei den Malfoys läuft noch alles gut, richtig?"
„Ja, da ist alles in Ordnung. Ich finde es anstrengend, dass der dunkle Lord nun bei uns wohnt. Man merkt, dass die anderen deshalb ziemlich angespannt sind. Ich werde deshalb Adina, Jamie und Draco zum nächsten Schuljahr wieder nach Hogwarts schicken, damit sie etwas Abstand haben. Ich denke, ihnen wird das ganz guttun."
„Und was ist mit dir? Du könntest mit ihnen gehen, um auch etwas Abstand und damit Ruhe zu haben. Das wäre sicherlich auch ganz gut für dich."
Ich gab ein leises Seufzen von mir. Diesen Gedanken hatte ich durchaus auch schon. Das Ministerium würde bald fallen und mit ihm auch Hogwarts. Der dunkle Lord hatte schon angekündigt, Snape als Schulleiter einsetzen zu wollen. Ich würde mir dort also viele Freiheiten herausnehmen können. Aber ein Schlafsaal und Unterricht waren nicht gerade in meinem Interesse.
„Ich denke darüber nach, aber ich weiß nicht, ob ich in Hogwarts gut aufgehoben sein werde. Bei den Malfoys habe ich mein eigenes Zimmer, da nicht mehr."
„Ich bin mir sicher, das kann man ändern, wenn ihr Hogwarts unter Kontrolle habt. Aber denke darüber in Ruhe nach. Du musst dich nicht heute entscheiden."
Ich gab ein leises Brummen von mir. Klar, musste ich mich nicht heute entscheiden, allerdings würde ich auch nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen sollen. Wenn ich nach Hogwarts gehen wollte, würde ich vorher schon Andeutungen machen, damit es nicht komisch herüberkam.
„Wie ist es denn momentan bei euch? Wachsen Kian und Louie gut auf?"
„Sie sind sehr glücklich. Du brauchst dir keine Sorgen, um sie machen. Sie tollen den ganzen Tag mit den Hunden durch den Schlossgarten und lernen das Reiten. Ich denke, ihnen geht es sehr gut.
Bei mir hat sich übrigens auch etwas getan. Nymphadora und ich haben geheiratet."
„Wirklich?", fragte ich begeistert. „Das ist ja super. Nur schade, dass ich es verpasst habe."
Jetzt gerade bereute ich meine Entscheidung wirklich, als Doppelagent angefangen zu haben. Die Hochzeit von Remus – wahrscheinlich hätte ich versucht, mich zu drücken, weil es zu familiär war. Marlon hätte mich hingezwungen und ich wäre sehr froh darüber gewesen. Weil es nun einmal seine Hochzeit war.
„Es war keine große Sache. Wir haben im Ministerium den Papierkram erledigt und dann im Schloss mit den anderen und Nymphadoras Familie Kuchen gegessen. Wenn das alles hier vorbei ist, feiern wir noch einmal richtig. Und dann auch mit dir."
Ich versuchte zu lächeln, doch bemerkte selber, wie angespannt es wirken musste. Da hatten wir mal wieder dieses leidige Thema. Dieses „nach dem Krieg". Und mal wieder traute ich mich nicht zu sagen, dass ich wahrscheinlich kein Teil von diesem danach sein würde. Dass meine Zeit enden würden. In nicht einmal mehr 300 Tagen.
„Du bist nervös, ob es ein nach dem Krieg geben wird, oder?"
„Es wird eines geben. Ich bin mir nur nicht sicher, wie es aussehen wird und wo wir es verbringen werden. In letzter Zeit zeige ich mich nicht unbedingt von meiner besten Seite. Ich weiß, warum ich es tue und dass es notwendig ist, aber ... ich bin mir nicht sicher, dass mir die anderen verzeihen werden. Und ich werde sie auch nicht darum bitten, es zu tun."
„Patricia, vielleicht wird es nicht einfach, weil du viel Porzellan zerschlagen hast, aber – das wird wieder, Welpe. Du musst den anderen einfach nur etwas Zeit geben. Ich werde dich auf jeden Fall unterstützen", wurde mir versprochen.
Ich gab ein leises Seufzen von mir. Das war nett gemeint, doch ich hatte trotz allem Zweifel daran, dass Unterstützung etwas bringen würde. Also nur für den Fall, dass ich überhaupt überleben würde. Am Ende wären nur alle auch auf Remus sauer, weil er ihnen nichts von meiner Mission erzählt hatte.
„Du hast noch Zeit für all diese Entscheidungen, Welpe. Mache dir deshalb keinen Kopf. Erzähle mir lieber, wie es mittlerweile mit deinen Großeltern läuft. Marlon meinte, euer gemeinsamer Besuch wäre etwas holprig gewesen."
„Sie haben mitbekommen, dass ich am Grab war. Sie sind sauer auf Marlon, dass er mich nicht schon mit dreizehn zu ihnen gebracht hat. Dabei war das alleine meine Entscheidung. Er ist auf meine Bitte mit mir zu ihnen gefahren. Ich war diejenige, die einen Rückzieher gemacht hat.
„Aber du warst ein Teenager, der zu dem Zeitpunkt sehr viel Angst vor Familie hatte. Marlon war der Erwachsene. Es wäre also seine Aufgabe gewesen, dich zu ermutigen."
Ich schüttelte bestimmt den Kopf. Nein, das stimmte einfach nicht. Marlon hatte nichts falsch gemacht. Ich war damals alt genug, um zu entscheiden, ob ich wirklich von den Toten wiederauferstehen wollte oder nicht. Da hatte niemand anderes mir reinzureden.
„Er hätte mich nur dazu zwingen können, doch zu ihnen zu gehen, um zu klingeln. Das hätte aber mein Vertrauen in ihn zerstört. Das hätte uns auch nicht weitergebracht. Ich war nicht so weit, er hat es respektiert. Das war damals der richtige Weg. Niemand hat daran etwas auszusetzen.
Mal abgesehen davon, wird ihnen gerade erst bewusst, was es bedeutet, dass Mama und Papa zwei Nymphen adoptieren wollten. Dass sie die Kriegsnymphe adoptieren wollten. Sie verstehen vielleicht nicht, was genau gerade in der Zaubererwelt los ist, aber sie wollen nicht, dass wir kämpfen."
„Du willst auch nicht, dass Natasha kämpft, weil sie deine kleine Schwester ist. Du willst sie beschützen und das wollen deine Großeltern auch."
„Das mit Natasha ist etwas anderes. Ich wollte sie gerne immer noch als kleine Natasha haben. Langsam sehe ich ein, sie ist jetzt stark und kann kämpfen. Also muss ich sie auch nicht mehr so beschützen wie früher. Ich werde es noch immer tun, aber ich werde ihren Weg respektieren. Ich will ihr nicht im Weg stehen. Das machen keine guten großen Schwestern. Und das sollten auch keine Großeltern machen."
„Das wird schon werden. Gebe ihnen etwas Zeit, damit ihr euch wieder aneinander gewöhnen könnt", wurde mir geraten.
Erneut entfuhr mit ein Seufzen. Das war wohl jetzt wieder meine Art der Kommunikation.

Hexagramm - PhönixrufWo Geschichten leben. Entdecke jetzt