Kapitel 24 - Samu (Zeitsprung)

5 1 0
                                    

Samu - Part 24 (Zeitsprung)

Mittlerweile sind ca. 2 Wochen vergangen, aber natürlich möchte ich euch nicht vorenthalten, was alles so passiert ist. Und leider ist es wirklich viel für so eine kurze Zeit. Nach meinem Auftritt in Seinäjoki, wo ich meinen Nervenzusammenbruch hatte, hatte ich Gott sei Dank eine gute Woche frei. Na ja, was bedeutet frei - in den seltensten Fällen habe ich wirklich frei, aber ich verbrachte ein paar Tage im Hipko, um mich etwas abzureagieren und auf die Prüfung zum nächsten Gürtel vorzubereiten. Auch verzog ich mich zwischendurch ins Studio, um an neuen Songs zu arbeiten, während Amia sich in ihr Studium vertiefte, um Rechtsanwältin zu werden. Die Abende verbrachten wir aber stets gemeinsam, um uns inmitten des Stresses nicht aus den Augen zu verlieren. Doch dann fingen die Probleme plötzlich an. Amia wirkte müde, abgeschlagen und kämpfte mit depressiven Verstimmungen. Anfangs schob ich es auf den Unistress, doch als sie nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte, wusste ich, dass etwas Ernsthaftes nicht stimmte. Dazu kamen weitere Symptome wie starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Gewichtszunahme und sie hatte häufiger das Gefühl zu ersticken, als würde ihr jemand den Hals zudrücken. Als ihre Periode ausblieb, dachten wir zuerst, Amia sei schwanger, was mich sehr gefreut hätte, muss ich soeben etwas lächeln - doch die Tests waren leider allesamt negativ. Eines Morgens, als es ihr wiederholt schlechter ging und sie nur noch weinte, überredete ich sie mehr oder weniger gegen ihren Willen, zum Arzt zu gehen. Nach umfassenden Untersuchungen wurde bei ihr Hashimoto diagnostiziert, eine unheilbare Autoimmunerkrankung. Das riss uns wirklich für einen Augenblick den Boden unter den Füßen weg. Natürlich erkläre ich euch kurz, was das ist. Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem irrtümlicherweise die Schilddrüse angreift. Dies führt zu einer Entzündung der Schilddrüse und kann letztendlich zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führen. Die Symptome sind komplex, manche spüren auch kaum bis nichts. Meine Amia allerdings hat es ganz schön erwischt. Die Krankheit erfordert lebenslange Behandlung mit Schilddrüsenhormonen, um den Hormonspiegel auszugleichen und die Symptome zu kontrollieren. Amia muss nun also lebenslang Medikamente nehmen und regelmäßig zur Blutentnahme und zum Endokrinologen gehen, da sie auch kleine Knoten an der Schilddrüse hat, die beobachtet werden müssen. Da immer eine kleine Gefahr besteht, dass diese Knoten zu bösartigen Tumoren werden. Die Einstellung der Medikamente gestaltete sich schwierig, und Amia hatte stark damit zu kämpfen. Doch mittlerweile hatte sie sich einigermaßen daran gewöhnt. Ab und zu vergisst sie, dass sie ab sofort jeden Tag das Medikament nehmen muss. Aber dafür hat sie ja mich. Ich erinnere sie regelmäßig daran. Es gibt jedoch immer noch Tage, an denen es ihr nicht gut geht, und ich mache mir wirklich große Sorgen um sie. Um sie zu unterstützen und für sie da zu sein, schaufelte ich mir ein paar Tage frei, um mit ihr übers Wochenende wegzufahren. Diese Zeit zu zweit war wichtig, um sich zu entspannen und sich gegenseitig zu stärken. Wir verbrachten die Zeit mit Lulu in unserem Mökki - Amia ist gerne dort, wenn sie könnte, wie sie wollte, würde sie am liebsten komplett dort bleiben. Aber das geht natürlich nicht. Wir waren oft an der frischen Luft und genossen die Natur, unternahmen Spaziergänge im Wald und am Seeufer. Ich kümmerte mich darum, dass Amia genug Ruhe bekam und sich nicht überanstrengte. Außerdem achtete ich darauf, dass sie regelmäßig ihr Medikament einnahm. Wir sprachen viel über ihre Gefühle und Ängste im Zusammenhang mit ihrer Krankheit, und ich versicherte ihr immer wieder, dass ich für sie da bin, egal was passiert.
