Kapitel 13

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H A R R Y

Sekunden verfallen.

Wir starren in die Sterne.

Er liegt falsch. Ich habe ihn geschätzt und verstanden. Ich hätte ihn geliebt und auf Händen getragen. Ich hätte ihn sanft berühren können und anschauen können, als wäre er mein Leuchtfeuer. Dafür hätte ich kein Bad Boy sein müssen. Ich hätte ihn angestarrt und stundenlang mit ihm geredet. Ich hätte sein erster Kuss sein können und derjenige, der ihm die Unschuld nimmt, während ich jede Zelle von ihm liebte. Und er hätte mein erster Kuss sein können und derjenige, mit dem ich zum ersten Mal schlafe.

Ich hätte dem, was wir gehabt hätten, einen Namen gegeben. Hätte ihm bei jeder Möglichkeit gesagt, wie sehr ich ihn liebte und wie all das ein Ding der Ewigkeit sein könnte.

Ich wäre nicht durch den Ozean geschwommen, um mich ihm zu entfernen. Ich hätte ihm sogar ein verdammtes Boot gebaut und mit auf diese Reise genommen. Ich hätte es nicht zugelassen, dass wir uns entlieben und ich hätte es nicht zugelassen, dass er ohne mich leben musste.

Ich wäre geblieben. Solange, bis er genug von mir gehabt hätte und mich in die Strömung geworfen hätte und ich hätte ihn nicht aufgehalten, weil ich gewollt hätte, dass er glücklich ist.

Ich hätte ihm alles gegeben, ich hätte mich ihm hingegeben und vielleicht wäre es zu viel gewesen, vielleicht wäre er überfordert gewesen. Aber ich hätte ihn nicht aufgegeben. Ich hätte es versucht.

Hätte, wäre... Wäre, hätte... Es spielt keine Rolle, weil es keinen Unterschied mehr macht. Denn wenn ich der Wahrheit in die Augen blicken würde, dann würde ich vielleicht endlich verstehen, dass all diese Gedanken Zeitverschwendung sind. Es ist egal, ob ich mir meine Zukunft gemeinsam mit Louis um drei Uhr nachts ausmale und mir meine ganz persönliche Utopie zusammenflicke, wenn all diese Versprechen, die ich ihm hätte geben und einhalten können, nie für ihn bestimmt waren.

Irgendwann wird eine Person in mein Leben treten, die diese Versprechen annehmen und schätzen wird und es ist besser, dass ich mich jetzt von der Utopie mit Louis verabschiede. Denn in der Zukunft mit dieser Person wird es keine Möglichkeit geben, dass sie mich irgendwann über Bord werfen würde.

Die Zeit tickt im Stillen dahin. Die Wellen vermischen sich mit dem Sand, Louis' Atem mit dem Tosen. Wir liegen da und schweigen. Denn meistens ist es einfacher, zu schweigen, anstatt alles auszusprechen. Außerdem habe ich genug davon, zu hören, wie perfekt Miles für Louis war, wenn alles, was er getan hat, ihn zu verletzen.

Ich wünschte, ich würde ihm so viel bedeuten. Denn manchmal, wenn sein Blick voller Angst und Sorge ruht und er dann meine Augen sucht, übermannt mich das Gefühl, dass da etwas ist. Mehr als nur eine freundschaftliche Wohngemeinschaft. Aber das Gefühl verpufft, sobald er an Miles denkt und seine Augen zu leuchten beginnen.

„Haz?" Seine Stimme klingt ganz eigenartig, aber meinem Herzen scheint es zu gefallen, wenn es schneller schlägt, als ich es für gesund zu verheißen mag.

„Mm?"

Ein wenig verloren blickt er mir entgegen. „Wie fühlt es sich an, verliebt zu sein? Wie fühlt es sich an, wenn man sich frisch in jemanden verguckt?", fragt er und kratzt sich unsicher am Kopf. In seinem Gesicht steht Traurigkeit und das macht mich fertig, denn ich mag es nicht, Menschen traurig zu sehen. Besonders nicht Louis. Die Welt braucht nicht noch mehr Traurigkeit.

In der Frage schwingt zu viel mit, das mich innerlich zerfallen lässt. „Du musst es gefühlt haben, als du Miles geliebt hast.", erwidere ich verwirrt. Die Frage überrumpelt mich völlig. Vor ein paar Minuten hat er mir haargenau davon berichtet, wie sehr er Miles geliebt hat und nun weiß er nicht, wie es sich anfühlt? Soll das eine beschissen verdrehte Lovestory sein? Ihr persönlicher Plottwist? War das alles nur ein schlechter Witz?

Echoes Of Yesterday - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt