Harry
Die vergangenen Tage mit Loona waren wirklich unglaublich. Wir waren spazieren im Park, flitschten Steine über den See und versteckten uns in den Büschen vor Fans. Bei dieser Erinnerung musste ich leise auflachen. Mein Blick schweifte etwas verträumt durch den Garten. Genau zum Gartensofa, wo ich sie das erste Mal geküsst hatte. Aber das verging mir schnell wieder, denn in wenigen Stunden würde sich wieder alles ändern. Sie verließ London und irgendwie haben wir noch nicht darüber gesprochen, wie es für uns weitergeht. Ein genervter Seufzer entwich mir und ich sank in meinen Gartenstuhl zusammen. „Würdest du mich an deinen Gedanken teilhaben lassen, oder sitzen wir jetzt eine weitere Stunde schweigend nebeneinander?", hörte ich die leicht anklagende Stimme von James. „Tut mir leid, James."
„Sie fliegt heute wieder zurück?", fragte er leise und setzte sich auf, um mich prüfend anzusehen. „Habt ihr darüber gesprochen?", fuhr er fort, doch ich schüttelte nur meinen Kopf. „Wann geht ihr Flug?", fragte er weiter. „In gut 6 Stunden", flüsterte ich leise und spürte plötzlich Angst, dass ich sie nicht mehr wiedersehen würde. „Und warum sitzt du dann hier mit mir rum? Geh rüber, du Idiot, und kläre das, bevor noch Missverständnisse entstehen", fuhr er mich an und klappte mir sanft auf den Hinterkopf. Und er hatte recht damit. Wenn ich das nicht mit ihr kläre, könnte sie das Gefühl bekommen, nur benutzt worden zu sein. Das wollte ich nicht. „Ja, das sollte ich", antwortete ich und blickte zum Haupttor. „Mach es dir bequem. Du weißt, wo alles ist. Ich gehe schnell rüber", wies ich ihn hin, sprang von meinem Gartenstuhl auf und rannte zum Tor. „Ich bin gleich zurück", rief ich James noch zu und riss das Tor auf, um im gleichen Moment gegen jemanden zu stoßen.
„Tut mir leid. Das war keine... Soe?!" Mein Atem stockte, als ich sie vor mir sah. Was machte sie hier? „Harry... ich ähm." Begann sie zu stocken und rieb sich die Schulter, gegen die ich gestoßen war. „Ist was mit Loo?" Wollte ich wissen und hielt sie sachte an der anderen Schulter. Soe nickte. „Sie weinte seit Stunden und kommt nicht aus ihrem Zimmer." Mein Herz zog sich zusammen. „Gib mir die Schlüssel." Bat ich sie und hielt meine offene Hand hin. „Was?" kam es verwundert von ihr. „Die Schlüssel für die Tür." Lächelnd sah ich sie an. „Du bleibst hier. James ist im Garten. Ich gehe rüber und spreche mit Loona." Nickend stimmte sie zu, reichte mir die Schlüssel und trat an mir vorbei in den Innenhof. „James? Soe ist hier. Kümmere dich um sie. Ich bin gleich zurück!" rief ich ein letztes Mal und zog das Tor hinter mir zu.
So schnell mich meine Füße trugen, rannte ich zu Loonas Unterkunft. Die Besorgnis in Soes Augen gab mir ein flaues Gefühl. Ich wusste nicht, ob ich der Grund war, warum sie weinte, oder ob sie um ihren Bruder weinte. Es war mir nicht egal, sie war mir nicht egal, und ich wollte ihr nicht das Gefühl vermitteln, alleine damit zu sein. Nach wenigen Metern erreichte ich die Haustür und schloss diese hastig auf. Im langen Flur standen bereits die Koffer, aber ob es die von Soe oder Loona waren, wusste ich nicht. Dennoch krampfte mein Magen leicht bei dem Gedanken, dass sie abreiste. Langsam ging ich in die Richtung ihres Zimmers. Kurz bevor ich ihre Tür erreichte, hörte ich ihr schmerzliches Schluchzen. Es brach mir immer wieder das Herz, sie so zu hören. Behutsam klopfte ich an ihre Tür. „Soe, lass mich einfach in Ruhe!" drang ihre Stimme dumpf durch die Tür.
„Moon", sprach ich leise, um ihr verständlich zu machen, dass ich hier war und nicht Soe. Das Schluchzen verstummte, und eine drückende Stille kehrte ein. Ich klopfte erneut. „Moon, bitte mach auf", bat ich sie und wartete. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich das leise Klicken ihres Türschlosses. Ich trat einen Schritt zurück, als sich die Tür einen Spalt öffnete und dahinter das verweinte Gesicht von Loona auftauchte. Sofort machte ich mir mehr Sorgen. „Darf ich reinkommen?", fragte ich vorsichtig. Zögerlich nickte sie und öffnete weiter die Tür, damit ich reinkommen konnte. Kaum war ich drin, schloss sie die Tür wieder. Besorgt musterte ich sie. Es machte den Anschein, dass sie nicht nur geweint hatte, sondern auch die Nacht nicht geschlafen hatte. Ich konnte mich nicht länger zurückhalten und zog sie an ihrer Hand in meine Arme. Erst stand sie regungslos da und sagte keinen einzigen Ton. „Moon, was ist los? Was bedrückt dich?", kaum hatte ich dies ausgesprochen, schlangen sich ihre Arme um mich und sie begann erneut zu weinen.
„Bitte weine nicht, Moon. Ich bin hier. Was ist los?", wiederholte ich und rieb ihr beruhigend über den Rücken. Doch sie schaffte es nicht, ein Wort herauszubekommen. Also hielt ich sie einfach in meinem Arm, bis sie sich nach und nach beruhigte. „Geht es dir wieder besser?", wollte ich von ihr wissen und schob sie sanft von mir weg, nur so weit, dass ich ihr ins Gesicht sehen konnte. Ihre Augen waren stark gerötet und geschwollen, auch ihre Wangen waren rot, und Tränen rollten über ihre Haut. Mit meinen Daumen wischte ich sie weg und küsste ihre Stirn. „Du kannst mit mir über alles reden, Moon", versicherte ich ihr und lief mit Loona zum Bett. Ich setzte mich mit ihr auf die Bettkante und nahm ihre Hand in meine. Ich wollte wissen, was in ihr vorging, was ihr solchen Kummer bereitete. „Ich... ich habe Angst", kam es leise von Loona. Beschützend legte ich meinen Arm um sie und zog sie näher an mich heran.
Angst kann sich auf verschiedenste Weise zeigen: durch Rückzug, Panikattacken, Leugnung oder durch emotionalen Ausbruch. „Wovor hast du Angst, Moon?" Es schien ihr nicht leicht zu fallen, darüber zu sprechen. Sie blickte auf ihre Oberschenkel und vermied es, mich anzusehen. Sanft drückte ich ihre Hand und zeigte ihr damit, dass es okay sei, mir davon zu erzählen. "Ich... ich habe Angst, wenn ich nach L.A. zurück... zurückreise, dass ich... dass alles wie... vorher wird", kam es mit rauer Stimme von ihr. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Das war es also, was sie so aus der Bahn warf. Die Angst, dass sie sich wieder verschließen könnte. "Moon, das wird nicht passieren", versicherte ich ihr mit ruhiger Stimme. Genau in dem Moment sprang sie auf und lief vor mir auf und ab. "Woher willst du das wissen, Harry?", sprach sie nervös. "Weil du das selbst gar nicht willst", antwortete ich ihr und stand ebenfalls auf. Sie stoppte und sah mich an. "Wie kannst du dir da so sicher sein?", wollte sie nun wissen.