Auch ich las mich ein wenig in diese Krankheit ein, unterbrach es aber schnell wieder, da es halt einfach neben der Hauptkrankheit zu viele weitere gibt, die hinzukommen können. Am meisten beunruhigte mich die Tatsache, dass ihr Krebsrisiko höher als bei gesunden Menschen ist. Ich will mir darüber gar nicht so viele Gedanken machen, aber was ist, wenn... Nein, ich schiebe den Gedanken schnell wieder beiseite. Zurück zu Hause half ich ihr bei alltäglichen Aufgaben und sorgte dafür, dass sie sich nicht überforderte. Ich unterstützte sie dabei, eine gesunde Lebensweise zu führen, indem ich sie bei einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger Bewegung unterstützte. Darüber hinaus suchten wir gemeinsam nach Möglichkeiten, Stress zu reduzieren und Entspannungstechniken zu erlernen, die ihr helfen konnten, mit den Herausforderungen umzugehen. Ich stehe ihr bei jedem Schritt ihres Kampfes mit der Krankheit leben zu müssen, zur Seite und mache ihr immer wieder klar, dass sie nicht alleine ist. Unsere Liebe und Unterstützung füreinander hilft uns, gemeinsam durch diese schwierige Zeit zu gehen. Nach meinen Auftritten in Tampere & Lahti musste ich kurzfristig für ein paar Tage nach Stockholm, um einige Musikproduktionen mit Viktor und Mary zu erledigen. Es war eine stressige Zeit, aber ich versuchte, mich nicht zu sehr von meiner Sorge um Amia ablenken zu lassen. Ich wusste, dass ich stark sein musste, um für sie da zu sein und gleichzeitig meine beruflichen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Tage vergingen, und trotz der Herausforderungen, denen wir uns stellen mussten, fanden Amia und ich immer wieder Zeit füreinander. Natürlich, war sie wie immer bei jedem Auftritt an meiner Seite, aber nicht mehr an der Bar, sondern neben der Bühne - diesmal war sie es nämlich, die meine Nähe benötigte und den Trubel vor der Bühne nicht mehr ertragen konnte. Aber so war es mir auch lieber, da ich und auch Mikko sie besser im Auge behalten konnten. Wir müssen lernen, mit ihrer Krankheit umzugehen und uns gegenseitig zu unterstützen. Ich bin fest entschlossen, Amia in jeder Hinsicht beizustehen, sei es bei ihrem Studium, ihrer Gesundheit oder einfach als Partner an ihrer Seite. Die Band arbeitete auch hart daran, unsere Musik zu perfektionieren und das Publikum zu begeistern. Doch trotz des Trubels der Tournee war mein Gedanke oft bei meiner Süßen. Amias Gesundheit war nach wie vor eine große Sorge für mich. Sie hatte gute Tage, an denen sie voller Energie war und das Leben in vollen Zügen genießen konnte. Doch es gab auch Tage, an denen sie sich erschöpft fühlte und von den Symptomen ihrer Krankheit geplagt wurde. An solchen Tagen versuchte ich, so gut wie möglich für sie da zu sein. Ich brachte ihr Tee ans Bett, machte ihr leichte Mahlzeiten und gab ihr die Unterstützung, die sie brauchte, um durch den Tag zu kommen. Trotzdem merkte ich, dass Amia sich veränderte. Sie war nicht mehr die lebensfrohe, energiegeladene Frau, die ich kennengelernt hatte. Die Krankheit hatte ihren Tribut gefordert, und Amia kämpfte täglich darum, ein normales Leben zu führen. Ich bewunderte ihre Stärke und ihren Kampfgeist, aber gleichzeitig brach es mir das Herz zu sehen, wie sehr sie litt.
Die Tournee brachte auch ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Reisen, wenig Schlaf und der ständige Druck, auf der Bühne zu stehen und zu performen, zehrten an meinen Kräften. Doch jedes Mal, wenn ich die Bühne betrat und die Musik erklang, fand ich Trost und Zuflucht in den Songs, die ich schrieb. Die Energie des Publikums und die Leidenschaft, die ich für meine Songs empfand, halfen mir, meine eigenen Ängste und Sorgen für eine Weile zu vergessen. Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass sich Zweifel in meinem Kopf breit machten. War ich gut genug? Konnte ich die Erwartungen meiner Fans erfüllen? War meine Musik noch relevant? Diese Fragen nagten an mir, besonders wenn ich an Amias Zustand dachte. Ich fühlte mich machtlos, unfähig, ihr die Hilfe zu geben, die sie wirklich brauchte. Aber jetzt neigt sich die Tournee langsam dem Ende zu, nur noch ein Gig. In meiner Heimatstadt Helsinki. Das ist noch mal was ganz anderes, ein ganz anderes Gefühl. Die Vorfreude und Aufregung steigen, als wir uns auf den letzten Gig vorbereiten. Es ist ein besonderer Moment für mich, denn hier bin ich aufgewachsen und habe meine ersten Schritte in der Musik gemacht. Die Gedanken an Familie, Freunde und all die Erinnerungen, die mit dieser Stadt verbunden sind, durchströmen meine Gedanken. Aber auch ich spüre, wie die Erschöpfung mich manchmal übermannt. Ich sehne mich nach Ruhe, nach einem Moment der Stille, in dem ich einfach nur ich sein kann, ohne mich um die Welt um mich herum kümmern zu müssen. Doch bevor ich mich ausruhen konnte, gibt es noch diese letzte Show...

home ist here - home is youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt