48. Kapitel

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Mavis

Seit dem letzten Abend, an dem ich bei Blake war, waren ein paar Tage vergangen. Tage, in denen ich gedanklich weder von der Situation noch von ihm loskam. Davon, dass er einfach gegangen war – etwas, was er zuvor noch nie getan hatte. Es raubte mir den Schlaf und machte mich traurig. Vermutlich lag es daran, dass ich Sorge hatte, unser Deal könnte aufgrund seines Konflikts mit Sawyer platzen. Und weil es mich an meine Schwester erinnerte. An die Konflikte, die wir bis kurz vor ihrem Tod hatten, sodass ich ihr nicht einmal mehr sagen konnte, dass ich sie liebte.

Ich entschied mich, an dem zu arbeiten, was mir aufgetragen wurde. Damit er das bekam, was er wollte, um mich gehen zu lassen. Und das war sein Bruder. Also beschloss ich, auch wenn es vermutlich dumm von mir war, ohne es vorher von ihm absegnen zu lassen, Sawyer einen Besuch abzustatten. Um mit ihm zu reden und zu versuchen, die Sache zwischen ihnen wieder geradezubiegen. Weil ich wusste, dass Blake selbst es womöglich nicht tun würde...

„Offensichtlich kennst du meinen Bruder abgesehen von seinem Schwanz und seinem Drogengeschäft nicht besonders gut. Er lässt sich nicht von anderen helfen, sondern stößt sie von sich weg. Das wird er auch mit dir machen und das so lange, bis du genauso kaputt bist wie er. Aber nur zu, versuch dein Glück", sagte Sawyer ernst. In der Sekunde, in der er diese Worte ausgesprochen hatte, spürte ich, wie die Wut in mir aufkochte. Zum einen, weil mich sein erster provokanter Kommentar ärgerte, zum anderen, weil ich wusste, dass er recht hatte.

„Womöglich habe ich mich geirrt, und dich nicht länger in seinem Leben zu haben, ist das Beste, was ihm passieren konnte", entgegnete ich bissig, nachdem ich einen kurzen Moment geschwiegen hatte, um über das, was er gesagt hatte, nachzudenken. Meine Wut drohte nun, mir die Tränen in die Augen zu treiben.

„Warum bist du gerade so emotional?", fragte er plötzlich. Seine Augen pendelten zwischen meinen hin und her, als würde er versuchte die Antwort darin zu finden.

„Weil es mir wichtig ist", erwiderte ich knapp, löste meinen Blick von seinem und senkte ihn vor mich.

„Das sehe ich, aber warum?", fragte er wieder, ohne seine Aufmerksamkeit von mir zu lösen. Es war verblüffend, wie seine Stimme, die Art, wie er Worte aussprach und Antworten forderte, beinahe genauso klang wie bei Blake.

„Weil er mir etwas bedeutet, und ich nicht mit ansehen kann, dass ihm etwas passiert, nur weil er seinen Bruder verloren hat", erklärte ich, nachdem ich einen weiteren Moment geschwiegen hatte, um über meine nächsten Worte nachzudenken. Meinen Blick richtete ich dabei ein weiteres Mal zu ihm auf. Ich wusste nicht genau, woher plötzlich der Inhalt meiner Aussage kam, aber ich musste zugeben, dass ich selbst etwas von ihnen beeindruckt war, denn durch sie könnte man wirklich denken, dass Blake und ich eine tiefe Verbindung und Beziehung zueinander hatten. Eine Beziehung, die aus etwas besseren bestand als sie es in Wirklichkeit tat.

„Und warum habe ich das Gefühl, dass es dabei nicht nur um Blake und mich geht?", wollte er erneut wissen. Eine Frage, die sich fordernd anfühlte, als würde die Antwort darüber entscheiden, ob er nachgab oder nicht. Eine Frage, die mich überforderte und die ich nicht beantworten wollte. Also löste ich mich, ohne ihm eine Antwort zu geben, von der Fensterbank, die ich bis jetzt mit beiden Händen umklammert hatte, und lief mit zügigen Schritten an ihm vorbei und aus dem Raum, dessen Tür ich mit einem ohrenbetäubenden Knall hinter mir schloss.

Ruckartig blieb ich im Flur, vor der geschlossenen Tür stehen. Mein Herz pochte mir bis zum Hals. Meine Beine zitterten etwas und mein Blick verschwamm, als hätte ich Alkohol im Organismus. Nachdem ich einen wackeligen Schritt gemacht hatte, stützte ich mich mit meiner Hand gegen die kalte Wand um mich daraufhin mit dem Rücke dagegen zu lehnen und durchzuatmen während ich meine Augen schloss. Verzweiflung und Frustration breitete sich wie ein schwerer Neben in mir aus. Ich würde niemals hier raus kommen...

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