Gesellschaft anderer Menschen

39 4 0
                                    

Loona

Nach einigen Minuten löste sich der Trubel auf. Ein kleiner, wohlgenährter Mann bat einen seiner Mitarbeiter mit Korhan zum Krankenhaus zufahren und ihn untersuchen zu lassen. Er bedankte sich hunderte Male bei mir für meine Courage und brachte uns wieder zu unseren Tisch. „Seit heute Abend meine Gäste. Alles geht auf mich." Erklärte uns der Mann mit dem italienischen Akzent und drückte mir einen Kuss auf den Handrücken. Freundlich entzog ich ihm meine Hand. „Oh bitte, das ist doch nicht nötig." Sprach ich verlegen und suchte hinter Harry etwas Schutz. „Nessuna possibilità. Bitte, es ist mir eine Ehre." Harry und James bedankten sich herzlichst und nahmen wieder Platz. Harry wollte gerade etwas sagen, als ich zum Weinglas griff und dieses in einem Zug austrank. „LOONA!" Hauchte Soey und starrte mich erschrocken an. Was sollte dieser Blick, als ob nur sie das Recht hätte, einen Drink zu kippen. „Nichts für ungut, aber das war mein Glas." Sprach Harry leise, worauf ich ihn breitgrinsend ansah. Sekunden lang herrschte Stille, bis ich anfing zu lachen. „Oh Gott, das tut mir leid." Entschuldigte ich mich, als ich endlich den Sinn seiner Worte verstand. Schnell griff ich nach dem anderen Glas und reichte es ihm. Zögerlich nahm er es an. „Danke!"

Ich war noch so aufgedreht und ich spürte mein Herzschlag an meinen Hals. Doch ich ging nicht weiter darauf ein, ignorierte Harrys Seitenblick und schaute zu Soey. Es dauerte nicht lange und ich bemerkte, wie der Alkohol in meiner Blutbahn zu wirken begann. Endlich verlangsamt sich mein Puls wieder. „Geht es dir gut?" Fragte James quer über den Tisch und ich nickte. „Das war beeindruckend!" Kam es von Harry neben mir, der seine Hand an meine Schulter legte. Indem ich nach meinem Wasserglas griff, entzog ich mich geschickt seiner Berührung. Für Außenstehende muss es wohl beeindruckend gewesen sein. Aber für mich war es ein Teil meines Jobs. Auch wenn ich hier im Urlaub war, konnte ich bei so etwas nicht einfach wegschauen. „Loona ist gut in ihrem Job. Sie ist eine der wenigen, die diesen mit so viel Hingabe durchführte." Meinte Soey schwärmend. Ich winkte ab und griff nach meinen Wein, bis mir wieder einfiel, dass mein Glas leer war. „Soey, lass das. Es ist mein Job. Jeder, der seine Arbeit liebt, mach es mit Leidenschaft." Gott, ich hasste es, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen.

Ich fühlte mich unwohl. „Da kann ich dir nur zustimmen." Erwiderte Harry und hielt mir das volle Weinglas hin. „Dennoch ist es interessant davon zu hören. Dein Job hat mehr Tragweite als meiner. Du verdienst Respekt und Anerkennung, dass du das Leben anderer Menschen rettest." Fuhr er fort und ich nahm das Glas an. Die ganze Zeit mied ich es ihn an zuschauen, doch bei diesen Worten, die so aufrichtig und ehrlich klangen, schaute ich in seine Augen. Und das war mein Fehler. Seine Augen leuchteten grün, selbst in diesem dämmrigen Licht der Lichterketten. „Danke." Hauchte ich leise und trank ein Schluck. „Oh, sie hat schon unzähligen Menschen gerettet. Sie hat mal einen Mann 40 min reanimiert und ihn ins Leben geholt." Erzählte Soey frei von der Leber, was mich unter dem Tisch austreten ließ und ihr Schienbein zum Ziel machte.

Während ein anderer Kellner für den Tisch eine Karaffe Rotwein brachte, versuchte ich das Thema zu ändern. Doch das gestaltete sich schwieriger als gedacht, wenn die beste Freundin einfach nicht den Mund halten konnte. Auch nach dem wir das Essen bestellt und serviert bekamen, erzählte Soey immer mehr Geschichten. Nach dem zweiten Glas Rotwein ergab ich mich meinem Schicksal und ließ sie weiter reden. „Kannst du dich noch an den Typen aus meinem Yogakurs erinnern?" Packte sie nun eine der delikateren Stories aus. „Oh bitte nicht." Bat ich sie lachend und versteckte mein Gesicht hinter meine Hand. „Oh bitte doch!" Lachten Harry und James. Ich nahm mein Glas und holte Luft. „Okay. Ein Mann aus Soeys Yogakurs war der Überzeugung, dass ihre Übungen zu übermenschlicher Beweglichkeit führen würden. Er übertrieben es mit den Übungen zu Hause. Bis er qualvoll die Notaufnahme anrief und abgeholt wurde."

Ich pausierte kurz und nahm ein Schluck von dem neu nachgeschenkten Wein. „Noch bevor er in die Notaufnahme ankam, bat man uns um Diskretion. Als er die Aufnahme erreichte, war er komplett nackt und seine Beine waren hinter seinem Hals gewickelt. Ich fragte ihn, wie das zustande kam. Er erklärte mir leise, dass er Single sein und es sich selbstbesorgen wollte." Sprach ich etwas leiser. „Du meinst, er wollte sich selbst einen blasen." Sprach Soey es direkt und unverblümt aus. Schockiert sahen sich James und Harry an. „Kann ich mich in deinem Kurs anmelden?" Scherzte Harry, worauf er von mir lachend meinen Handrücken gegen die Brust bekam. Wir lachten und genossen diesen Abend.

Pillow Talk || H.S. [18+] || GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt