Blake
„Wie oft denn noch, Mann? Mehr als das, was ich dir schon die anderen Male über sie gesagt habe, weiß ich nicht", presste Felix durch seine Zähne. Er war frustriert - genauso frustriert wie ich, wegen der Tatsache, dass ich meine Zeit mit diesem Wichser verschwendete und ihn am Leben ließ, nur um festzustellen, dass er nutzlos war. Obwohl sein Kopf in Richtung des Bodens geneigt war, war sein Blick zu mir aufgerichtet.
„Das reicht mir nicht", sagte ich ruhig und schüttelte leicht meinen Kopf, um mein Bedauern darüber auszudrücken, dass er mir nicht das lieferte, was ich von ihm wollte.
„Dann kommen wir wohl nicht auf einen Nenner."
„Offensichtlich..", entgegnete ich, während ich einige Schritte durch den Raum, auf ihn zu machte, um daraufhin direkt vor ihm stehen zu bleiben und zu ihm hinab, in seine erbärmliche Fresse zu sehen. „Das bedeutet, dass ich ab hier keinerlei Verwendung mehr für dich habe", fügte ich hinzu.
Es verging ein kurzer Moment, in dem Stille herrschte, und das nächste, was ich sah, war, wie er seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen. Bevor jedoch weitere überflüssige Worte aus ihm herauskommen konnten, holte ich aus und schlug ihm mit meiner Faust ins Gesicht, sodass er von der Wucht seitlich, mit seinen Händen hinter seinem Rücken befestigt, vom Stuhl auf den feuchten Betonboden fiel.
Der heiße, pulsierende Schmerz in meiner Hand und sein benommenes Ächzen ließen das Adrenalin in mir ansteigen. Dann beugte ich mich über ihn und griff nach dem Stoff seines Shirts, um seinen Oberkörper nach oben zu ziehen und ihn daraufhin auf seinen Rücken fallen zu lassen. Obwohl er noch bei Bewusstsein war, fiel sein Kopf etwas seitlich weg.
Erneut ballte ich meine Hand zu einer harten Faust und schlug zu. Immer öfter, mit zunehmender Kraft traf ich ihn in sein Gesicht. Je häufiger ich das tat, desto mehr spürte ich, wie meine Schläge seine Nase und den Schädel brachen. Ein gutes Gefühl, das mich wie in einen Rausch riss und mich immer weiter machen ließ. Sein schwerer Atem, den ich zu Beginn noch vernehmen konnte, blieb langsam aus, als sein Blut aus seinem aufgeplatzten Gesicht auf den Boden strömte.
Obwohl ich wusste, dass er bereits tot war, konnte ich nicht aufhören. Das euphorisierende Gefühl, das durch meinen Körper drang, verschwand zunehmend und drängte mich zurück in die Vergangenheit. Vor meinem inneren Auge spielte sich plötzlich eine Szene ab. Ich fand mich auf dem Wohnzimmerboden im Haus meiner Mutter wieder, wie ich dort saß und mit einer Glasflasche auf das Gesicht meines gewalttätigen Vaters einprügelte. Die Szene fühlte sich so real an, dass ich wieder das Geräusch seines splitternden Knochens unter dem Glas hörte und das Metall aus seinem Blut roch.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit verging, denn während ich immer weiter auf das entstellte Gesicht des toten Körpers vor mir einschlug, verlor ich die Orientierung im Hier und Jetzt, sodass ich erst aufhören konnte, als ich einen festen Griff spürte, der mich von der Leiche wegzog.
„Hör auf. Es ist genug", rief Carter. Seine ernste Stimme drang laut durch die leeren, steinernen Wände des Raumes, in dem wir uns befanden. Diese Worte holten mich komplett zurück und verbannten die Erinnerungen, die mich eben für einen Moment gefangen hielten. „Alles okay?", fragte er, während ich mich wieder aufrichtete und meinen schweren Atem beruhigte. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie er seinen Blick auf mich gerichtet hatte - einen Blick, den ich hasste, denn ich konnte mir denken, was gerade in seinem Kopf vor sich ging.
„Natürlich", antwortete ich überzeugt und ließ meine Aufmerksamkeit von meiner blutenden, aufgeschlagenen Hand kurz zu ihm wandern. Langsam bewegte ich meine Finger und öffnete sie ein paar Mal, um zu sehen, ob ich mir selbst etwas gebrochen hatte.
„Seit wann verlierst du denn die Kontrolle?", fragte er ein weiteres Mal. Ich kannte den Ausdruck in seiner Stimme. Er war beunruhigt..
„Ich habe die Kontrolle nicht verloren, Carter", antwortete ich daraufhin bestimmt. Durch das antrocknende Blut auf meiner Hand begann meine Haut zu spannen.
„Ich arbeite lange genug mit dir zusammen, um zu wissen, wann du die Kontrolle verlierst und wann nicht. Eben hast du sie verloren", sagte er nochmals mit Nachdruck. Es passte mir nicht, dass er es sich herausnahm, eine Aussage darüber zu machen, was meine Kontrollfähigkeit betraf.
„Wie es aussieht, hängst du nicht besonders an deinem Job", entgegnete ich. Ich wusste, dass er die Warnung in meinen Worten sofort verstehen würde, wenn ich sie aussprach.
„Du musst mir nicht drohen, Blake. Wir beide wissen, dass du mich nicht rausschmeißt" Das Selbstbewusstsein in seiner Stimme war deutlich hörbar. Ein Selbstbewusstsein, das eine Berechtigung hatte, dort zu sein, wo es war.
„Anscheinend muss ich das. Denn du überschreitest gerade eine Grenze, die du nicht zu überschreiten hast", zischte ich und sah ihn ernst an. Carter war die Person im Laden, die sich mehr erlauben durfte als andere, und das wusste er. Zu einem gewissen Teil hatte er Recht; ich würde ihn ungerne rausschmeißen. Dies bedeutete aber nicht, dass ich es nicht tun würde, wenn er zu viele der falschen Knöpfe drücken würde. Auch er wäre ersetzbar.
„Du solltest mit jemandem reden. Egal mit wem, egal über was..."
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Teen Fiction{2. Teil der Preposition-Trilogie} Mavis und Phoebe Prescott - zwei Schwestern, die aufgrund ihrer tragischen Familiengeschichte unzertrennlich scheinen. Bis zu dem Tag, an dem Phoebe sich in den falschen Kerl verliebt und auf die schiefe Bahn gerät...