"Weil du begonnen hast, dir selbst zu verzeihen", begann ich zu erklären und machte einen Schritt auf sie zu. "Du hast angefangen, dich zu öffnen, zu reden, zu akzeptieren und zu genießen. Warum solltest du das jetzt alles wieder wegschmeißen?", fragte ich sie und griff nach ihrer Hand. Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass ich recht hatte. "Weil...", begann sie und senkte wieder ihren Blick. Da war noch mehr. Das war nicht der eigentliche oder einzige Grund. "Weil was?", fragte ich nach und hob ihr Kinn sanft an. "Loona, was ist der Grund, dass du so weinst?", bat ich sie mit leiser Stimme und strich über ihre Wange. "Weil du hier sein wirst... und ich dort", kam es geflüstert von ihr. Da lag also das Problem. Ich lächelte sie sanft an und umfasste ihr Gesicht, als ich tief in ihre Augen sah. Und da war der Moment, den wir in unserer gemeinsamen Zeit nicht zur Sprache brachten. Was würde mit uns passieren? Ich mochte Loona und ich wollte sie nicht gehen lassen. Mit ihr an meiner Seite war alles anders. Sie konnte aufbrausend und dickköpfig sein, aber auch genauso verletzlich und voller Liebe. „Moon. Das zwischen uns wird hier nicht enden", lächelte ich sie an. „Das ist das Letzte, was ich will. Es war dumm von mir, nicht mit dir zu reden, wie es weitergeht", entschuldigte ich mich. „Aber dir muss klar sein, dass es in L.A. nicht so ruhig wie hier in London laufen wird. Dort wird es nur noch wilder. Verstehst du das?" Zaghaft nickte sie. „Ja, ich verstehe."
Sie legte ihre Hände auf meine. „Sehen wir uns trotzdem?" wollte sie wissen und ich nickte. „Darf ich dann immer noch küssen?" folgte die nächste Frage. „Natürlich darfst du mich küssen, Moon", ich holte tief Luft. „Was ich sagen will ist, ich bin bereit. Aber bist du bereit? Die Leute werden uns folgen, Kameras auf uns halten, uns Löcher in den Bauch fragen und es werden Artikel über uns erscheinen. Bist du bereit, das zu ertragen?" fragte ich sie direkt. Mein Blick wurde ernster und sie hielt meinen Blick stand. „Es wird Momente geben, die nicht einfach sein werden. Die dich auch verletzen könnten", sie schloss kurz die Augen und streichelte mir über den Handrücken.
„Du hast meine Verletzlichkeit kennengelernt, Harry. Und du hast es geschafft, diese Wunde zum Heilen zu bringen. Also glaube ich, dass ich schaffen werde, damit umzugehen, solange ich dich an meiner Seite habe", kam es leise von ihr. „Also bist du bereit?" Sie nickte entschlossen. „Dann lass uns gemeinsam nach L.A. fliegen", schlug ich vor. Ihre Augen wurden größer und sie schien den Atem anzuhalten. „Ge... gemeinsam?" Meine Mundwinkel hoben sich und mein Daumen strich über ihre Wange. „Ja, gemeinsam. Ich habe nicht nur hier ein Haus, sondern auch in den Hills", lachte ich leise auf.
Ich hoffte, ihr damit den Kummer genommen zu haben. Dass ihre Tränen nun trocknen würden. Natürlich freute ich mich darauf, diese Reise mit ihr anzutreten, trotzdem blieb diese kleine Ecke in meinem Herzen mit meiner eigenen Besorgnis. Wäre es mir leichter gefallen, wenn wir hier in London geblieben wären. Aber in L.A. würde es schwieriger werden, ihr die Sicherheit zu geben, die sie brauchte. Doch jetzt war es wichtiger, sie wieder glücklich zu sehen und mehr über sie und ihr Leben zu erfahren. „Dann ist das abgemacht. Wir fliegen zusammen zurück", wiederholte ich und küsste sie. Die Spannung in ihren Schultern ließ nach und Loona erwiderte den innigen Kuss.
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Pillow Talk || H.S. [18+] || German
FanfictionIn PILLOW TALK begleiten wir Loona, eine leidenschaftliche Krankenschwester, die mit den Schatten ihrer Vergangenheit kämpft. Nach einem schweren Autounfall, bei dem sie ihren Bruder verlor, ist sie von Schuldgefühlen zerfressen und unfähig, eine em...