9. Kapitel

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Blake

Es gab nicht eine einzige Sekunde, in der ich daran zweifelte, dass sie das tun würde, was ich ihr sagte. Die Entscheidung zu treffen, von der ich wollte, dass sie sie traf. Und das war für mich zu arbeiten. Ich sah ein Potenzial in ihr, welches ich nutzen wollte. Ihr ehemaliger Chef brauchte sie nun nicht mehr, denn es dauerte gerade einmal einen halben Tag, um durch die Drogen, die sie mit in den Club brachte, herauszufinden, für welchen Wichser sie gearbeitet hatte. Ein kleiner unbedeutender Fisch, dem seine Selbstüberschätzung zum Verhängnis wurde. In dem Moment, in dem er von meinen Leuten geholt wurde, war ihm ins Gesicht geschrieben, dass er die Entscheidung bereute, seine Dealerin zu mir in den Club zu schicken. Mavis...

Als ich genau 24 Stunden später die Information von Carter bekam, dass sie sich gemeldet hatte, wusste ich, dass sie es nicht tat, weil sie es wollte, sondern weil sie Angst hatte, dass ich meine Drohungen wahr machen würde. Und das hätte ich getan, wenn sie nicht pünktlich, wie ausgemacht, gegen frühen Nachmittag in das fast leere Restaurant kam, in welches ich sie bestellen ließ. Die Tatsache, dass sie nachgegeben hatte, gefiel mir. Dennoch wusste ich, dass das nicht die Regel sein würde. Sie brachte etwas mit, das mir sagte, dass es eine Weile dauern würde, bis ich sie da hatte, wo ich sie haben wollte. Aus diesem Grund würde ich sie auch nicht wissen lassen, dass ich bereits Kenntnis darüber hatte, wer ihr ehemaliger Chef war. Ich sah es als eine Möglichkeit, ihre Loyalität mir gegenüber zu testen, wenn ich sie danach fragte. Um zu überprüfen, ob ich sie so gebrochen und gefügig gemacht hatte, wie ich es beabsichtigte...

In dem Moment, in dem ich sie erblickte, als sie sich auf einen der Stühle an meinen Tisch setzte, stellte ich fest, dass sie so aussah, als wäre sie bereits gebrochen. Obwohl sie zuerst etwas verwirrt schien als sie mich sah, konnte ich die Leere in ihren Augen erkennen. Ihr war anzusehen, dass sie seit dem letzten Mal so viel geweint hatte, dass ihre Augen nun blutunterlaufen und glasig waren. Dass sie am Boden zerstört war. Nun trugen sie keinerlei Emotionen mehr in sich. Eine Tatsache, die mich neugierig machte und hinter der ich mehr vermutete. Sie schien etwas durchzumachen, das nichts mit dem hier zu tun hatte. Etwas, das ihr Leben schon vorher beeinflusste. Und zwar so sehr, dass sie sich von mir umbringen lassen wollte. Auch wenn sie es auf ihre schlechten Fähigkeiten als Dealerin schob, merkte ich, dass sie mit Absicht unvorsichtig gewesen war. Ihre Hand hatte zu bestimmt die Drogen offenbart, die sie bei sich trug, als dass es dabei ein Versehen hätte sein können.

„Offensichtlich bist du überrascht, dass wir alleine sind", stellte ich fest und nahm einen Schluck meines Drinks. Die Verwirrung in ihrem Blick machte genau das deutlich. Dass dieses Restaurant einem Kunden gehört, der ebenfalls Drogen bei mir kauft, musste sie nicht wissen. Ich würde ihr die Möglichkeit geben, sich etwas zu entspannen, weil sie dachte, dass ihr hier nichts passieren konnte. Ich vertraute ihr genauso wenig wie sie mir und würde dementsprechend nicht riskieren, dass sie etwas Dummes macht. Ich merkte ihr an, dass sie um sich herum eine eiskalte Fassade aufgebaut hatte, die sie schützen sollte. „Da du keine Gefangene bist, müssen hier nicht mehr Menschen an diesem Tisch sitzen, als nötig. Aber falls du doch Probleme machen solltest, bin ich in der Lage, dich alleine zu handeln", ergänzte ich, ohne meine Aufmerksamkeit von ihr zu lösen.

„Keine Gefangene..." entgegnete sie daraufhin mit einem verächtlichen Lachen, während sie fassungslos ihren Kopf schüttelte. Ich konnte ihre Reaktion verstehen, denn genau so musste es sich für sie anfühlen. Der Grund, warum sie hier an diesem Tisch mit mir saß, war, weil ich ihr ihren Willen genommen hatte, und das spürte sie.

„Ich weiß, dass du dich so fühlst. Und ich garantiere dir, dass es nur noch schlimmer wird, wenn du dich querstellst, Mavis", antwortete ich und nahm einen weiteren Schluck von meinem Drink. Der Ausdruck, der sich in ihr Gesicht legte, als ich ihren Namen aussprach, war köstlich. Als wäre die Tatsache, dass ich wusste, wie sie hieß, obwohl sie es mir nicht gesagt hatte, ein weiterer Aspekt, der ihr zeigte, dass sie es nicht mehr mit den Amateuren zu tun hatte, für die sie vorher arbeitete.

„Wie gesagt, ich habe keine Angst zu sterben", sagte sie, nachdem sie kurz geschwiegen hatte. Sie wirkte für einen Augenblick in Gedanken, als würde sie darüber nachdenken, woher ich ihren Namen wissen konnte.

„Wie gesagt, du wirst nicht sterben", gab ich daraufhin ebenfalls wieder. Bevor ich sie umbringen würde, würde ich vorher erst alles andere mit ihr machen. In dem Moment, in dem ich sie das erste Mal gesehen hatte, dachte ich schon, dass sie eine Herausforderung sein würde.

Nachdem ich das gesagt hatte, löste sie ihren Blick von mir und wandte sich von mir ab. Sie war sichtlich frustriert durch die Situation. Verständlich, denn sie war in einer Position, in der sie nicht gewinnen konnte, und genau das schien sie zu wissen.

„Du solltest dir bewusst machen, dass die ganze Situation um einiges angenehmer für dich sein kann, als sie jetzt gerade ist. Indem du die Dinge tust die ich dir sage und die guten Seiten des Lebens kennenlernst, die es mit sich bringt, wenn man für die richtigen Leute arbeitet. Du kannst es dir aber auch weiterhin schwerer machen", erklärte ich ihr. Ihr abgewendeter Blick demonstrierte mir deutlich die Abneigung die sie mir gegenüber empfand. Ich wollte, dass sie sich dafür entschied, für mich zu arbeiten, weil sie es wollte, nicht weil ich sie zwang. Und früher oder später würde sie das tun.

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