Kapitel 64 - Samu

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Samu - Part 64

Die Stille im Raum ist erdrückend. Amia hat sich vollständig in sich zurückgezogen, und ich sitze hilflos neben ihr, ohne zu wissen, was ich noch tun soll. Sie spricht nicht mehr mit mir, hat sich komplett abgeschottet. Es fühlt sich an, als ob eine unsichtbare Mauer zwischen uns steht, und egal, wie sehr ich versuche, sie zu erreichen, sie lässt es nicht zu. Meine Hände zittern leicht, als ich schließlich mein Handy aus der Tasche ziehe. Es gibt nur eine Person, die mir in diesem Moment einfällt - Mikko. Gestern hat er mir versprochen, dass er da sein würde, wenn ich ihn brauche, und dieser Moment ist definitiv einer davon. Ich wähle seine Nummer und warte ungeduldig, während das Freizeichen durch den Raum hallt. "Samu, was ist los?", höre ich seine vertraute Stimme, Gott sei dank nach wenigen Sekunden. Ich atme tief durch und versuche, die Fassung zu bewahren. "Mikko, ich weiß nicht mehr weiter. Amia... sie spricht nicht mehr mit mir. Ich habe alles versucht, aber sie weigert sich, mit mir zum Arzt zu gehen. Ich weiß einfach nicht, was ich noch tun soll.", erkläre ich schwerfällig. Es herrscht kurz Stille am anderen Ende der Leitung, dann höre ich Mikko tief durchatmen. "Okay, beruhig dich erst mal, Samu. Ich komme sofort vorbei, okay? Wir finden einen Weg." - "Danke", sage ich erschöpft und lehne mich gegen das Kopfende. "Es fühlt sich an, als könnte ich sie nicht mehr erreichen. Egal, was ich sage, sie blockt alles ab." - "Das klingt echt hart", antwortet Mikko mitfühlend. "Aber du bist nicht allein. Gib mir zehn Minuten, ich bin gleich bei dir. Wir kriegen das hin.", nicke ich, obwohl er es nicht sehen kann. "J.. Ja, okay. Danke, Mikko.", lege ich schließlich auf und lasse das Handy sinken. In der Stille des Zimmers höre ich nur Amias leises Atmen unter der Decke. Und ich wünschte, ich könnte in ihren Kopf schauen - verstehen, was sie so sehr quält. Doch da ist nur diese undurchdringliche Wand, die sie zwischen uns errichtet hat. Nach einer Weile klingelt es nun an der Tür, und obwohl ich weiß, dass es Mikko ist, zucke ich zusammen.

Die Situation lastet so schwer auf mir, dass sogar ein einfaches Geräusch mich nervös macht. Vorsichtig stehe ich auf, werfe einen kurzen Blick auf meine Süße, die sich immer noch unter der Decke versteckt, und gehe dann zur Tür. Mikko steht wie versprochen vor mir, seine Stirn leicht besorgt gerunzelt. "Hey", sagt er ruhig. "Wie geht's?", doch ich schüttele nur den Kopf und seufze. "Nicht gut. Sie redet nicht mehr mit mir. Ich habe ihr gesagt, dass wir heute zum Frauenarzt müssen, wie es im Entlassungsbrief stand, aber sie weigert sich. Sie will nicht raus, nicht reden, sie zieht sich immer mehr zurück. Ich.. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll." - "Okay, lass mich mal mit ihr reden. Vielleicht kann ich sie irgendwie erreichen. Du hast schon genug versucht.", nickt er verständnisvoll und tritt anschließend ein. Ich führe ihn ins Schlafzimmer, wo mein Mädchen immer noch unter der Decke liegt, als wollte sie sich komplett von der Welt abschotten. Er tritt näher und spricht mit seiner sanften, aber festen Stimme. "Hey, kleines. Ich bins Mikko. Samu und ich machen uns echt Sorgen um dich." Aber wieder keine Reaktion, weshalb er eine kurze Pause macht und es anschließend noch einmal versucht. "Wir wissen, dass es dir nicht gut geht und du dich am liebsten verstecken würdest, aber du musst wirklich zum Arzt. Es ist wichtig für deine Gesundheit." Doch sie bleibt wieder stumm, kein Geräusch kommt von ihr. Der Brünette seufzt leise und schaut mich an. "Stur ist sie, das muss man ihr lassen", murmelt er, bevor er es noch einmal versucht. "Amia, wir lassen dich nicht allein. Du musst das nicht alleine durchstehen. Aber du musst diesen Schritt gehen.", aber sie bleibt noch immer unbewegt, tief unter ihrer Decke verborgen. Hilflos sehe ich Mikko an, und er zuckt mit den Schultern. "Es ist schwer, Mann. Ich kann sie nicht zwingen.", murmelt er und ein tiefer Frust steigt in mir auf. Ich weiß, dass es jetzt wieder an mir liegt, auch wenn ich schon alles versucht habe. Erneut setze ich mich neben meiner Freundin auf das Bett, und meine mit leise und fast flehender stimme. "Baby... bitte. Hör mir zu." Nichts.

