Presseleute und Paparazzi

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Harry

Das Gewitter hatte sich endlich verzogen und die Sonne schiente. Loonas Wohnung erschien dadurch noch gemütlicher. Ich mochte ihren Wohnstil. Wenn man es als einen solchen benennen konnte: schlicht, minimal und warm. „Du hast also... Kaffee gekauft?" Holte mich ihre Frage aus meinen Gedanken. Das hatte ich total vergessen. „Ja", antwortete ich freudig, stand auf und lief zur Einkaufstüte in der Küche. „Aber nicht nur das", begann ich und öffnete die Tüte und packte alles aus. „Ich habe dir Milch besorgt, Brötchen, Käse, Aufstrich, Obst und..." Ich pausierte kurz, holte eine kleine Tüte raus und präsentierte diese wie ein Highend Produkt aus der Werbung. „Eine Zimtschnecke." Sie lachte herzhaft auf und kam zur Kücheninsel. „Du hast mir eine Zimtschnecke gekauft?" hinterfragte sie leise. „Wieso für dich? Die ist für mich!" scherzte ich und drückte die Tüte an meine Brust. Entsetzt sah sie mich an, zupfte eine Weintraube ab und warf sie mir an den Kopf. „Wie kannst du nur?" meinte ich mit einem gespielten geschockten Ton.

Sie zupfte noch eine weitere Weintraube ab und warf diese auf mich. Die kleine Frucht prallte an meinen Brustkorb ab. Daraufhin ließ ich die Zimtschnecke fallen und rannte um die Kücheninsel. Loona quietschte auf und rannte davon. Lachend rannten wir zwei Runden um ihr Sofa und weiter zu ihrem Schlafzimmer, wo ich sie packte und mit ihr aufs Bett fiel. Ich achtete darauf, sie nicht an der verletzten Hand zu berühren. Ich kitzelte sie an der Taille und ihr Lachen erfüllte den Raum. „Gnade... bitte... Gnade", flehte sie lachend und ließ ihren Kopf in ihr Kissen fallen. Ich stoppte, sah sie einen Augenblick an und strich eine dicke Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Ihre Augen funkelten. Sie strahlte von einem Ohr zum anderen. „Ich liebe es, wenn du so lächelst." Sie blinzelte ein paar Mal und rutschte etwas hoch, damit sie mich direkt anschauen konnte. „Ich hätte nie geglaubt, je wieder so lachen zu können. Ich verdanke dir sehr, Harry", meinte sie leise, zog ihre rechte, unverletzte Hand hervor und legte diese an meine Wange.

„Ich liebe dich, Moon", hauchte ich ungefiltert, was mein Herz für sie empfand. Ihre Augen glänzten. Kurz verschwand ihr Lächeln. Sie biss sich auf die Unterlippe, und schon kam das Lächeln zurück. „Ich liebe dich auch", flüsterte sie und zog mich in einen langen und intensiven Kuss. Seit sie gestern Abend diese Worte zu mir sagte, fühlte es sich an, als würde ich schweben. Mir war klar, wie kitschig das alles war und sich auch anfühlte. Aber es war gut. Dieses Gefühl ließ mich aufblühen, mich lebendig fühlen. Und ich war der Überzeugung, dass es Loona auch so erging. „Sag es noch mal", bat ich sie an ihren Lippen. Loona kicherte und ich legte meine Stirn gegen ihre. „Ich liebe dich, Harry", wiederholte sie lauter. „Das klingt wundervoll aus deinem Mund", gestand ich ihr und legte meinen Kopf zu ihr aufs Kissen.

