Loona
Das erste Mal seit vielen Monaten kamen meine Gedanke zur Ruhe. Ich fühlte mich befreit und seelische entlastet. Wir lagen, nach einer kleine Dusche in seinem Bett, bereit einfach einzuschlafen. Es war warm und weich. Seine Hand streifte meinen Arm auf und ab und brachte mir eine wohlige Gänsehaut. Doch so recht wollt es mir nicht gelingen. „Woran denkst Moon." Holte mich seine etwas raue und müde Stimme aus meinen Gedanken. Ich hob meinen Blick und sah, wie er bereits die Augen geschlossen hielt. „Ehrlich gesagt an nichts!" gab ich zu und lächelte. Etwas das ich überhaupt nicht als schlimm empfang. „Das klingt als wäre das etwas Gutes." Harkte er nach, öffnete die Augen und sah zu mir runter. Stumm nickend betätigte ich seine Vermutung.
„Es gab nicht viele Tage, an dem ich mal an nichts dachte. Es vermitteln ruhe und Sorglosigkeit." Erklärte ich ihm ruhig und platzierte einen Kuss auf seinem Oberkörper. „Ich denke es liegt daran das du mich aus dieser kleinen Dunklen Ecke meines Lebens geholt hast, und mich daran erinnert hast, wie es sich an fühlt im Licht zu baden." Er lächelte und küsste meine Stirn. „Das klang poetisch." Ich musste etwas lachen. „Ich bin genauso poetische wie eine Kartoffel, Harry." Wir lachten über diesen Vergleich und er drückte mich fest an sich. „Aber du hast eine feine Ader für Poesie im richtigen Moment." Sein Blick ruhte auf mir und das grün seiner Augen hielt mich gefangen. „Es gibt nichts schöner als den klang seiner Gefühle mit Worte zum Ausdruck zu bringen. Vor allem wenn das Herz und die Seele trauert."
Damit hatte er mich wieder zum Nachdenken gebracht. Ja, die Ehrlichkeit lag mir auf der Zunge, vor allen dann, wenn ich sauer oder genervt war. Ich hatte nie ein Problem, das auszusprechen was mich beschäftigte. Aber sie in der Form von Poesie zubringen kam mir in dem Sinn. Schon gar nicht, wenn ich traurig war. „Loona." Hörte ich seine Stimme und spürte seine Hand, die meine Arm fest drückte. Mein Blick war leicht verschwommen. Ich versuchte meinen Blick zu klären und blinzelte vermehrt, bis ich fühlte, wie sich ein Träne löste und meine Wange hinab ran. „Ich wollte nicht...." Ich stoppte ihn in seinen Satz, in dem ich meine Lippen auf seine drückte.
„Ist schon gut", beruhigte ich ihn und wischte schnell die Träne weg. „Du hast mir nur einen Denkanstoß gegeben. Ich sollte die Dinge, die mich beschäftigen, aufschreiben, meine Gedanken einfach niederschreiben", sprach ich leise und küsste seine Schulter. „Ich habe immer alles in mich reingefressen, weggesperrt und es hat sich angestaut. Sehr lange, bis es dann aus mir herausplatzt, worunter dann andere ungewollt leiden müssen." Kaum hatte ich das ausgesprochen, fiel mir der Moment ein, als ich Harry im Regen angeschrien hatte. „Dann besorg dir ein Notizbuch und trag es, wenn möglich, immer bei dir. Wenn dich dann ein Gedanke oder ein Gefühl überfällt, schreib es auf. Auch wenn es nur ein einziges Wort ist", riet er mir und drückte seine warmen Lippen gegen meinen Scheitel.
Ich nickte und stimmte seinem Vorschlag zu. Es war ein Weg für mich, mit all dem emotionalen Chaos in mir klarzukommen, es zu verstehen und zu reflektieren. „Das werde ich machen. Ich werde morgen einfach durch die Straßen von Hampstead laufen und mir in einem Buchladen oder Schreibwarenladen ein Notizbuch kaufen", mit diesem Ziel im Hinterkopf atmete ich tief durch. Meine Muskeln begannen sich immer mehr zu entspannen, wodurch ich anfing zu zucken. „Alles gut, Moon. Ich halte dich. Ich passe auf dich auf", hörte ich noch sein raues Flüstern an meinem Ohr. Mit diesem Säuseln als Hintergrundgeräusch, der Wärme und dem festen Griff um mich, fiel ich schnell und tief in einen Schlaf.
***
Sanftes Zwitschern holte mich aus meinem Schlaf. Ich drehte mich auf den Rücken und schnaufte mit geschlossenen Augen. Obwohl ich mich gut fühlte und auch ausgeruht war, nervte mich dieser hohe Ton. Genervt presste ich die Kopfkissenenden gegen die Ohren und brummte. Als mir klar wurde, dass ich nichts gegen diesen Krach machen konnte, ließ ich das Kopfkissen los. Hastig blinzelte ich, um mich an die Helligkeit im Schlafzimmer zu gewöhnen. „Warum sind die Vorhänge auf?", sprach ich verwundert zu mir selbst. In Zeitlupe drehte ich meinen Kopf zum Fenster. Es war so hell, dass ich kaum etwas erkennen konnte. Doch als das Fenster nun schemenhaft zu erkennen war, riss ich die Augen auf und saß zwei Sekunden später kerzengerade.
