13. Kapitel

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Blake

Mavis' rasendes Herz, das ich jedes Mal bemerkte, wenn sie vor mir stand, zeigte mir, dass die Bedeutung jeder meiner Worte so bei ihr ankam, wie ich es wollte. Dass sie den gewünschten Effekt und Eindruck bei ihr hinterließen und sie mit einem Gefühl von Unbehagen und Anspannung erfüllten. Zwei Dinge, die ich in ihr aufrechterhalten würde, um sicher zu sein, dass mir jede Faser von ihr gehorchte.

Seit wir das Event betreten hatten, war mir nicht entgangen, dass es noch etwas anderes gab, das sie mit Unbehagen und Anspannung erfüllte. Ihre Körpersprache und der gequälte Ausdruck in ihren Augen verrieten sie, weshalb mein Blick in regelmäßigeren Abständen zu ihr zurückwanderte, als ich dachte, dass er es tun müsse. Nicht nur, weil ich überprüfen wollte, ob sie die Dinge tat, die ich ihr sagte, sondern weil ich herausfinden wollte, was sie so beunruhigte, dass sie sich nach einer Weile trotz der Unmissverständlichkeit meiner Drohungen darüber hinwegsetzte und eine der steinernen Treppen des Museums hinauf lief, um kurz darauf in der Ausstellung zu verschwinden. Je mehr Zeit verging, desto verfestigter wurde der Griff meiner Hand um mein Glas. Ich würde ihr für einige Minuten die Chance geben, selbstständig wieder nach unten zu kommen, bevor ich sie suchen und ihr eine Lektion erteilen würde...


Während ich mit bestimmten Schritten durch die riesige, menschenleere Ausstellung des Museums lief, malte ich mir aus, was ich mit ihr machen würde, wenn ich feststellte, dass sie etwas Dummes getan hatte. Allein der Gedanke daran machte mich rasend wütend. Dieser Abend war wichtig für das Geschäft, und ich sollte die Zeit damit verbringen, Kontakte zu knüpfen. Meine Wut, die sich von Sekunde zu Sekunde immer weiter in mir aufbaute, flachte schlagartig ab, als ich die Earth Galleries betrat und sie vor einer großen Scheibe stehen sah, hinter der unzählige Mineralien und Gesteine ausgestellt waren. Ihren Blick hatte sie vor sich auf die vielen Steine gesenkt und schien so vertieft zu sein, dass sie meine Anwesenheit nicht bemerkte. Erst als ich mich ihr genähert hatte und neben ihr stehen blieb, um meine Aufmerksamkeit ebenfalls auf die Stücke vor uns zu richten, vernahm ich, wie ihr Atem erneut unruhig wurde. Die Tatsache, dass sie offensichtlich jedes Mal mit Angst auf meine Präsenz reagierte, es dennoch nicht lassen konnte, sich in Situationen zu bringen, in denen sie Angst vor mir haben musste, amüsierte mich. Als wäre da ein gewisser Teil in ihr, der mich herausfordern wollte...

„Es ist unklug, die Anweisungen, die ich dir gebe, zu ignorieren, Mavis. Sehr unklug. Aber ich weiß, dass du nicht so unintelligent bist, wie du tust. Du würdest mich nicht ohne Grund verärgern, indem du hier in der Ausstellung bist, statt unten, wo du eigentlich sein solltest", sagte ich mit ruhiger Stimme, nachdem wir für eine Weile stumm nebeneinander gestanden hatten. Aus dem Augenwinkel konnte ich das leichte Zucken ihres Körpers vernehmen, als meine Stimme die Stille durchbrach.

„Es gibt keinen Grund", antwortete sie daraufhin knapp. Ihre Stimme war dünn.

Als diese eindeutig unwahre Aussage über ihre Lippen kam, wendete ich meinen Blick von den Ausstellungsstücken vor uns ab und drehte mich in ihre Richtung, um ihr direkt ins Gesicht sehen zu können. Daraufhin machte ich einige kleine Schritte auf sie zu, in ihr Blickfeld, und zwang sie damit, mich anzusehen.

„Dann möchtest du also nur spielen?", fragte ich rhetorisch und pendelte zwischen ihren Augen hin und her. Ihr musste klar sein, dass ich ihr nicht abkaufte, dass es keinen Grund gab. Und sie musste sich bewusst sein, dass die Konsequenzen noch schwerwiegender wären, sollte sie sich grundlos über meine Worte hinwegsetzen.

„Tun wir das nicht schon? Bin ich nicht längst Teil deines Machtspielchens?", stellte sie die Gegenfrage, ohne ihren Blick von meinem zu lösen.

„Richtig. Das sollte dir auch verdeutlichen, warum ich bei dieser Zusammenarbeit immer mehr Spaß haben werde als du", erwiderte ich ernst, was sie schlucken ließ. Aus dem Augenwinkel vernahm ich die leicht bebenden Bewegungen ihres Körpers, was mich dazu brachte, meinen Blick für einen Moment an ihr hinabwandern zu lassen, um sie zu betrachten. Ihre Körperhaltung signalisierte ihren Impuls, mehr Abstand zwischen uns zu bringen, was sie dennoch nicht tat. „Ich sehe die Anspannung in deinem Körper in jeder Sekunde, in der du hier bist. Warum?", fragte ich daraufhin nochmals und richtete meinen Blick zurück in ihr Gesicht.

