Kapitel 62 - Samu

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Samu - Part 62

Ich lehne mich wieder gegen die Küchentheke, lasse den Blick durch den Raum schweifen und fühle, wie sich die Schwere in meiner Brust etwas löst. Mikko ist da, und seine ruhige Art schafft es, die Last auf meinen Schultern ein wenig zu lindern. Es tut gut, jemanden um sich zu haben, der nicht direkt in all das hineingezogen ist, der aber dennoch versteht, wie schwierig die Situation ist. Er lehnt sich nun ebenfalls gegen den Tisch und mustert mich einen Moment lang. "Du hast wirklich auf nichts mehr geachtet, oder?", grinst er leicht, aber ich sehe Trotz allem die besorgnis in seinen Augen. "Nein... n... nicht wirklich.", seufze ich, während ich mich strecke und versuche, die Müdigkeit abzuschütteln. "Alles dreht sich nur noch um sie, Mikko. Ich kann nicht anders. Aber es fühlt sich an, als wäre es ein Schritt vor und zwei zurück. Ich will ihr helfen, will, dass es besser wird, aber es fühlt sich an, als würde es nicht genug sein.", nickt mein Manager nun verständnisvoll. "Das ist normal, Samu. Du gibst alles, aber manchmal reicht das nicht aus, um Dinge sofort zu ändern. Es braucht Zeit. Du musst dir selbst auch etwas Raum geben, damit du durchhalten kannst.", atme ich nun tief seufzend durch, seine Worte klingen vernünftig, aber es ist so schwer, sie zu verinnerlichen. "Ich weiß... aber... aber wenn ich sie anschaue, wie schwach sie ist, dann will ich alles tun, damit sie wieder auf die Beine kommt. Und es ist schwer, zu akzeptieren, dass ich nicht die Kontrolle darüber habe." - "Verstehe ich", sagt Mikko ruhig. "Aber vergiss nicht, dass du nicht allein bist. Wir sind hier, ich bin hier. Und wenn es zu viel wird, kannst du dich auf mich verlassen.", bringen seine Worte eine kleine Welle der Erleichterung, auch wenn ich weiß, dass der Weg noch lang ist. Ich nicke dankbar und versuche, ein kleines Lächeln auf meine Lippen zu bringen. "Danke, Mikko. Das.. das bedeutet mir viel. Wirklich." - "Kein Problem. Wir kriegen das zusammen hin, du wirst sehen.", klopft er mir erneut auf die Anhalter und für einen Moment ist es still zwischen uns, eine angenehme Stille, in der ich einfach nur durchatme.

"Hast du schon gegessen? Ich könnte was Kleines machen.", breche ich nun nach einer Weile die Stille zwischen uns, doch Mikko schüttelt den Kopf. "Nein, mach dir keinen Stress. Ich habe vorhin schon was gegessen. Aber mach dir eher was für dich selbst, wenn du Hunger hast.", zwinkert er und deutet mit einer Kopfbewegung Richtung Kühlschrank.
"Wahrscheinlich sollte ich das wirklich tun, oder?", lache ich leise, schon fast verlegen. "Definitiv. Du kannst nicht nur für Amia da sein, wenn du selbst nicht auf die Beine kommst.", schüttelt er leicht grinsend den Kopf und verdreht seine Augen. Nicken beiße ich mir auf die Unterlippe und begeben mich dann zum Kühlschrank, um diesen zu öffnen und ein paar der frischen Sachen herauszuholen, die Mikko mitgebracht hat. Während ich beginne,mir ein einfaches Sandwich zu machen, lehnt sich Mikko zurück und beobachtet mich. Es ist beruhigend zu wissen, dass er hier ist. Dass ich nicht alles allein schultern muss. "Denkst du, sie wird bald wieder etwas essen können?", fragt mein Kumpel schließlich, mit leiser Stimme, schon fast vorsichtig. Sofort stoppe och in meinen Bewegungen, starre auf das Brot vor mir und spüre wieder den vertrauten Knoten in meiner Brust. "Ich.. ich hoffe es", antworte ich schließlich. "Aber ehrlich gesagt... ich weiß es nicht. Ich mache mir Sorgen, dass sie nicht genug Kraft hat. Sie kämpft so hart, aber ich weiß nicht, wie lange sie das durchhalten kann." - "Du machst das schon richtig, Samu. Manchmal sind es die kleinen Schritte, die den größten Unterschied machen. Gib ihr die Zeit, die sie braucht.", sieht er mich ernst an und ich nicke langsam, auch wenn die Zweifel bleiben. Doch es tut gut, das auszusprechen, was mich quält, und es nicht allein in mir tragen zu müssen. Mit Mikkos Unterstützung wird der Weg vielleicht nicht leichter, aber er fühlt sich ein kleines bisschen weniger einsam an. Mikko bleibt noch eine Weile, und wir plaudern über alltägliche Dinge, um die schwere Stimmung ein wenig aufzulockern. Er erzählt von seinen letzten Erlebnissen auf der Arbeit und bringt mich dazu, über einige alte Erinnerungen zu lachen, die ich längst vergessen hatte.