Keine Ahnung, ob ich diese Worte, diese drei besonderen Worte zu früh erwiderte. Doch in diesem Moment fühlte es sich einfach richtig an. Es war das, was mein Herz sprach, wenn Loona in meiner Nähe war. Ihr gestriges Verhalten zeigte mir, dass auch sie damit zu kämpfen hatte, vor allem sie. Diese Frau, die sich so lange vor sich selbst versteckt hatte und alles, was ihr zu nahe kam, wegstieß. Es ist Jahre her, dass es mir wie ihr ging. Die Angst, nicht lieben zu können oder mehr zu dürfen. Diese Zweifel in einem, wenn man glaubt, es nicht verdient zu haben. Aber sie hatte es verdient, genau wie ich es verdiente. Manche Dinge im Leben geschehen schnell und unerwartet, doch man sollte sich davor nicht verschließen und offen bleiben. Du weißt nie, wie sehr es sich positiv für einen auswirken könnte. Daher stehe ich zu diesen Worten, zu diesem Gefühl und zu ihr. Ich weiß, dass es sich jederzeit ändern kann, wenn die Presse Wind von uns bekäme, vor allem hier in L.A. Hier galt die Privatsphäre einer Person im öffentlichen Leben genauso viel wie die eines Hundes, der gegen einen Hydranten pinkelte.

Ich seufzte und nahm Loona vorsichtig in den Arm und küsste ihre Stirn. "Was ist los? Worüber denkst du nach?", fragte sie mich mit leiser Stimme und erwiderte meine Umarmung, so gut wie es mit ihrer verletzten Hand ging. Ich hatte es ihr schon vor dem Abflug erklärt, welche Bedenken ich hätte. "Ehrlich gesagt, über sehr viel", gestand ich mit tiefer Stimme. "Was macht dir Sorgen?", wollte sie wissen. "Ich frage mich, wie lange es noch so friedlich bleibt", begann ich und schaute seitlich in ihre Augen. "Friedlich?", wiederholte sie verwundert. "Ja. Wie lange wir zusammen sein können, ohne dass die Presse uns zerpflückt", sagte ich. Sie nahm etwas Abstand, und in ihrem Blick lag Besorgnis. "Zerpflückt?" Ich wusste, dass ich die falsche Wortwahl getroffen hatte und mehr Unsicherheit säte, als gut war. Erneut atmete ich tief durch. "Die Presseleute und Paparazzi sind hier anders, aufdringlicher, gnadenloser und gewissenloser. Sie tun alles, um an gute Bilder zu kommen oder Storys aus den Fingern zu saugen", fuhr ich fort.

"Ich bin durch die Jahre daran gewöhnt und kann es gut ignorieren. Auch die Personen, mit denen ich früher zusammen war, kamen alle aus dem Business und konnten ebenfalls damit umgehen", erzählte ich von der Schattenseite des Berühmtseins. "Was bedeutet das für mich?", ihre Stimme war leise und unsicher. "Ich weiß nicht, wie du damit umgehst, wenn die ersten Bilder von dir erscheinen und die wildesten Geschichten geschrieben werden, in welchem Verhältnis wir stehen", erklärte ich. Ihr Blick verdüsterte sich. "Dann sag doch einfach, dass wir zusammen sind!", meinte sie geradeheraus. "Glaub mir, wenn ich dir sage, dass es dann nur alles schlimmer macht. Sie versuchen dann über dich an mich heranzukommen. Sie bedrängen und sind rücksichtslos", erklärte ich. Die Besorgnis kehrte in ihren Augen zurück. Behutsam setzte sie sich auf und sah mich an. "Moon, ich leugne unsere Beziehung nicht, aber ich werde sie nicht in der Öffentlichkeit preisgeben, nur um dich zu schützen. Verstehst du das?"

Ich wusste nicht, ob ich alles schlimmer gemacht hatte und Zweifel in sie gestreut hatte. Aber dieser Teil gehört nun mal zu meinem Leben dazu. "Ist es so schlimm?", flüsterte sie, und auch ich setzte mich auf. Sanft nahm ich ihre Hand. "Ich will nicht lügen und auch nichts beschönigen. Es kann wirklich hart sein und vieles kaputt machen. Es ist nicht nur die Presse, sondern auch die Fans." Ihre Augen vergrößerten sich, und sie hielt für einen Moment die Luft an. "Und was machen die so?", hauchte sie ihre Frage ängstlich. Ich war mir unsicher, ihr das auch noch zu sagen, aber es musste sie darauf vorbereiten, was kommen würde. "Oft ist es Hass gegenüber der Person, mit der ich zusammen bin. Nicht alle Fans sind so. Viele freuen sich mit mir. Aber es gibt auch einige, die glauben, ich gehöre nur ihnen und dürfe keine Frau an meiner Seite haben. Sie drohen und sind beleidigend", sprach ich ehrlich zu ihr.

