Kapitel 37 - Samu (Rückblick)

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Samu - Part 37 (Rückblick)

Nachdem Carinja das Weite gesucht hat und mir keine Chance mehr gegeben hat, mich und mein Verhalten von damals zu erklären, lasse ich seufzend meinen Kopf hängen und fahre mir mit meinen Fingerspitzen verzweifelt durch mein Haar. F*ck, wieso musste ich mich damals ihr gegenüber wie der letzte Arsch verhalten? So dumm wie es sich jetzt auch anhört, wenn man bedenkt, wie weit ich es heute geschafft habe, bereue ich an manchen Tagen, diesen Schritt überhaupt jemals getan zu haben. Ich habe so viele Menschen verletzt und wie Dreck behandelt. Menschen, die es gut mit mir meinten, im Stich gelassen, weil mir irgendwie alles zu Kopf gestiegen ist. Tief durchatmend schließe ich für einen Moment meine Augen und öffne dann die Fahrertür von Bemu. So gern wie ich ihr jetzt auch nachfahren würde, um diese Sache zwischen uns zu klären, lastet leider der Zeitdruck auf mir - ich muss los. Heute ist der letzte Auftritt. Aber ich werde euch, solange ich unterwegs bin, erzählen, was damals passiert ist. - Der Abend, der so harmlos begonnen hatte, entwickelte sich schnell zu einer Bühne für mein grausames Schauspiel. Ich, Samu, der charismatische Frontmann von Sunrise Avenue, wusste, wie man die Menge unterhält, und heute Abend hatte ich beschlossen, dass Carinja mein Ziel sein sollte. Beziehungsweise war sie mein Opfer. Als ich Carinja in der Menge erblickte, konnte ich ihre Unsicherheit förmlich spüren. Sie war immer so schüchtern, immer im Hintergrund, bloß nicht zu sehr auffallen. Aber heute, heute Nacht, wird sich alles um sie drehen, heute Nacht wird die Welt Carinja kennenlernen und so schnell auch nicht mehr vergessen, rieb ich mir in Gedanken die Hände. Ich hatte bemerkt, wie sie mich und Osmo aus der Ferne beobachtete, ihre Augen voller Bewunderung. Es war einfach zu verlockend, sie aus ihrer nicht-auffallen-Komfortzone zu locken.
"Hey, Osmo, sieh mal da drüben. Unsere liebe Carinja hat sich heute Abend auch unter die Leute gemischt", sagte ich und deutete mit einem spöttischen Lächeln in ihre Richtung.

"Oh ja, da ist sie ja. Sie sieht aus, als ob sie jeden Moment weglaufen möchte.", murmelte der Keyboarder und folgte meinem Blick. "Das könnte man ändern", erwiderte ich mit einem teuflischen Glitzern in den Augen. Ich wusste, dass Osmo ein guter Mitspieler in diesem grausamen Spiel sein würde. Wir verstanden uns blind, wenn es darum ging, jemanden auf die Schippe zu nehmen. Als Carinja sich uns also näherte, konnte ich ihre Unsicherheit fast riechen. Es war, als ob sie ein verletztes Reh wäre, das sich in die Höhle der Löwen gewagt hatte. Ich wartete, bis sie in Hörweite war, dann legte ich los. "Hey, was geht ab?", fragte sie vorsichtig, als sie zu uns stieß und schaute zwischen uns beiden hin und her. Gott, das wird ein Spaß. Ich drehte mich mit einem breiten Grinsen um und schaute auf sie herab. "Ach, nur ein kleines Geheimnis, das ich Osmo gerade verraten habe", entgegnete ich schulternzuckend, während sich ihre Augen vor Neugier und Angst weiteten. Das war der Moment, auf den ich gewartet hatte. "Was für ein Geheimnis?", fragte sie mit zitternder Stimme. Osmo lachte und warf ihr einen spöttischen Blick zu. "Nur etwas über deine geheimen Gefühle für mich, Carinja. Anscheinend bist du in mich verknallt.", konnte ich sehen, wie sich ihre Wangen vor Scham röteten. Das war der erste Schlag. Nun war es Zeit, nachzulegen. "Aber sicher doch! Carinja, die stille Verehrerin von Osmo. Wer hätte das gedacht?", lachte ich fies. Ich sah, wie die Menschen um uns herum begannen zu tuscheln und zu lachen. Das Gefühl der Macht war berauschend. Ich liebte es, die Kontrolle zu haben, die Fäden in der Hand zu halten und die Reaktionen der Menschen zu manipulieren. Carinja versuchte, sich zu verteidigen, aber ihre Worte waren kaum hörbar. "Hört auf, das ist nicht lustig", flüsterte sie, doch niemand schenkte ihr Beachtung. Warum auch, schließlich bin ich der, der die Strippen zieht. Das Spiel war in vollem Gange, und ich war wie immer der Meister des Abends. Ich konnte einfach nicht widerstehen und zückte mein Handy, um alles Weitere zu filmen. "Oh, das ist zu gut, das muss ich festhalten", sagte ich mit einem breiten Grinsen.

Die Vorstellung, dieses Video online zu stellen und die Reaktionen zu sehen, erfüllte mich mit einer sadistischen Freude. "Los, Carinja, sei nicht so schüchtern", drängte mein Kumpel weiter und machte einen Schritt auf sie zu. Ich konnte sehen, wie sie zurückwich, die Angst in ihren Augen war offensichtlich. Es war fast zu leicht. Die Menge johlte und lachte, während Osmo immer näher kam. "Komm schon, nur ein kleiner Kuss", sagte er mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen. Ich hielt das Handy hoch und filmte weiter. "Das wird ein Hit auf YouTube, das schwöre ich." Die Menschen um uns herum machten mit, sie waren wie hungrige Wölfe, die Blut gerochen hatten. Carinja stand da wie ein verängstigtes Kaninchen, und ihre Augen glänzten vor Tränen. Verdammt ja, genau das liebe ich. Dieses Gefühl, unantastbar zu sein, mir alles erlauben zu können ohne Rücksicht auf Verluste. "Nein, bitte, hört auf", flüsterte sie, doch ihre Worte gingen in dem Lärm der Party unter. Ich genoss jede Sekunde davon. Es war, als ob ich eine unsichtbare Krone trug, die mir die Macht gab, über das Schicksal anderer zu bestimmen - und genau so war es auch. Ich durfte alles tun und lassen, was ich wollte, und die Fans, überwiegend Weiber, lagen mir zu Füßen. Plötzlich spürte ich eine Welle von falschem Mitgefühl in mir aufsteigen, und ich legte eine Hand auf ihre Schulter. Ich konnte einfach nicht widerstehen, musste ihr mein falsches Spiel mit ihr aufdrängen. "Komm schon, Carinja, lass uns Freunde sein. Ich wollte dich nicht verletzen", lächelte ich sanft. Ihre Reaktion war Gold wert. Ihre Augen blitzten vor Wut, und sie konnte den Ekel kaum verbergen. "Freunde? Nach all dem? Ihr habt mich bloßgestellt vor all diesen Leuten, mich zum Gespött gemacht!" musste ich innerlich über ihre Worte lachen. "Ach komm schon, Carinja, sei nicht so empfindlich. Es war doch nur Spaß." - "Spaß? Für euch vielleicht! Ihr habt keine Ahnung, wie sehr ihr mich verletzt habt!", schrie sie uns an, und der Keyboarder fing laut an zu lachen. "Ohhh, tut mir leid, kleine Carinja. Wir wussten nicht, dass du so empfindlich bist.", spürte ich die Wut in ihren Worten und es war, als ob ich ein Feuer entfacht hätte.

"Ihr seid feige Arschlöcher, die sich über andere lustig machen, um sich besser zu fühlen!" Und f*ck, ich konnte nicht anders, als das triumphierende Gefühl zu genießen, während die Menge weiter jubelte und lachte. Carinja war gebrochen, und ich war derjenige, der es getan hatte. Es war der ultimative Beweis meiner Macht und meines Einflusses. Ich beobachtete, wie sie schließlich davonlief, die Tränen flossen unaufhaltsam über ihr Gesicht. Der Abend war für mich ein voller Erfolg. Ich hatte sie nicht nur gedemütigt, sondern auch die Kontrolle bewiesen, die ich über andere ausüben konnte. Für mich war es mehr als nur ein harmloser Spaß, es war ein Triumph der Manipulation und des Machtspiels. Und ich liebte jede verdammte Sekunde davon. - Tja, damals vielleicht. Ich sagte ja, mir ist anscheinend alles zu Kopf gestiegen. Wie konnte ich ihr nur so wehtun? Ich verstehe, wieso sie mich noch immer hasst. Jetzt, wo ich an mein widerliches Verhalten von damals zurückdenke, kann ich mich selbst schon wieder nicht leiden. Was war nur mit mir los? Wieso verdammt, habe ich sie so behandelt? Sie hat mir nie etwas getan. Ganz im Gegenteil, sie war immer an unserer Seite, hielt uns den Rücken frei und war unersetzlich für das gesamte Team. Manchmal trug sie auf ihren kleinen Schultern weit aus mehr Verantwortung, als ein einzelner Mensch überhaupt tragen sollte, und dann tue ich ihr so etwas an? Ich muss wirklich versuchen, das wieder geradezubiegen. Keine Ahnung, ob sie mir jemals verzeihen kann, trommle ich nervös mit meinen Fingern auf dem Lenkrad herum, aber ich bin ihr wenigstens eine Entschuldigung schuldig. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.

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