Kapitel 20

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H A R R Y

Nachdem Louis mir den Ablauf der Ereignisse haargenau geschildert hat, kocht das Blut in mir. „Du musst ihn anzeigen.", sage ich sofort. Acerola ist die lebende Definition von Dreistigkeit. Er spielt Louis wochenlang etwas vor und zu allem Überfluss stellt sich heraus, dass er ein Drogendealer ist. Von den unangebrachten Berührungen ganz zu schweigen.

Mir stellen sich die Nackenhaare auf, bei dem Gedanken daran, wie Acerola seinen Hals umfasst und an sich zieht. Wie sein Atem auf seine Haut trifft. Mich überfällt ein kalter Schweiß und meine Kieferpartie wird taub.

„Ich bin Rechtsanwalt.", erinnert er mich und seufzt. „Selbst wenn ich Anzeige erstatten würde, ich habe keine Beweise."

Ich schnaube so leise, dass er es nicht hören kann. „Ihr wart in einem Nobelrestaurant. Sie werden sicherlich Kameras haben."

Louis wirkt plötzlich wie versteinert. „Ich- es war nichts. Ich möchte nach Hause."

„Oh, dich anzufassen war also nichts?", spotte ich mit einem sarkastischen Schnaufen. Ich kann nichts dagegen tun, dass es mich so sehr trifft. Aber dass Acerola Louis angefasst hat, löst Abgründe in mir aus, die ich kaum zurückhalten kann.

Der Blick, den er mir zuwirft, ist voller Traurigkeit und gibt einen weiteren Stoßseufzer von sich.

„Es tut mir leid.", sage ich und lege meine Hand vorsichtig auf sein Knie. „Ich bin etwas aufgewühlt."

Er schluckt hart. „Ich möchte nicht sehen, wie er mich... lass es einfach gut sein."

Ich beiße mir auf die Unterlippe, nicke es aber ab. Mein ganzer Körper schmerzt, nur zu wissen, dass er da alleine durch musste. Ich habe das dringende Bedürfnis ihn in die Arme zu schließen und ja... vielleicht würde ich ihn dann nie wieder loslassen, aber das muss er im Vorhinein ja nicht wissen. „Ich bin für dich da.", verspreche ich und drücke sein Knie. „Du hast mir angeboten, da zu sein, wenn ich reden möchte. Das Angebot steht meinerseits ebenfalls. Oder wenn du einfach nur schweigen möchtest."

Er legt seine Hand auf meine und fährt mit den Fingern zwischen die meine. Ich lächle zaghaft. „Danke. Ich möchte nicht wissen, was er gemacht hätte, wärst du nicht dagewesen."

„Denk nicht mehr darüber nach. Du bist jetzt in Sicherheit.", vergewissere ich ihm und biege auf die Autobahn ab.

„Ich habe eine Bitte.", wirft er ein und spielt unsicher mit meinen Fingern. Vermutlich hat er bereits vergessen, wem diese Hand gehört. „Sag Meadow nichts. Sie war so froh, dass ich nach Miles wieder einen Mann in meinem Leben zu lassen. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht."

Ich spanne den Kiefer an. Ich möchte nicht, dass Meadow denkt, Acerola sei ein hochzupreisender Kerl, der die Gefühle ihres Bruders umstimmen kann. Genau das ist er nämlich nicht. Er sorgt dafür, dass Louis der Männerwelt vermutlich erst einmal den Rücken zukehrt. „Okay... ich mache es für dich.", erwidere ich mit Kratzen im Hals.

Während der Fahrt zum Bungalow verfallen wir in ein angenehmes Schweigen. Für Louis ist es wohl das Beste, um den Abend zu verarbeiten. Ich möchte ihm den Schmerz abnehmen, ihm sagen, dass nicht alle Männer sind wie Acerola. Doch das Ereignis ist noch zu präsent, weshalb ich auf taube Ohren stoßen würde. Anstatt weiterhin in der Wunde zu pulen, lasse ich zu, dass er gedankenlos mit meinen Fingern spielt.

Im Bungalow angekommen, steigt er sofort unter die Dusche. In der Zwischenzeit bereite ich ihm seinen Lieblingstee vor und stelle die Tasse in seinem Zimmer auf den Nachttisch. Ich transferiere die Kuscheldecke aus dem Wohnzimmer in sein Bett und lege weitere Kissen von mir dazu. Nachdem er nach einer gesamten Stunde nicht aus dem Bad gekommen ist, klopfe ich an die Tür.

Echoes Of Yesterday - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt