14. Kapitel

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Blake 

Die unveränderte Anspannung in Mavis' Körper ließ mich vermuten, dass sie nicht so ehrlich zu mir war, wie ich es von ihr verlangt hatte. Denn als wir zurück auf das Event gingen und uns wieder unter die Menschen gemischt hatten, war da erneut dieser Blick in ihren Augen, der für mich deutlich machte, wie unwohl sie sich fühlte. Zusätzlich dazu hatte sie sich so weit abseits an den Rand des riesigen Saales gestellt, als versuchte sie so wenig wie möglich aufzufallen. Eine Tatsache, die dafür sorgte, dass es mir schwerfiel, ihren Worten Glauben zu schenken.

Während ich mich mit einigen Leuten unterhielt, malte ich mir gedanklich aus, auf welche Weise ich die Dinge über sie erfahren könnte, die ich erfahren wollte. Auch wenn es vieles gab, das für mich offensichtlich war, passte es mir nicht, dass ich noch zu wenig über sie wusste. Es passte mir so wenig, dass ich meine Hand viele weitere Male an ihren Hals legen wollte, um ihr Schmerzen zuzufügen, und jegliche Informationen über sie und ihre Vergangenheit aus ihr herauszuzwingen. Durch die Angst in ihren Augen wusste ich, dass sie nachgeben und zerbrechen würde. Weil sie vor mir eine Rolle spielte. Sie spielte eine furchtlose und unnachgiebige Person, die sie nicht war. Dies wurde mir bereits klar, als ich sie bei unserer ersten Begegnung in meinem Büro unter Druck setzte und sie zu weinen begann. 

Als ich meinen Blick nach einer Weile erneut prüfend in ihre Richtung schweifen ließ, stellte ich fest, dass sie nicht länger alleine war. Neben ihr stand nun ein Kerl, der sie mit seinen Augen auszog, als er sie in ein Gespräch verwickelte. Ein Kerl, dessen erbärmliche Fresse ich kannte...

„Fangen wir wieder da an, wo wir vor 3 Jahren aufgehört haben, Grey?", fragte ich gelassen, als ich auf die beiden zugegangen und mich neben Mavis gestellt hatte. Das Gespräch, das sie führten, stoppte daraufhin, bevor er seinen Blick auf mich richtete. Schlagartig formten sich seine Lippen zu einem leichten Lächeln, als er mich erkannte. Ein reueloses Lächeln.

„Und wo genau wäre das?", stellte er die Gegenfrage, während er eine seiner Augenbrauen ahnungslos hochzog, als wüsste er nicht, wovon ich sprach.

„Da, wo du so verzweifelt versuchst, die Dinge zu bekommen, die mir gehören", antwortete ich, um dem Wichser auf die Sprünge zu helfen. Grey war eine Ratte. In der Vergangenheit arbeitete er für mich, bis zu dem Punkt, an dem ich herausfand, dass er der Spitzel für einen Konkurrenten von mir war und Informationen weitergab, die das Geschäft hätten zum Fall bringen können.

„Du bist immer noch genauso großspurig wie damals, Blake. Nur hast du längst nichts mehr, was ich nicht auch hätte oder haben kann", sagte er wieder, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. Er nannte es großspurig, ich nannte es selbstbewusst. Ein Selbstbewusstsein, von dem ich wusste, dass ich es haben konnte. Die wenigsten Menschen aus diesem Business konnten das, was ich konnte. Dementsprechend war es nicht verwunderlich, dass sie es mir neideten.

„Offensichtlich habe ich das", antwortete ich knapp. Jetzt musste auch ich schmunzeln. Es amüsierte mich zu sehen, wie er gewisse Dinge aussprach, während seine Handlungen etwas völlig anderes verrieten. Er hatte sich Mavis genähert, weil er sie haben wollte, ohne zu wissen, dass es erneut um etwas ging, das mir gehörte.

Der Ausdruck in seinem Gesicht und der Blick, den er ihr für einen Moment zuwarf, zeigten mir, dass sein Hirn arbeitete und er verstand, was ich ihm zu verstehen geben wollte. „Die Arme gehört zu dir?", fragte er provokant, als er zu mir zurücksah. „Es überrascht mich nicht, dass du einen Rolls Royce in der Garage abstellst. Seit ich dich kenne, warst du jemand, der alles hatte, aber nichts davon zu schätzen wusste", fügte er hinzu. Er spielte darauf an, dass er ahnte, dass ich sie mit hierher gebracht hatte, weil sie schön war. Statt ihre Anwesenheit zu nutzen, stand sie am Rand. Mein Kiefer spannte sich spürbar an, als er diese spitzzüngige Bemerkung machte. Mein Impuls war es, ihm hier vor all diesen Menschen die Zähne auszuschlagen. Aber zu wissen, dass wieder der Neid aus ihm sprach, ließ mich meine Contenance bewahren.

„Und trotzdem macht sie alles, was ich will", entgegnete ich daraufhin ruhig, ohne meinen Blick von ihm abzuwenden. Es war mir egal, dass Mavis direkt daneben stand und jedes einzelne Wort von dem hörte, was ich sagte. Das Einzige, was mich in diesem Moment interessierte, war, dass Grey bewusst wurde, dass ich ihm noch immer bei weitem überlegen war. Und dass ich es immer sein würde.

„Das glaube ich sofort", antwortete er knapp. Die Betonung seiner Worte drückte aus, dass er wusste, dass ich immer die Dinge bekam, die ich wollte. Egal ob man sie mir gab oder ich sie mir nehmen musste. So war es schon gewesen, als wir noch miteinander arbeiteten. Nachdem er diese Bemerkung gemacht hatte, wendete er seine Aufmerksamkeit von mir ab und richtete sie erneut auf Mavis, die noch immer direkt neben mir stand und stumm unserer Konversation beigewohnt hatte. Dann reichte er ihr seine Hand, woraufhin sie ihre in seine legte. „Es hat mich gefreut", sagte er und deutete einen Handkuss an. „Und es wäre mir eine Ehre, wenn du mir später einen Tanz schenken würdest", fügte er mit einem charmanten Lächeln hinzu, bevor er, ohne auf eine Reaktion von ihr zu warten, ihre Hand losließ und verschwand.

Als Grey sich von uns entfernte, um wieder im Saal zu verschwinden, richtete ich meinen Blick zurück auf Mavis. Während sie ihm mit ihren Augen folgte, wirkte sie, als sei sie in Trance und würde über seine Einladung nachdenken. In dem Moment, als sie verträumt einen kleinen Schritt vor machte, stellte ich mich ihr bestimmt in den Weg und umgriff eines ihrer Handgelenke, um sie davon abzuhalten. Daraufhin sah sie wieder zu mir auf. Es gefiel mir nicht, dass er ihr imponiert hatte.

„Wir sind zum Arbeiten hier, nicht zum Vergnügen. Vergiss das nicht", sagte ich ernst und sah zwischen ihren Augen hin und her. Womöglich würde ich Grey heute Abend noch umbringen lassen, wenn er sie, sei es auch nur für einen Tanz, anfassen würde.

„Wie könnte ich das hier mit Vergnügen verwechseln? Schließlich mache ich alles, was du willst, nicht wahr?", antwortete sie daraufhin sarkastisch und lächelte mich gespielt an, bevor sie ihr Handgelenk aus meiner Hand riss und einen kleinen Schritt zurück machte, so dass ein größerer Abstand zwischen uns existierte. Sie war sichtlich sauer über meine Worte gegenüber Grey. Eine Emotion, der ich wieder keinen Raum geben konnte. Also griff ich erneut, diesmal um einiges fester, nach ihrem Handgelenk und zog sie zu mir zurück, sodass sie dichter vor mir stand als noch vor ein paar Sekunden. Ein leises, schmerzerfülltes keuchen entfloh ihr, was die Lust in mir ansteigen ließ, ihr dünnes Handgelenk in meiner Hand zu zerbrechen. 

„Ganz richtig, Mavis. Dazu gehört auch, dass du keine verdammte Szene wegen Dingen machst, die ich sage", erklärte ich mit ernster, aber dennoch ruhiger Stimme, sodass nur sie es hören konnte...

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