Es fühlt sich gut an, ein wenig Abstand von der angespannten Situation zu gewinnen, auch wenn es nur für einen kurzen Moment ist. "Es ist schon spät", sagt aber nun schließlich und schaut auf die Uhr. "Ich sollte besser nach Hause gehen, bevor es zu dunkel wird." - "Ja, das stimmt", antworte ich und sehe, wie er sich erhebt. "Danke, dass du hier geblieben bist. Es hat wirklich geholfen, mit dir zu reden." - "Kein Problem, Samu. Denk daran, dass ich jederzeit für dich da bin. Und wenn du mal jemanden brauchst, der einfach nur zuhört oder Ablenkung bietet, zögere nicht, mich anzurufen.", sieht er mich aufmunternd lächelnd an. "J.. ja, das werde ich. Versprochen.", gehe ich mit ihm zur Tür und öffne sie, woraufhin sich ein leichter Wind in die Wohnung schleicht. "Pass auf dich auf, ja?" - "Immer.", nickt er mir zu und geht dann die Treppe hinunter, während ich ihm nachsehe, bis er aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Als ich die Tür nun wieder schließe, fühle ich die Stille der Wohnung wie eine Decke über mir. Die Luft ist schwer, und die Gedanken an Amia kommen sofort zurück. Ich laufe langsam ins Wohnzimmer zurück und lasse mich auf das Sofa fallen - atme tief ein. Es fühlt sich seltsam an, wieder allein zu sein, nach all den Gesprächen und dem Lachen mit Mikko. Seufzend fahre ich mir mit einer Hand durchs Gesicht und stehe wieder auf, um leise ins Schlafzimmer zu gehen und nach meiner Süßen zu schauen. Amia liegt immer noch friedlich da, ihre Züge entspannter als zuvor. Ich gehe an ihr Bett und betrachte sie einen Moment lang. Der Anblick ihrer schlafenden Gestalt macht mein Herz schwer. Ich fühle mich schuldig, weil ich nicht genug tun kann, um ihr noch mehr zu helfen. Vorsichtig streiche ihr ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht und gebe ihr anschließend einen sanften Kuss auf die Schläfe, ehe ich zurück ins Wohnzimmer schlüpfe und mich an den Tisch setze. Ich greife nach meinem Notizbuch und dem Stift, um einen Song zu schreiben. Musik hat immer eine beruhigende Wirkung auf mich, und vielleicht hilft es mir, meine Gedanken zu ordnen. Ich beginne, ein paar Zeilen zu kritzeln, doch meine Gedanken schweifen ständig zu Amia ab.

Die Melodie, die ich im Kopf habe, passt nicht zu dem, was ich empfinde. Ich versuche, die Sorgen und Ängste in Worte zu fassen, aber die Sätze bleiben mir im Hals stecken. "Ich.. ich muss stark für sie sein", murmle ich leise, während ich den Stift zwischen meinen Fingern hin und her drehe. Ich schreibe einige Zeilen über den Kampf, den sie führt, über die Hoffnung, die ich für sie habe, und über die Liebe, die uns verbindet. Aber je mehr ich schreibe, desto klarer wird mir, wie hilflos ich mich fühle. Nach einer Weile lege ich den Stift wieder frustriert zur Seite. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn mein Herz so schwer ist. Ich lasse den Kopf auf die Arme sinken und schließe die Augen, atme tief durch und versuche, mich zu sammeln. Vielleicht kann ich morgen einen klareren Kopf haben. Langsam stehe ich abermals auf und gehe zurück ins Schlafzimmer. Vorsichtig um sie nicht zu wecken lehne ich mich über sie, streiche sanft über ihre Haare und flüstere: "Ich bin hier, Baby. Ich lasse dich nicht allein." Und in diesem Moment fühle ich, dass ich für sie stark sein muss, auch wenn ich mich selbst oft schwach fühle.

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