Aus Chiaras Perspektive
Ich fahre die wenigen Meter hinüber zum Trainingsgelände. Mir fällt siedend heiß ein, dass ich die Protektoren beim Pumptrack vergessen habe. Aber egal, einen Helm habe ich ja an und das der Kopf geschützt ist, ist ja das Wichtigste.
Ich nehme Anlauf und fahre nach oben zur Rampe. Das mir das Mountainbiken so Spaß macht, hätte ich nicht gedacht. Das muss ich unbedingt auch mal mit Max zusammen machen. Ich schalte den Kopf aus und lass es laufen. Erst den kleinen Hang runter und dann über die erste Schanze, dann die zweite. Ich juble. Ohne die ganzen Protektoren fühlt sich das sogar noch viel besser an! Eine Runde geschafft. Ich überlege, ob ich noch eine Runde fahren soll. Eigentlich soll man ja dann aufhören, wenn es am Schönsten ist. Egal. Eine geht noch. Ich nehme Anlauf, um die Rampe hochzuballern. Dann hole ich tief Luft und gebe Vollgas. Bei dem ersten Hügel komme ich schon etwas schräg an. Mist! Dann der zweite Hügel, ich versuche noch zu lenken und dagegen anzusteuern, doch keine Chance. Das Bike gleitet mit mir ein Stück weit den Schotterweg hinunter, mein Kopf schlägt, glücklicherweise geschützt durch den Helm, seitlich auf dem Boden auf und ich spüre kurz einen Moment gar nichts mehr.
Als ich wieder aufwache muss ich mich erstmal orientieren. Wo bin ich hier? Was ist passiert? Ich bewege mich und schiebe das Bike von mir. Meine Gliedmaßen funktionieren zum Glück zuverlässig und lange kann ich nicht weggewesen sein, sonst hätten mich die anderen bestimmt gesucht. Ich bewege meinen Nacken, er tut etwas weh, aber nicht allzu schlimm zum Glück. Ich schaue an meinem Körper hinab. Ich blute an meinem Knie aus einer Schürfwunde. Uff die kleinen Steinchen darin sehen jetzt nicht so gut aus. Mir wird kurz etwas flau. An meinem Daumen tropft es auch herunter. Da wird mich wohl der Hebel der Gangschaltung erwischt haben. Mist. Mein Ellenbogen brennt auch. Verdammt. Warum muss mir sowas passieren. Da rächt es sich wohl, dass ich ohne die Protektoren gefahren bin. Na ja, zum Glück hat Nick Pflaster dabei. Ich schiebe das Fahrrad rüber zum Pumptrack und setze mich erstmal hin und trinke einen Schluck. Die Übelkeit wird dadurch zum Glück besser. Nick gesellt sich zu mir.
"Oh, bist du gestürzt? Alles okay?"
"Ja, hab die Protektoren vergessen..."
"Oh Mädel. Gut, dann machen wir da mal ein Pflaster, sorry Wundschnellverband, drüber!" Er zwinkert mir zu. Ich lächle nur halbherzig, als er in so einem Mini-1. Hilfe- Täschchen nach Material kramt. Das muss doch erstmal sauber gemacht werden, oder?
"Wo sind denn die anderen Mädels?"
"Auf dem Klo, natürlich gemeinsam!" Er zwinkert mir zu. Irgendwie ist der ein bisschen creepy. Er wischt mit einem Tempotaschentuch etwas das Blut von meinem Daumen und klebt ein Pflaster darüber. Das gleiche macht er mit meinem Knie, nur dass das Pflaster für die Fläche eigentlich viel zu klein ist. "Der Ellenbogen auch noch?"
"Yep!" Ich nehme ihm nun das Tuch aus der Hand und tupfe es selbst ein bisschen ab. Er schneidet ein Pflaster immerhin ein bisschen ein und klebt es dann auf den Ellenbogen. Shit. Das brennt. Vor allem die Aussicht, das Amore das nachher auch noch sauber machen wollen wird. Vielleicht kann ich einfach kurz unter die Dusche stehen und das reicht? Schauen wir mal. Sophie kommt als erste von dem gemeinsamen Toilettenausflug zurück.
"Chiara? Alles okay?"
"Nur ein kleiner Sturz. Alles gut!" Sie schaut mich kritisch an.
"Du Nick, da vorne ist der Bus gerade angekommen", sagt Sophie.
"Ah okay, gut. Das wird Udo sein. Der bringt euch Mädels wieder nach Hause." Er lächelt uns beiden zu.
"Ich gehe schonmal voraus und nehme dein Bike mit, Chiara, ja?"
"Ja. Danke!", sage ich leise. Ich nehme mir nochmal die Wasserflasche und trinke einen Schluck.
"Chiara? Bist du auch auf den Kopf gefallen?"
"Ach nur ein bisschen!" Sie kniet sich zu mir und schaut mich genau an.
"Warst du die ganze Zeit bei Bewusstsein?" Man die hat echt einen stechenden Blick.
"Ähm, also ich glaube schon!"
"Du glaubst?" Sie schaut mich geschockt an und zieht ihr Handy heraus. "Ich rufe Daniel an. Der kann das als Notfallmediziner am besten einschätzen!"
"Nein, Sophie bitte nicht. Mir geht es gut, wirklich. Ich will an meinem Geburtstag nicht ins Krankenhaus! Bitte!
"Ich habe da ein ganz ungutes Gefühl bei!" Sie verzieht das Gesicht und hilft mir hoch. "Na komm, jetzt bringen wir dich erstmal nach Hause!"
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Rezept auf Umwegen
RomanceDiese Geschichte ist ein kleiner Seitenast der "Herz"- Bücher. Eigentlich war sie nur als Kurzgeschichte gedacht, jedoch hatten meine Charaktere wieder mal ihren eigenen Willen :). Sie verläuft nicht linear wie die anderen Geschichten, sondern weiß...