Kapitel 27

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L O U I S

Mein Herz schlägt wie ein Presslufthammer, als ich die Lichterketten im Zelt anbringe. Es ist eine 50 zu 50 Chance. Entweder verzeiht Harry mir – und dabei meine ich nicht nur für alles, was ich in meinem Büro gesagt habe, sondern auch für all die Jahre davor, in denen ich ihn wie Vakuum behandelt habe – oder er und ich werden wieder zu den Fremden, die wir vor unserer Begegnung waren.

Ich gebe es ungern zu, aber der Gedanke daran tut verdammt weh. Immer wieder gehe ich die Worte in meinem Kopf durch, die ich ihm entgegnen könnte und immer wieder erscheinen neue Konstellationen. Ich muss mein Herz sprechen lassen.

Ich ziehe mein Handy aus der Gesäßtasche hervor und öffne den Chat mit Meadow.

Louis: Alles ist vorbereitet.

Meadow: Dann lasset die Spiele beginnen.

Louis: ?

Louis: Kannst du mich bitte ernst nehmen?

Meadow: Das tue ich. Ich werde versuchen meinen Schwager in Spe aus seiner Höhle zu drängen.

Louis: Nicht die richtige Zeit für Witze.

Meadow: Das war kein Witz.

Louis: !

Meadow: Schon gut. Gib mir zwanzig Minuten.

Ich antworte nicht mehr, lasse mich stattdessen auf dem gewärmten Sand nieder und starre auf das Wasser. Ich ziehe die Beine an meine Brust und schlinge die Arme um mich.

Es ist einer dieser Momente, in denen man merkt, dass alles, was auf den Schultern liegt, unglaublich schwer ist, und dann atmet man durch, lässt die Luft des Ozeans, die sich mit Salz und Freiheit verbindet, auf sich wirken und lässt los. Man vergisst alles.

Ich vergesse Mum, die Arbeit, den Streit mit Harry und schließlich nach Jahren auch Miles und den Amoklauf. Und merkwürdigerweise taucht Harry in meinen Gedanken auf. Die Art und Weise, wie er mich sanft berührte und mir sagte, dass alles in Ordnung sein wird. Ich fange an, es zu glauben und lasse diese Gedanken durch.

Die Gedanken an Harry wiegen nicht viel, also lasse ich es einfach geschehen.

Vielleicht ist das die Magie des Ozeans. Man findet die Fähigkeit, loszulassen und all diese negativen Gedanken von den Wellen wegspülen zu lassen. Ich atme ein und aus, und ich fühle mich gut, wirklich schwerelos. Ich lächle sanft vor mich hin.

Vielleicht wird dieser Ozean und diese Zeit die Antwort auf alle meine Fragen sein, die ich seit Jahren verfolge. Diese Bucht hat mir gezeigt, dass es sich immer lohnt, wiederzukommen.

Ich zucke zusammen, als ein Räuspern hinter mir ertönt. Harry steht ein wenig verloren da – ohne Meadow. „Ich- ähm... ich habe Meadow gebeten zurückzugehen. Das ist etwas, das wir allein tun müssen.", erklärt er und wringt unsicher die Finger. Er sieht so niedlich und kuschelig aus in seinem übergroßen Kapuzenpulli.

Ich gebe es nur ungern zu, aber ich habe seinen gemütlichen, warmen Anblick vermisst.

Er kommt auf mich zu und deutet auf den Platz neben mir. Ich nicke und strecke meine Hand nach ihm aus. Er ergreift sie vorsichtig und lässt sich neben mir nieder. „Das war eine Menge heute, nicht wahr?"

Und ganz ehrlich? Genau das meine ich, wenn ich sage, dass Harry eine pure und reine Seele hat, die keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte. Er könnte mich anschreien, mich hassen und mich dafür verabscheuen, Baileys Mörder geliebt zu haben, doch das macht er nicht. Stattdessen konfrontiert er mich freiwillig und bleibt dabei ruhig.

Echoes Of Yesterday - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt