Kapitel 35 - Samu

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Samu - Part 35

Der Anblick von Carinja, die vor mir steht, wütend, gebrochen und voller Schmerz, trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich weiß, dass ich damals Scheiße gebaut habe - ich war jung und dumm. Aber dieser Mann von damals, der bin ich doch heute nicht mehr. Ihre Worte schneiden tiefer in mein Herz, als ich es je für möglich gehalten hätte. Doch trotz all ihrer Aggressionen und des Schmerzes, den sie mir zufügt, kann ich nicht anders, als sie zu verstehen.
"Ca... Carinja, bitte hör mir zu," flehe ich erneut und trete wieder einen Schritt näher an sie heran. "Ich weiß, dass ich dir unglaubliches Leid zugefügt habe, und ich kann es nicht wieder gutmachen. Aber lass mich, es dir bitte erklären.", versuche ich zu ihr durchzudringen, aber sie ist so voller Hass, dass egal, was ich sage, es an ihr abzuprallen scheint. Ihre Augen sind voller Tränen und Wut, als sie plötzlich ihre Hände zu Fäusten ballt und ihr gesamter Körper zu zittern beginnt. "Erklären? Was gibt es da noch zu erklären, Samu? Du hast mein Leben zerstört! Alles, was ich damals wollte, war ein wenig Verständnis. VERSTÄNDNIS! Verstehst du das, du VOLLIDIOT?!" - "Carinja, bitte," sage ich abermals und versuche, die Tränen in meinen Augen zurückzuhalten. "Ich war jung und dumm, ja. Aber ich habe mich geändert. Ich bin nicht mehr der Mann, der dir wehgetan hat." - "Geändert?", lacht sie bitter, wendet sich wieder von mir ab und lässt ihre Wut erneut an meinem Auto aus. "Und was soll das jetzt für mich bedeuten? Dass ich dir vergeben soll? Dass all die Jahre des Schmerzes einfach vergessen sind?", tritt sie immer wieder gegen meinen Wagen. "Nein, ich erwarte nicht, dass du mir... jetzt hör doch mal auf...", greife ich von hinten nach ihren Armen und will sie gerade von meinem Auto wegziehen, als sie mir plötzlich mit voller Absicht mit ihren High Heels auf meinen Fuß tritt. Zischend beiße ich meine Zähne zusammen, als sich ihr Absatz schmerzhaft in meinen Fuß bohrt, und versuche, meinen Ärger herunterzuschlucken. Doch dann bekomme ich auch sogleich wieder ihren Ellbogen zu spüren.

"Paska... Carinja...", fluche ich leise und fasse nach meiner Nase. "Bitte... hör mir doch nur eine Sekunde zu... bitte...", murmle ich leise und spüre, wie schon das Blut fließt. F*ck, fluche ich in meinen Gedanken und blicke auf meine Hand, jetzt hat sie mir tatsächlich gewaltiges Nasenbluten verpasst. "Ich möchte nur, dass du verstehst, dass es mir leid tut. Dass ich weiß, wie sehr ich dich verletzt habe. Und dass ich es bereue.", zerbricht meine Stimme etwas, als sie wütend zu mir herumwirbelt und mich mit wütend zusammengekniffenen Augen anstarrt. Plötzlich, so schnell hätte ich gar nicht reagieren können, hebt sie ihre Hand und scheuert mir eine. Der Schlag ist nicht besonders stark, es ist eher der emotionale Schmerz, der tief geht. Schwer schluckend sehe ich sie an, während sich für einen Moment eine unerträgliche Stille zwischen uns ausbreitet - aber nicht sonderlich lange. "VERSTEHEN?", brüllt sie aus tiefster verletzter Seele und ein Beben durchzuckt ihren Körper. "Was verstehst du schon, Samu? Du hast keine Ahnung, wie es war, allein durch diese Hölle zu gehen!", keift sie wütend weiter. Ich fasse mir langsam an die Wange, wo ihre Hand mich getroffen hat, und nicke zögerlich. "Du... Du hast recht, ich kann nicht wirklich verstehen, was du durchgemacht hast. Aber ich möchte für dich da sein, wenn du mich lässt. Auch wenn es bedeutet, dass ich nur deinen Hass ertrage." Carinja atmet schwer und ihre Augen bohren sich in meine. Für einen Moment herrscht erneut eine angespannte Stille, die nur von ihrem schweren Atem unterbrochen wird. "Warum jetzt, Samu? Warum?", verschränkt sie ihre Arme vor der Brust und lässt mich nicht für eine Sekunde aus den Augen. Ich muss schon zugeben, dass ihr drohender Blick mich etwas einschüchtert - ich meine, ein falsches Wort und sie prügelt vielleicht erneut auf mich ein. "Weil ich erkannt habe...", beginne ich zu sprechen, aber anscheinend bringt alleine meine Stimme sie auf 380. "Ach, halt dein verdammtes Maul, Samu...", prasseln ihre Fäuste erneut auf mich ein. "Warum, Samu? Warum hast du das getan?", zittert ihre Stimme vor Wut und Schmerz, während ihre Hände mich immer wieder treffen.

Ich versuche zu antworten, meinen eigenen Schmerz zu unterdrücken, ehe ich nach Worten ringe. "Carinja, bitte, es tut mir so leid. Carinja, bitte hör auf!", schreie ich, und ich versuche, ihre Hände festzuhalten. Mein Herz klopft so schnell, dass ich den Puls in meinen Ohren pochen höre. "Ich bin hier, um dir zu helfen. Du musst dich nicht allein fühlen." Aber sie kämpft weiter, ihre Augen füllen sich mit Tränen, und ihre Schläge werden immer wilder und brutaler. Jeder Schlag fühlt sich an wie ein Messer, das in mein Herz sticht. Ich kann die Hitze und den Schmerz spüren und es verbrennt mich innerlich. "Ich verstehe, dass du wütend bist", keuche ich, als ich ihre Hände umklammere, die wie Peitschenhiebe auf mich niedergehen. "Aber du musst nicht alleine kämpfen. Lass mich dir helfen." Aber sie scheint meine Worte nicht zu hören, oder vielleicht will sie sie einfach nicht hören. Ihre Schläge werden heftiger, und ich spüre, wie sich mein Körper unter ihren Angriffen windet. Aber ich gebe nicht auf, ich halte sie fest, schlinge meine Arme um sie und versuche, sie zu beruhigen, auch wenn der Sturm in ihr immer stärker wird. Ich spanne meinen Körper an und versuche sie zu fixieren, versuche sie zu beruhigen - aber sie hört einfach nicht auf, sich zu wehren. "Komm schon, Carinja, beruhig dich... beruhig dich endlich... ich will es wieder gutmachen, bitte verzeih mir", murmle ich und dann sacken ihre Schultern endlich ein wenig herab, und ich sehe, wie die Wut langsam zu etwas anderem wird - vielleicht Erschöpfung, vielleicht Resignation. "Ich weiß nicht, ob ich das kann, Samu", haucht sie schließlich leise und atmet tief durch. "Ich weiß nicht, ob ich dir jemals wieder vertrauen kann. Ob ich dir verzeihen kann..." Schwer schluckend schließe ich für einen Moment meine Augen, beginne zu nicken und trete dann einen Schritt von ihr zurück. "Ich verstehe. Aber ich bin bereit, es wieder gutzumachen. Wenn du mir nur eine Chance gibst", sehe ich sie ehrlich und aufrichtig an. Sekunden oder Minuten lang, ich weiß es nicht, erwidert sie meinen Blick, bevor sie schließlich den Kopf schüttelt und sich dann abwendet.

"Ich brauche Zeit", murmelt sie leise und geht langsam mit gesenktem Kopf davon. Voller Reue blicke ich ihr nach, beobachte wie sie in ihren Wagen steigt, und fahre mir anschließene seufzend mit einer Hand verzweifelt durch mein Haar. F*ck, was hab' ich getan?

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