Nachdem ich ihr diese Frage gestellt hatte, richtete ich meine Aufmerksamkeit kurz, wartend auf ihre Lippen, bevor ich wieder in ihre Augen sah. Die Art ihres Blickes zeigte mir, dass sie mir nicht das sagen würde, was ich von ihr hören wollte. Also umfasste ich schlagartig mit festem Griff ihren Hals, um sie daraufhin mit dem Rücken bestimmend an das Glas zu pressen. Sofort entfloh ihr ein erschrockenes Keuchen, während sie meine Hand, die ihr einen Teil der Luft abschnürte, ebenfalls umgriff.

„D-Du nutzt solch ein Event, bei dem es um die Hilfe für Kinder geht, um deine dreckigen Drogengeschäfte zu machen", brachte sie endlich heraus. Ihre Stimme war zittrig und kam nur schwer über ihre Lippen. „Die Anspannung, die du in meinem Körper zu sehen meinst, hat wohl damit zu tun, dass es mir widerstrebt, mit der Intention hier zu sein, mit der ich es bin", fügte sie hinzu, nachdem sie eine kurze Pause gemacht hatte. Ihr Puls hämmerte so sehr gegen meine Handfläche, dass das Bedürfnis in mir wuchs, ihren zarten und zerbrechlichen Hals noch fester zu umfassen, damit sie den Abdruck meiner Hand für einige Tage wie ein Collier tragen musste.

„Dann solltest du dich verdammt nochmal daran gewöhnen, dass das ab sofort dein Job ist und ich von dir erwarte, dass du deine Gefühle und Moralvorstellungen im Griff hast, verstanden?", blaffte ich daraufhin rau und sah wieder zwischen ihren Augen hin und her. Obwohl ich erkannte, dass sie sich gerade, wie bei unserer ersten Begegnung auch, emotionaler und verletzlicher zeigte als die meiste andere Zeit, in der sie versuchte stärker zu sein, als sie es war, würde ich ihr keinen Raum geben, in dem sie diese Emotionen fühlen und äußern durfte. Nicht hier und nicht jetzt, sondern dann, wenn ich es ihr erlaubte.

„Ja", hauchte sie knapp, nachdem sie meinen Worten gelauscht hatte, weshalb ich meine Hand langsam von ihrem Hals löste. In genau dem Moment, in dem ich sie losließ, wendete sie ihren Blick von mir ab und fuhr dann mit ihrer zitternden Hand an die Stelle, die ich soeben umfasst hatte. Ihr Atem ging schwer, und ihre Augen fanden den Weg neben uns auf den marmornen Boden.

„Ich will nicht nur hören, dass du verstanden hast, sondern es auch sehen", sagte ich ein weiteres Mal fordernd. Ihr Blick auf den Fußboden verriet mir, dass sie ihre Gefühle nicht sofort so im Griff hatte, wie ich es von ihr verlangte. Ich wollte jedoch, dass sie es versuchte und dagegen ankämpfte.

Als sie meiner Aufforderung nicht nachkam und ihre Augen weiterhin auf den Boden gesenkt waren, fuhr ich mit meiner Hand erneut in die Richtung, zu ihrem Gesicht. Diesmal allerdings griff ich mit meiner Hand nur leicht ihr Kinn und richtete es wieder auf, damit sie mich erneut ansah. Der Ausdruck, den ich in ihren Augen sah, zeigte mir all die Emotionen, von denen ich nicht wollte, dass sie sie gerade fühlte. Schmerz, Traurigkeit, Verletzlichkeit – Emotionen, die von mehr kamen als dieser Situation und schon lesbar waren, als sie bereit zum Sterben in meinem Büro auf dem Sessel saß. Emotionen, von denen ich wusste, dass sie sie heute Abend nicht im Griff hatte, auch wenn ich versuchen würde, sie zu zwingen. Also entschied ich mich dazu, das erste und einzige Mal etwas zu ihr zu sagen, das verhindern würde, dass sie komplett von ihren Gefühlen übermannt wurde.

„Die Kinder haben keinen Nachteil davon, dass wir heute Abend hier sind. Ganz im Gegenteil, denn auch sie profitieren am Ende von unserer Anwesenheit hier. Durch dieses Geschäft bin ich in der Lage, jedes Jahr aufs Neue einen großzügigen Check zu spenden. Das Geld, was ich hier verdiene, wird nicht den Kindern weggenommen, sondern den Kapitalisten, die mehr als genug davon haben. Menschen, die im Grunde nicht besser sind als ich, okay?", erklärte ich, ohne ihr Kinn loszulassen. Ich wollte sicher gehen, dass ihre Aufmerksamkeit ungeteilt auf meinen Worten lag und sie mich deutlich verstand.

„Okay", entgegnete sie daraufhin knapp, weshalb ich ihr Gesicht wieder losließ. Diese Art der Kommunikation meinerseits war eine Ausnahme, an die sie sich nicht gewöhnen durfte. Wenn sie es wagen sollte, zu erwarten, dass ich ihr jedes Mal die Hintergrundinformationen der Jobs gab, würde ich sie daran erinnern müssen, welche Dinge sie zu erwarten hatte und welche nicht...

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