"Ich weiß, dass du Angst hast. Und ich verstehe das, wirklich. Aber du musst mir vertrauen. Es geht um dich, um deine Gesundheit. Ich will doch nur, dass es dir besser geht.", spüre ich wie in mir die Verzweiflung wächst, als immer noch keine Reaktion von ihr kommt. Wieder lege ich eine Hand vorsichtig auf die Decke, genau dort, wo ihre Schulter ist. "Bitte, Baby. Ich kann das nicht allein. Ich will dir helfen, aber ich brauche deine Hilfe. Nur dieser eine Schritt, okay? Ich verspreche dir, ich bin die ganze Zeit bei dir. Wir gehen da rein, wir gehen wieder raus, und danach kannst du dich wieder ausruhen. Aber ich brauche dich jetzt. Bitte.", herrscht für einen Moment absolute Stille, und ich denke schon, dass auch dieser Versuch gescheitert ist. Doch dann höre ich ein leises Rascheln unter der Decke, und langsam, ganz langsam, zieht sie die Decke ein Stück herunter, sodass ihr Gesicht sichtbar wird. Ihre Augen sind gerötet und verweint, aber sie sieht mich wenigstens an. "Okay...", flüstert sie fast unhörbar. "Aber nur, weil du es willst, Samu.", kann ich sie schwer schlucken hören. Die Erleichterung, die mich in diesem Moment durchströmt, ist überwältigend. "D.. Danke", sage ich leise und streiche ihr vorsichtig über die Wange. "Ich verspreche dir, es wird schnell gehen.", blicke ich nun erleichtert zu dem Brünette, der mir ermutigend zunickt, und ich weiß, dass wir es irgendwie geschafft haben. Es ist ein kleiner Schritt, aber es fühlt sich wie ein großer an. Es ist beinahe so, als hätte ich eine unüberwindbare Mauer durchbrochen, aber der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Sie muss aufstehen, sich anziehen, und das scheint fast genauso schwer, wie sie überhaupt zu überzeugen, zum Arzt zu gehen. "Okay, lass uns das ganz langsam angehen", sage ich sanft und setze mich noch mehr neben sie auf die Bettkante, um ihr nah zu sein. "Ich helfe dir, aufzustehen. Du kannst dich in Ruhe frisch machen. Wir haben alle Zeit der Welt.", nickt Amia nun kaum merklich, während ihre Bewegungen zögerlich, fast mechanisch sind. Sie wirkt immer noch so zerbrechlich, dass ich Angst habe, etwas falsch zu machen.

Behutsam schiebe ich meine Arme unter ihre und helfe ihr, sich aufzurichten. Sie ist schwach, ihre Beine scheinen kaum Kraft zu haben, aber sie lässt es geschehen. "Ganz langsam", flüstere ich, während ich sie stütze. "Schritt für Schritt, okay?" - "Es... es tut mir leid", sagt sie plötzlich, mit einer kaum hörbaren Stimme, weshalb ich inne halte und ihr in die Augen sehe. "Du musst dich nicht entschuldigen, Süße. Wirklich nicht. Ich weiß, wie schwer das für dich ist.", füllen sich ihre Augen mit Tränen, doch sie blinzelt sie weg. "Ich... ich bin einfach so müde." - "Ich weiß", murmle ich leise und streichle sanft über ihren Rücken, und drücke sie leicht an mich, um ihr Halt zu geben. "Aber du musst das nicht alleine machen. Ich bin hier. Wir schaffen das zusammen.", steht sie jetzt langsam mit meiner Hilfe auf, ihre Bewegungen vorsichtig, als hätte sie Angst, jeden Moment zu fallen. Ich führe sie behutsam ins Badezimmer, während sie sich fest an mich klammert. "Fast da", hauche ich, als wir die Tür erreichen. "Wenn du dich frisch machst, fühlst du dich vielleicht ein bisschen besser.", sieht sie mich an, und obwohl ihr Blick erschöpft ist, blitzt ein kleiner Funken Hoffnung auf. "Ich weiß nicht, ob das reicht", murmelt sie, doch sie lässt mich los und stellt sich vorsichtig auf eigene Beine. "Ich warte hier, okay? Falls du etwas brauchst, ruf mich einfach." Sie nickt schwach und tritt dann ins Badezimmer. Ich lehne mich gegen den Türrahmen und atme tief durch. Mikko steht jetzt ebenfalls im Flur und nickt mir zu, mit einem aufmunternden Lächeln. "Gut gemacht, Alter. Das war der erste Schritt." - "Ja", murmle ich, "aber es fühlt sich an, als wäre es nur der Anfang. Da kommt noch so viel auf uns zu.", legt er mir die Hand auf die Schulter. "Schritt für Schritt. Das ist alles, was du tun kannst. Und du machst das richtig gut.", nicke ich seufzend und lausche den leisen Geräuschen aus dem Badezimmer. Amia ist stark, das weiß ich. Aber jeder dieser Schritte ist eine Herausforderung für sie und für mich...

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