Das war nicht mein Zimmer, nicht meine Wohnung und nicht mein Bett. Ungläubig sah ich mich um und erkannte, dass ich alleine in diesem riesigen Bett lag. Verwundert drückte ich die Bettdecke an meinen Oberkörper. Doch dann prasselten die Erinnerungen der vergangenen Nacht wieder auf mich ein. Ich war bei Harry und hatte die Nacht mit ihm verbracht. Die Wärme schoss mir in die Wangen und ich versteckte mein Gesicht in meinen Händen. Wir hatten miteinander geschlafen. Für den Bruchteil einer Sekunde fragte ich mich, ob das eine Dummheit gewesen war. Doch ich schüttelte den Kopf. Egal ob Dummheit oder nicht. Es tat gut, dass ich mich mal hatte gehen lassen und mich dem hingegeben hatte, das mir gefiel.
Ich atmete tief durch und schwang die Beine aus dem Bett. Doch ließ ich mich gleich wieder nach hinten fallen und spürte diesen unverkennbaren Muskelkater, wenn man schon ewig nicht mehr so aktiv war und dabei sämtliche Muskeln beanspruchte. „Verdammter Mist. Das werde ich noch Tage lang spüren", nuschelte ich und quälte mich zurück in die sitzende Position. Als ich endlich meine Haltung wiedererlangt hatte, fiel mir erst bewusst auf, dass Harry gar nicht im Bett war. „Harry?" rief ich, aber meine Stimme war eher ein Kratzen, was er bestimmt nicht in dem weitläufigen Haus hören konnte. Mit etwas Schwung und angehaltenem Atem hüpfte ich aus dem Bett und hielt mich an der Bettkante fest.
Ich verharrte für ein paar Sekunden so und überlegte, ob es an meinem Alter lag oder an dem Alkohol von gestern. Ich musste dringend etwas trinken und schlich nur in meinem Slip ins Bad. Mir stellte sich die Frage, wo meine Klamotten waren. Mein noch intaktes Hirn war der Überzeugung, dass sie hier im Bad lagen, aber ich fand nur das Hemd von Harry. Ich verdrehte die Augen, schmunzelte und hob unter einem gequälten Stöhnen das Oberteil auf. „Ich bin zu alt für solche Nächte", witzelte ich und schlüpfte in den dünnen Stoff. Mit müden Fingern schaffte ich gerade mal drei Knöpfe zu zumachen und gab schnaufend auf. Grob kämpelte ich die Ärmel hoch und nährte mich dem Waschbecken. Erschrocken sah ich in den Spiegel und stellte mal wieder fest, dass ich morgens auf den Kopf aussah wie eine Vogelscheuche.
Unter leichten Muskelschmerzen band ich meine wilden Haare zu einem losen Dutt auf dem Kopf. „Nicht wirklich besser, aber erträglicher." Ich grinste, drehte den Wasserhahn auf und schöpfte mit meinen Händen etwas Wasser und trank es. Kühl und erlösend rann es meine trockene Kehle hinab. Ich wiederholte das ein paar Mal und erfrischte mein Gesicht mit dem kalten Nass. Meine Hand tastete nach dem Handtuch neben dem Waschbecken und tupfte das Restwasser ab. Endlich fühlte ich mich wacher und machte mich langsam auf die Suche nach Harry. Als ich das Bad verlassen hatte und fast die Schlafzimmertür erreichte, bemerkte ich den unwiderstehlichen Duft von Kaffee. „Uuuuuhh, Kaffeeeee", brummte ich mit tiefer Stimme und schlich durch den Flur. Dieser war hell erleuchtet durch die Sonnenstrahlen, die durch die gläserne Tür schienen.
Meine Füße schwebten sanft über den Boden, während meine Nase dem Geruch des Kaffees folgte. Am Türrahmen der Küche angekommen, wagte ich einen vorsichtigen Blick hinein. Durch das Küchenfenster strahlte Sonnenlicht auf den nackten Rücken von Harry. Dieser Anblick war echt ein Hochgenuss. Locker saß seine dunkle Hose auf den Hüften. Er schien etwas zu schneiden, da seine Rückenmuskeln unter seiner Haut sichtbar arbeiteten. Neben ihm auf der Arbeitsplatte stand eine dampfende Tasse Kaffee, die mich förmlich anzog, und ich konnte es kaum erwarten, selbst einen Kaffee zu trinken. Wie auf Zehenspitzen näherte ich mich Harry und schlang meine Arme von hinten um ihn.
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Pillow Talk || H.S. [18+] || German
FanfictionIn PILLOW TALK begleiten wir Loona, eine leidenschaftliche Krankenschwester, die mit den Schatten ihrer Vergangenheit kämpft. Nach einem schweren Autounfall, bei dem sie ihren Bruder verlor, ist sie von Schuldgefühlen zerfressen und unfähig, eine em...