Kapitel 102 ~ Aus Jans Perspektive

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Nachdem ich heute nochmal intensiv mit Raphael über Amelie gesprochen habe, versuche ich mein erstes Urteil über sie zu revidieren. Ich denke, ich bin durch die Sache mit Fine einfach ein etwas gebranntes Kind und Amelie ist, alleine psychisch gesehen, schon auch noch instabiler als Fine. Vielleicht hat da einfach direkt mein Schutzreflex gekickt. Das mein Umgang mit ihr allerdings nicht in Ordnung war, ist mir nun klar. Ich werde alle positive Energie, nun in die Öl-Massage und der damit verbundenen Körperarbeit einsetzen und meinen Fehler damit hoffentlich wieder gut machen. Ich lasse meinen Blick über den vorbereiteten Raum gleiten und nicke zufrieden. Ich selbst habe mich schon umgezogen. Während der Behandlung werde ich zusätzlich noch mein Oberteil ausziehen. Ich trete nach vorne auf den Flur, um Amelie hereinzuholen. Sie sitzt bereits im Wartebereich. 

"Amelie!", rufe ich sie auf. Sie dreht sich zu mir um und ist deutlich irritiert. 

"Jan?" 

"Komm rein!", sage ich ruhig, aber bestimmt. Amelie folgt meiner Aufforderung schließlich und tritt in meine Räume. Ich weise ihr einen Platz im Besprechungsbereich zu und setze mich ihr gegenüber. 

"Du, also du siehst anders aus!", sagt sie leise und mustert mich.

"Bei den Massagen muss ich mich gut bewegen können!" Ich lächle sie an. "Hör zu. Mein Verhalten dir gegenüber tut mir sehr leid. Es war gemein, die Beziehung zwischen dir und Raik in Frage zu stellen, ohne dass ich dich überhaupt wirklich kenne. Ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung an!" Ich sehe, dass sie mit Worten ringt. 

"Es hat mich glaube ich deshalb verletzt, weil ich mir einfach selbst noch so unsicher bin!"

"Das ist auch dein volles Recht! Vor allem in solche einer besonderen Form der Beziehung!"

"Ja, wahrscheinlich schon!", sagt sie leise und lächelt. 

"Ich würde dir, trotz allem oder gerade deswegen, gerne die Massage geben. Aber du kannst dich natürlich auch dagegen entscheiden!"

"Was passiert denn da?"

"Ich massiere deinen Körper mit verschiedenen Ölen, die auf deine Stimmung und dein Krankheitsbild angepasst sind. Danach hast du eine Ruhephase. Oft steigen bei diesen Massagen ganz viele Dinge auf, die man vielleicht gar nicht mehr so auf dem Schirm hat. Deshalb sprechen wir danach nochmal in Ruhe über deine Eindrücke."

"Das, also das klingt schön!" Schüchtern schaut sie mich an. 

"Das ist auch schön!" Lächelnd reiche ich ihr die Hände und halte sie für einen Moment. Ich gehe rüber in den Therapiebereich. Du überlegst ob du mir folgen möchtest, oder nicht und kommst dann nach oder gehst. Das ist deine freie Entscheidung!" Damit drücke ich sanft ihre Hände und stehe auf. Nun ist es an ihr. 

Rezept auf UmwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt