Kapitel 46 - Carinja

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Carinja - Part 46

Der Tag in der Kita war anstrengend und ermüdend. Ich sitze noch einen Moment in meinem Auto und lasse den Tag Revue passieren, während ich tief durchatme. Die Kinder halfen mir, meine Gedanken von dem verdammten Aufeinandertreffen mit Samu abzulenken. Doch jetzt, in der Stille und Ruhe dieses Moments, kommen all die Erinnerungen wieder hoch: der Autounfall, mein Wutausbruch, die Vergangenheit. Ich balle meine Fäuste und schlage auf das Lenkrad. Es fühlt sich an, als wären diese Wunden nie, wirklich niemals, verheilt - als hätte sich all das erst vor ein paar Stunden ereignet, als wären diese Schikanen aus der Vergangenheit noch frisch. Ich atme tief durch, schnalle mich ab und öffne die Autotür. Langsam steige ich aus und meine Hand ruht auf dem Autoschlüssel. Für einen Moment zögere ich, bevor ich den Knopf drücke, der das Auto schließlich sicher verschließt. Mein Blick fällt auf ein paar Schrammen am Wagen, die mir gar nicht gefallen. Wie soll ich das bloß Victor erklären? Victor... Ihr fragt euch bestimmt, wer das ist. Vielleicht kennt ihr ihn sogar: Victor Thell, vom schwedischen Duo Smith & Thell. Er ist ein bekannter und angesehener Texter, Komponist, Songwriter und erfolgreicher Sänger. Die Musikbranche hat es mir wohl irgendwie angetan, verdrehe ich errötend meine Augen. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich daran denke, dass ich ihn gleich in die Arme schließen kann, und streiche mir verträumt durchs Haar. Ach ja, Ihr wollt bestimmt auch wissen, warum Smith und Thell? Smith, das ist Maria (wir nennen sie Mari) Jane Smith, eigentlich Victors Ex-Freundin. Die beiden sind inzwischen nur noch beruflich miteinander verbunden und arbeiten zusammen. Aber genug davon, beiße ich mir lächelnd auf meine Unterlippe und merke gar nicht, dass ich während meiner Erzählung bereits an der Wohnungstür angekommen bin. Noch immer ein wenig in Gedanken versunken, schließe ich die Tür auf und spüre sofort den Gegensatz zwischen dem hektischen Alltag in der Kita und der Ruhe hier zu Hause. Die Kälte des Abends dringt durch meine Kleidung und lässt mich frösteln.

Meine Gedanken wandern erneut zu Samus Gesicht - der Schmerz und die Überraschung in seinen Augen, als er mich sah. Warum musste er ausgerechnet jetzt wieder in meinem Leben auftauchen, gerade als ich dachte, ich hätte die Vergangenheit hinter mir gelassen? Mit einem wütenden Gedanken werfe ich meine Tasche in die Ecke und ziehe hastig meine Jacke aus. Vic - so nenne ich ihn - sitzt im Wohnzimmer und liest. Als er mich sieht, legt er das Buch sofort beiseite und lächelt mich mit seinen atemberaubend tiefen Augen an. Sein Blick wandelt sich jedoch im Bruchteil einer Sekunde von einem erwartungsvollen zu einem besorgten Ausdruck, als sich unsere Blicke treffen. "Hey, wie war dein Tag?", fragt er sanft, während er auf mich zukommt. Seine Stimme ist warm, aber ich merke, dass mein Gesicht die Schwere meiner Gedanken verrät. "Es.. Es war okay", antworte ich und versuche, ein Lächeln aufzusetzen. "Nur ein langer Tag.", murmle ich weiter und gehe in die Küche um mir mit zitternden Händen ein Glas Wasser einzuschenken. Als ich mich umdrehe, steht Vic plötzlich vor mir, legt behutsam seine Hände auf meine und streicht mir anschließen sanft über die Wange. "Hey..", haucht er leise, als er mir mit seine andere Hand das Glas aus meinen zitternden Händen nimmt und es zur Seite stellt. Sanft zieht er mich näher zu sich und gibt mir einen zarten Kuss. Genießend seufze ich gegen seinen Mund und spüre wie die Anspannung ein wenig nachlässt. Nachdem sich unsere Lippen voneinander lösen, fragt er vorsichtig: "Was ist los, Cari? Du siehst aus, als ob etwas nicht stimmt." - "Es ist nichts, wirklich. Nur ein langer Tag", wiederhole ich, merke aber, dass meine Stimme schwach sowie auch unglaubwürdig klingt und vermeide es sogar ihm in die Augen zu blicken. Vic seufzt und hebt mein Kinn, damit ich ihm wieder in die Augen sehen muss. "Ich kenne dich. Da ist mehr als nur Müdigkeit. Bitte, sprich mit mir." Sein Blick ist so einfühlsam, dass es mir fast das Herz bricht, ihm nichts sagen zu können. Er weiß von meiner Vergangenheit mit Samu, aber ich habe ihn nie mit den Details belastet. "Es ist wirklich nichts", versuche ich es erneut, diesmal aber mit einem mühsamen Lächeln.

"Ich bin wirklich nur müde.", zieht er mich nun erneut in eine sanfte Umarmung. "Hmm..", murmle ich mit geschlossenen Augen und schlinge meine Arme um seinen Oberkörper.
"Okay, aber wenn du reden willst, bin ich hier.", küsst er sanft meine Stirn. Ich lehne mich dicht an ihn, während seine Hand beruhigend meinen Rücken streichelt. Die Berührung ist wohltuend, doch die Gedanken an das Treffen mit Samu bleiben hartnäckig in meinem Kopf. "Warum gehen wir nicht ins Wohnzimmer und entspannen uns ein bisschen?", schlägt Vic vor. "Vielleicht schauen wir einen Film oder so?", funkeln seine Augen, ehe er meine Hand nimmt und sanft über meine Fingerspitzen streicht. "Ja, Klingt gut", flüstere ich und folge ihm ins Wohnzimmer. Unter sanften Küssen, die sich von der Küche bis ins Wohnzimmer ziehen, lassen wir uns langsam auf der Couch nieder. Noch ehe wir sitzen, unterbricht er den Kuss. "Moment, Prinzessin, jemand muss doch den Fernseher einschalten", grinst er mich frech an und löst sich für wenige Sekunden von meinen Lippen. Mit einem breiten Lächeln verdrehe ich die Augen und beobachte seine Handbewegungen. Langsam wechselt sein Blick zwischen Fernseher und mir hin und her, als wolle er sicherstellen, dass ich ihn keine Sekunde aus den Augen lasse. "Halt! Das... das ist gut", sage ich und deute auf den Fernseher. "Okay", lächelt er, legt die Fernbedienung ab, lehnt sich auf der Couch zurück und streckt mir seine Hand entgegen. "Komm zu mir." Verträumt seufzend reiche ich ihm meine Hand, die er sanft umschließt, um mich anschließend zu sich zu ziehen. Ich drehe mich mit dem Rücken an seinen Oberkörper und greife nach seinen Händen, als seine Arme mich umschlingen. Sein Körper strahlt eine besondere Wärme aus, die mich erleichtert tief durchatmen lässt. Mit seiner Hand wandert er sanft über mein Gesicht und streichelt behutsam meine Wange. "Alles wird gut", flüstert er gegen mein Ohr und küsst sanft mein Haar. "Ich bin hier." Meine Atmung wird ruhiger, und ich fühle, wie sich meine Gesichtszüge allmählich entspannen. Der Film läuft im Hintergrund, doch unser Fokus liegt nur auf der Wärme und Geborgenheit, die wir miteinander teilen.

Die Welt draußen wird immer unwichtiger, je mehr wir uns in diesem Moment der Ruhe verlieren. "Wie fühlst du dich jetzt?" fragt er sanft nach einer Weile, während er weiter beruhigend über meine Arme streichelt. "Besser", antworte ich. "Danke, dass du hier bist." Vic lächelt mich an und dreht mich sanft zu sich. Ich setze mich vorsichtig breitbeinig auf seinen Schoß und verschränke meine Hände in seinen nacken. Als er mit seinen Händen meine Taille umfasst spüre ich, wie sich allmählich meine Wangen röten und ich Verlegen meinen Blick senke. "Nicht doch", lächelt er unwiderstehlich süß, wie ich aus den Augenwinkeln erkennen kann. "Ich liebe es, deine glühenden Bäckchen zu sehen", sagt er, während er eine Haarsträhne beiseite streicht und mein Kinn sanft anhebt. Er leckt sich über die Lippen, um sie ein wenig zu befeuchten, bevor er mich für einen sanften Kuss näher zu sich zieht. Auf die sekunde genau als seine Lippen die meine treffen, fällt die Anspannung komplett von mir ab und sogar die Erinnerungen an das Aufeinandertreffen mit Samu verblassen langsam völlig aus meinen Gedanken.

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