Kapitel 4 - höllische 24 Stunden

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Schlecht gelaunt stehe ich auf. Dieses verdammte 24h Blutdruck Messgerät hat mich nicht schlafen lassen. Dazu habe ich meine Tage, erneut eine starke Blutungen, mir ist schlecht und immer wieder schwindelig.

Irgendwie schaffe ich es zu Max in die Praxis.
Gefrühstückt habe ich nicht, macht mein Magen nicht mit, den Kaffee habe ich sicherheitshalber weggelassen. Mir ist zum Heulen zumute und ich will weg. Weg von allen, dem Blutdruck, dem Messgerät, raus aus der Praxis, alleine der Geruch schnürt mir schon wieder die Kehle zu. Mein Puls rast, mir ist kaltschweißig und ich bin zittrig.
"Nur abgeben, Du musst das Mistding nur abgeben", sage ich mir immer wieder. Ich stehe am Empfang, bin ziemlich blass und will nur weg.
"Gehen Sie schon mal durch in die 2, ich nehme, Ihnen das Gerät gleich ab", sagt die Sprechstundenhilfe, die mich letztes Mal bei Max verpetzt hat. Dumme Pute, ich kann sie immer noch nicht leiden .
Als das Gerät unten ist, meint sie nur: "Warten Sie bitte noch kurz, ich frage schnell den Doktor, ob er noch etwas mit ihnen besprechen möchte."
Mir rutscht das Herz in die Hose. Nein. Bitte nicht heute auch noch, ich will heim und mich hinlegen, flehe ich innerlich.
Durch die halb geöffnete Tür höre ich, wie sie Max erzählt, wie mies ich aussehe, dass er sich das sofort ansehen muss und was unternehmen soll.
Das reicht. Ich stehe auf und gehe schnellen Schrittes zur Türe. Nur raus hier!
Da ich stumm auf den Boden schaue und nicht sehe, wo ich hinlaufe, krache ich prompt in Max. Dieser fängt mich auf, hält mich sanft fest und lässt seinen prüfenden, durchleuchtenden Blick über mich drüber gleiten. Ich fühle mich hilflos, ausgeliefert und der miese Zustand heute früh, treibt mir das Wasser im die Augen.

"Amelie?", Max schaut mich an, ich versuche mit dem Blick auszuweichen. "Hey, schau mich mal bitte an", sanft legt er einen Finger unter mein Kinn und hebt es an, so dass ich ihn ansehen muss. Als sich unsere Blicke treffen, kullern die ersten Tränen ohne dass ich sie aufhalten kann. Ein leises Schluchzen kann ich auch nicht unterdrücken. "Amelie, um Gottes Willen was ist los?" ,will Max von mir wissen, aber reden geht gerade nicht. "Schhhhh, alles gut", mit diesen Worten hebt er mich auf seinen Armen, trägt mich ein Zimmer weiter und legt mich auf der Liege ab.
Unter meine Beine kommt ein weicher Würfel, dazu wird mir eine Decke über gelegt. Ich habe die Augen geschlossen, spüre nur, dass mir lautlos die Tränen runter laufen.
Max hantiert alles mögliche, ich versuche die Geräusche auszublenden. Er misst meinen Druck, fühlt an diversen Stellen meinen Puls und hält ununterbrochen Körperkontakt mit mir, bis er sich irgendwann direkt neben mich auf die Liege setzt, meine Hand in seine nimmt und mir mit der anderen ganz sanft über die Schläfe streichelt. "Amelie, was ist los " fragt er leise. Ich schaue ihn stumm an. "Was beschäftigt beziehungsweise stresst Dich so heute morgen? Was macht Dir Angst? Und wo hast Du körperliche Probleme? "
Ich schlucke, hole tief Luft und schaue ihn an, schlucke nochmal.
"Na komm, raus damit, wo drückt der Schuh? "
Ich nehme all meinen Mut zusammen und erzähle ihm, was diese 24h Messung mit mir macht. Von dem Stress, der Angst, der familiären Vorgeschichte, meinen Tagen etc... Es platzt alles aus mir raus. Einfach so, ich kann es nicht aufhalten. Er sitzt neben mir, hört ruhig zu und streichelt mich weiter. "Gut, dass Du mir das endlich sagst. Ich habe sowas schon vermutet, wollte Dich aber nicht bedrängen ".

Rezept auf UmwegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt