43. Kapitel

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Mavis 

Blake und ich hatten einen Deal. Einen vielversprechenden Deal, der fast zu gut klang, um wahr zu sein. Ich sollte einen Typen überzeugen, mit ihm ins Geschäft zu kommen, indem ich Blakes Freundin spielte. Im Gegenzug bekam ich mein Leben zurück. Wer genau der Kerl war und worum es sich bei dem Geschäft handelte, hatte er mir allerdings nicht gesagt. Stattdessen hatte er mich, nun ein paar Tage später nach seinem kurzen Besuch bei mir zu Hause, in eine Bar bestellt, um, so vermutete ich, mit mir ausführlicher über all das zu sprechen. Über das, was mich erwartete. Denn seitdem er mir davon erzählt hatte und ich ihm gesagt hatte, dass ich es tun würde, konnte ich nicht aufhören, darüber nachzudenken. Was für eine Person es war und warum Blake es nicht schaffte, sie zu überzeugen, obwohl er täglich Geschäfte mit unheimlichen und gefährlichen Menschen machte. Vor allem, was an diesem Geschäft anders war als an den anderen.

Die in mir herrschende Spannung auf meinem Weg zur Bar, in die er mich bestellt hatte, war fast unerträglich. So unerträglich und quälend, dass das immer wieder darüber Nachdenken mir zunehmend Kopfschmerzen bereitete.

Das Lokal, in das ich eintrat, war gut besucht, und die angeregten Gespräche der Menschen hallten fast ohrenbetäubend von den hohen Wänden wider. Für einen Moment blieb ich ein paar Meter nach dem Eingang stehen und ließ meinen Blick suchend nach Blake durch die Bar schweifen. Nach einigen langen Sekunden zog er schließlich meine Aufmerksamkeit auf sich. Er saß an einem etwas größeren Tisch weiter hinten im Lokal und hatte seine Hand erhoben, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Als ich meinen Weg daraufhin mit entspannten Schritten in seine Richtung fortführte, bemerkte ich, dass er nicht alleine war. Eine weitere Person saß ihm gegenüber und hatte sich ebenfalls in meine Richtung gewandt, um zu mir rüberzusehen.

Je weiter ich den Raum durchquerte und mich ihnen näherte, desto stärker spürte ich die in mir aufkommende Anspannung, da ich mich innerhalb der nächsten paar Sekunden in einer Situation wiederfinden würde, auf die ich nicht vorbereitet war. Als ich schließlich bei ihrem Tisch ankam und meine Aufmerksamkeit von Blake zu der Person wandern ließ, die ihm gegenüber saß und mich ebenfalls ansah, vernahm ich schlagartig ein unangenehmes Gefühl in meiner Brust, das meinen Atem kurz stocken ließ. Das Gesicht, in das ich nun blickte, war kein unbekanntes. Der Kerl war Barkeeper in einer der Bars, die ich einst besucht hatte, als ich noch für Felix arbeitete. Meine Erkenntnis darüber, dass wir uns bereits begegnet waren, war allerdings nicht allein der Grund für mein sofortiges Unbehagen. Es war die Tatsache, dass er Blake wie aus dem Gesicht geschnitten war...

So schnell ich konnte, versuchte ich, den kurzen Schock mit einem Lächeln zu verbergen, das ich nun aufsetzte. „Ich wusste nicht, dass du in Gesellschaft bist", gestand ich und löste meinen Blick von ihm, um ihn wieder auf Blake zu richten, der seine Augen über meinen Körper wandern ließ, bevor er mich ansah.

„Setz dich zu uns", antwortete er knapp und ignorierte damit meine Aussage, während er mit einer kurzen Kopfbewegung auf den leeren Platz neben sich deutete, was ich trotz meines ersten impulsiven Zögerns tat. Mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust, und so dicht wie er neben mir saß, hätte es mich nicht gewundert, wenn er dies bemerkt hätte. „Du siehst atemberaubend aus. Es fällt mir schwer, meinen Blick von dir abzuwenden", sagte er, während er seine Hand an mein Kinn legte und meinen Kopf leicht anhob, damit ich ihn ansah. Seine dunklen Augen sahen für einen kurzen Moment zwischen meinen hin und her, bevor er sie auf meine Lippen richtete. Dann, ohne zu zögern, schloss er den kleinen Abstand zwischen uns und küsste mich – fordernd, aber dennoch leidenschaftlich. Ein Kuss, mit dem ich nicht gerechnet hatte, weshalb er mich zu Beginn überforderte. Seine Lippen und seine Zunge, mit der er sanft meine berührte, schmeckten nach Whiskey. 

Nachdem ich den Kuss für einige Sekunden zugelassen hatte, löste ich meine Lippen von seinen. Nicht, weil ich den Kuss nicht mochte, sondern weil wir gerade nicht nur zu zweit waren. „Sei nicht unhöflich, Blake. Wir sind nicht alleine", sagte ich mit fast heiserer Stimme, während ich meine Aufmerksamkeit nun wieder auf die Person uns gegenüber richtete. Der Ausdruck, der in dem Gesicht  des Typen lag, war undurchdringlich und ernst. 

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