"Hör zu, Moon, ich weiß, dass es sich nicht toll anhört und auch beängstigend sein kann. Aber es gibt einen wichtigen Punkt und eine Regel, die hilft, damit umzugehen", sprach ich zu ihr und versuchte den Kloß wieder runter zu schlucken, der aufkam, als ich ihren Blick sah. "Lies nichts davon und glaub nichts davon." Ich drückte fest ihre Hand und hoffte, dass ich den Moment zwischen uns nicht zerstört hatte. Die Sekunden vergingen und durch ihr Schweigen fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. "Loona, sag bitte etwas", bat ich sie, als ich diese Stille nicht mehr aushielt. Sie seufzte und sah mich dann prüfend an. "Ich hatte keine Ahnung, was du ertragen musst, wenn du dich verliebst, oder auch nicht", begann sie leise. Mitleid lag in ihrer Stimme. "Obwohl du wusstest, was auf dich zukommen könnte, bist du mit mir ausgegangen und hast dich mit mir in der Öffentlichkeit sehen lassen", fuhr sie fort und biss sich kurz auf die Unterlippe. "Ist es dir egal, was alle sagen könnten, wenn sie das von uns erfahren?", wollte sie wissen und setzte sich im Schneidersitz.

"Ja, es ist mir egal. Ich will nicht mit dir zusammen sein, um die Aufmerksamkeit der Welt zu bekommen. Ich will mit dir zusammen sein, weil ich mich in dich verliebt habe. Ich liebe deine Art, deine Person und alles, was dich ausmacht. Es ist für mich, für mein Herz, für mein Leben. Da haben die Menschen da draußen nicht mit zu reden", sprach ich frei von meinem Herzen. "Du hast es in nur zwei Wochen geschafft, meine Seele zu heilen und hast mir gezeigt, wie sehr du für mich da bist. Dann will ich das auch für dich tun. Ich kann nicht versprechen, dass ich nichts davon lesen werde, wenn mir etwas unter die Nase kommt oder wenn mir etwas zu Ohren kommt. Dennoch will ich dem keinen Glauben schenken", sagte sie das ehrlich, das konnte ich klar heraushören. "Vielen Dank, Moon. Wenn dich die Unsicherheit packt oder die Angst, dann komm zu mir und rede", bat ich sie und umfasste ihr Gesicht. Sie nickte und sah von einem Auge zum anderen.

"Gibt es... schon Bilder... oder Artikel?", fragte sie nervös und legte ihre unverletzte Hand auf meinen Handrücken. "Nein, noch nicht. In London ist das auch ganz okay und ruhig. Aber hier in L.A. kann sich das aber schnell ändern", gab ich zu, worauf sie erneut nickte. "Okay. Heißt das, dass wir nichts mehr zusammen machen können?", fragte sie. Ich zog ihr Gesicht zu mir und küsste sie sanft. "Doch, das können und werden wir. Aber vielleicht nicht ganz so locker wie in England. Trotzdem können wir essen gehen oder einkaufen im Supermarkt. Aber irgendwann wird es nicht unbemerkt bleiben", erneut küsste ich sie. Sie verstand, was ich damit sagen wollte. "Ich weiß gar nicht, ob wir überhaupt dazu kommen. Die Arbeitszeiten meines Berufes sind wankelmütig oder mit Überstunden verbunden", da sprach sie einen guten Punkt an. Es war gar nicht klar, ob wir überhaupt Zeit füreinander hätten. Wir hatten uns im Urlaub kennengelernt, wo wir mehr als genug Zeit füreinander hatten. "Möchtest du es trotzdem mit mir versuchen? Auch wenn du weißt was auf dich zukommen könnte? Auch wenn wir nicht so viel Zeit haben?" Fragte ich leise und streichelte ihre Wange. Ich wusste nicht, ob sie wirklich bereit wäre dieses Risiko mit mir ein zugehen, oder ob ihr vertrauen in mich groß genug dafür.

Pillow Talk || H.S. [18+] || GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt