18. Kapitel

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Mavis

Ich hatte das Gefühl, dass ich langsam verstand, was in Blakes Kopf vor sich ging. Zumindest glaubte ich, zu verstehen, wie er tickte. Soweit dies überhaupt bei solch einer Art von Mensch wie ihm möglich war. Bei einem Psychopathen...

Er bestrafte mich jedes einzelne Mal, wenn ich nicht die Dinge tat, die er von mir verlangte. Auch, wenn ich sie nicht so tat, wie er es verlangte. Ich fühlte mich wie eine Ratte, die er konditionieren wollte, indem er negative Verstärkung einsetzte. Als würde ich in einem Metallkäfig sitzen, dessen Boden ständig unter Strom stand und erst aufhörte, Schläge zu senden, wenn ich einen Hebel betätigte. Dies war fast ironisch, da er jeden Menschen, den er gegen sich empfand, als Ratte bezeichnete.

Ich wusste, dass er mich eines Tages unter seinem Fuß zerquetschen würde, wenn ich mein Verhalten ihm gegenüber nicht änderte. Wenn ich nicht nachgab, würde er mir schlimmere Dinge antun als meine Haut mit einem glühenden Schürhaken zu verbrennen. Dinge, die mein absoluter Albtraum waren und von denen er nun wusste.

Ich merkte, dass ein unüberwindbarer Widerstand in mir herrschte, der dafür sorgte, dass ich mich nicht einfach meinem Schicksal ergab. Und er war der Grund dafür. Der Mensch, der er war, oder der, den er mir präsentierte, war jemand, dem ich nicht das geben wollte, was er von mir forderte: meine Loyalität, wie er gesagt hatte. Denn dafür brauchte ich zuerst etwas von ihm, das mein Bild veränderte. Damit ich wusste, dass es okay war, ihm loyal gegenüber zu sein, weil er mehr war als das eiskalte Monster, das ich, womöglich alle, sahen und fürchteten.

Die Paranoidität saß mir spürbar im Nacken, als ich vor meinem Laptop saß und versuchte, irgendwas über ihn oder das Vortex herauszufinden. Es waren ein paar Tage vergangen, seit der Horrorsituation bei ihm zuhause, und die angekündigte Reise nach Paris ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich hatte die Hoffnung, irgendwas über Blake zu finden, das es mir leichter machen würde, mit ihm zu arbeiten. Aber nachdem ich für einige Stunden das Internet durchforstet hatte, musste ich feststellen, dass es keinerlei Informationen über ihn gab, die mir zu einem klareren oder besseren Bild von ihm verhelfen konnten.

Frustriert klappte ich meinen Laptop zu. Am Vormittag hatte ich eine Nachricht von Carter erhalten, dass ich am Abend in den Club kommen sollte. Dies alleine reichte aus, um meinen Puls in die Höhe zu treiben. Die Tatsache, dass ich nichts über Blake herausgefunden hatte, ließ mich mit dem Gedanken spielen, Carter danach zu fragen. Aber die Erkenntnis, dass er seine rechte Hand war, mir nichts sagen und er ihn über meine Neugierde informieren würde, ließ mich diese Idee direkt wieder verwerfen. Meine noch immer schmerzenden Verbrennungen verheilten langsam, und ich war nicht sonderlich scharf darauf, weitere zu erhalten, weil ich hinter seinem Rücken Dinge über ihn erfragte...

-

„Carter?", rief ich etwas verwirrt, nachdem mich einer der Sicherheitsleute an der Tür des Hintereingangs des Clubs reingelassen hatte, und ich mit langsamen Schritten durch den Gang in den leeren Bar- und Clubbereich lief. Für ein paar Sekunden blieb ich an der Bartheke stehen und ließ meinen Blick wandern. Die Luft in diesem Raum war stickig und roch nach kaltem Rauch von letzter Nacht. Mit meiner Hand fuhr ich in die Tasche meiner Jacke und zog mein Telefon heraus, um einen kurzen Blick auf das Display zu werfen. Da ich einige Minuten früher da war, als er mich bestellt hatte, vermutete ich, dass er noch nicht hier unten war.

Während ich mein Telefon zurück in meine Jackentasche steckte, lief ich mit entspanntem Schritt auf die Tür zu, hinter der sich Blakes Büro befand. Diesmal würde er mich nicht dumm anmachen können, weil ich zu spät war. Als ich vor der schwarzen Tür angekommen war, blieb ich für einen kurzen Augenblick davor stehen, um einmal tief ein und aus zu atmen. Daraufhin hob ich meine Hand und klopfte zweimal dagegen, bevor ich die Türklinke hinunterdrückte und sie öffnete.

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