Lavendel Kamillen Tee

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Harry

„Schau, hier sind die Sachen. Ich warte draußen auf dich. Lass die nassen Sachen einfach liegen. Ich kümmere mich darum." Sie war so klein und zierlich. Sah müde und verweint aus. Was musst ihre kleine Seele alles durchgestanden haben, dass sie so zusammenbrach. Ich half ihr auf und legte die trockenen Sachen auf den Rand des Waschbeckens. „Wenn was ist. Ruf. Okay?" Bot ich ihr an und verließ rückwärts das Bad.

Ich schloss die Tür, atmete tief durch und strich mir über die trocknen Sachen. Zum zweiten Mal musste ich mich umziehen. Ich lief zum Spiegelschrank und griff nach meinem Handy, was Loo mir brachte. Auf Socken. Durch das Gewitter. Als es in meiner Hand vibrierte, zuckte ich zusammen. Eine unbekannte Nummer erschien auf dem Display. Eine mit kalifornischer Vorwahl. Es konnte nur eine Person sein. Schnell nahm ich den Anruf an. „Oh Gott. Harry, bitte sag mir, dass sie noch bei dir ist." Hastig ertönte die Stimme von Soey. Sie schien krank vor Sorge zu sein. „Sie ist einfach losgerannt. Durch das Gewitter. Sie hasst Gewitter." Fuhr sie fort. „Soey ganz ruhig. Beruhige dich. Sie ist hier."

Erleichtert atmete sie auf. „Was ist passiert?" Wollte ich wissen und sie berichtete mir, was zuvor passiert war. „Okay. Wenn der Regen vorbei ist, bring ich sie wieder zu dir. Mach dir keine Sorgen. Ich pass auf sie auf." Versprach ich und legte auf. Kaum war der Anruf beendet, kam auch schon Loona aus dem Bad raus. Verlegen sah sie auf den Boden und versteckte ihre Hände in der langen Ärmel des viel zu großen Pullovers. „Ist es etwas besser?" Sie presste ihre Lippen aufeinander und nickte sachte. „D-danke Harry ... tut mir leid, das ich dich so aus dem Nichts angeschnauzt habe." Entschuldigte sie sich.

„Mach dir keinen Kopf, ich nehme es nicht persönlich. Komm, mach es dir auf dem Sofa bequem. Ich mach dir einen Tee, der dich wieder durchwärmt." Behutsam legte ich meine Hand auf ihren unteren Rücken und schob sie langsam Richtung Wohnzimmer. „Ich will dir nicht länger zur Last fallen. Ich sollte gehen." Meinte sie und hob die Hände. „Nun hör auf. Du bist keine Last, du bist mein Gast. Also setzt dich und versuch wieder etwas Ruhe in dein Inneres zu bekommen. Außerdem schüttet es draußen noch." Ich griff nach ihren Händen und hielt sie zwischen meinen. Die Kälte ihrer Fingerspitzen verursachten eine Gänsehaut auf meiner Haut.

Ihre angespannten Schultern senkten sich und ihre besorgten Gesichtszüge wurden weicher. Mit einer Hand hielt ich ihre fest und brachte sie zum Wohnzimmer. Ich bat sie, Platz zu nehmen und machte den Kamin an. Tee allein würde nicht reichen, um die Kälte aus ihren Knochen zu vertreiben. Mit einer schnellen Handbewegung zog ich die Decke von der Sofalehne und breitete diese über ihre Oberschenkel aus. „Genieß die Wärme. Ich geh in die Küche und mache uns Tee. Bin gleich zurück." Sanft klopfte ich auf ihr Knie und machte mich auf den Weg.

Als ich fast an ihr vorbei war, schnappte sie sich mein Shirt und zog daran. „Danke." Hauchte sie, ohne mich dabei anzusehen und ließ wieder los. „Gerne." Versicherte ich ihr und setzte meinen Weg zur Küche fort. Dieses Verhalten war mir nicht fremd. Ich kannte einige, die sich emotional zurückgezogen hatten und den Kontakt zu anderen Menschen mieden oder nur selten jemanden an sich heranließen. Und die ihre Trauer und Schmerz in sich vergruben, bis der sogenannte 'letzte Tropfen' das Fass zum Überlaufen brachte. Gekonnt fühlte ich den Wasserkocher, holte zwei Tassen aus dem Schrank und kramte in meinem Teesortiment nach einem passenden Tee. Ich entschloss mich, eine Mischung aus Kamille und Lavendel für uns zu zubereiten. Gut um angespannte Nerven zu beruhigen und innere Unruhe zu legen.

Der Duft von Lavendel reichte, um mich zu entspannen. Ich hoffte, dass es ihr auch so ergehen würde. Mit einem Löffel befüllt ich zwei kleine Teebeutel, legte diese in die Tasse und goss behutsam das sprudelnde Wasser über den Tee. Sofort erfüllte der Duft meine Küche, während draußen immer noch das Gewitter tobte. Ich stopfte mir einen Löffel und ein kleines Glas Honig in die Hosentasche und lief mit den Tassen und zwei Tellerchen zu Loona zurück.

Pillow Talk || H.S. [18+] || GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt