Kapitel 41

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"Ach, das ist es doch", erwidere ich, während ich mich mit einem frechen Lächeln gegen ihn lehne. "Du kannst nicht einfach so tun, als wärst du Mysteriös, nur weil du ein paar Briefe geheim hältst." Kian schnaubt ungeduldig, seine Frustration ist unverkennbar. "Du willst es wirklich wissen, was? Dann frag mich nicht nach den Konsequenzen, wenn du so weitermachst." "Hm, vielleicht finde ich gerade genau das interessant", antworte ich trotzig.

"Wahrscheinlich macht dich gerade mein Interesse noch ungemütlicher." Er verengt die Augen, und ich merke, wie seine Geduld schwindet. "Du bist wirklich hartnäckig", seine Stimme ist von Zorn durchzogen. "Und das ist das Letzte, was ich in diesem Moment brauche." Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe ihn herausfordernd an. "Dann erklär mir, warum du so abweisend bist. Warum sind diese Briefe so ein großes Geheimnis?" Kian tritt einen Schritt zurück, seine Miene ist jetzt kalt und distanziert. "Das geht dich nichts an. Manche Dinge sind einfach privat."

"Privat?", wiederhole ich sarkastisch. "Hast du vergessen was wir eben gemacht haben?"

"Das hat nichts mit uns zu tun", entgegnet er scharf. "Das ist meine Vergangenheit, und sie hat keinen Platz in dieser Gegenwart." "Aber deine Vergangenheit beeinflusst die Gegenwart", bemerke ich und merke, wie mein Herz schneller schlägt. "Diese Geheimnisse schaffen eine Barriere zwischen uns. Und ich will keine Barrieren," flüstere ich nun. Kian fährt sich durch die Haare und atmet schwer aus. "Du verstehst es nicht. Es ist kompliziert."

"Vielleicht verstehe ich es wirklich nicht", antworte ich leise, aber fest. "Aber ich verdiene es, dass du ehrlich zu mir bist. Wenn du mir nicht vertraust, dann weiß ich auch nicht weiter." Er sieht mich an, seine Augen sind voller widersprüchlicher Emotionen. "Arin, das ist nicht so einfach."

"Dann mach es einfach", fordere ich ihn auf. "Oder geh." Kian starrt mich an, als hätte ich ihn geschlagen. "Was?"

"Du hast mich gehört", sage ich und zeige zur Tür. "Wenn du mir nicht vertrauen kannst, dann geh. Ich kann so nicht weitermachen." Er zögert einen Moment, seine Augen durchbohren mich, und dann dreht er sich abrupt um und geht zur Tür. Er hält inne, seine Hand auf der Klinke. Ohne ein weiteres Wort verlässt er das Zimmer, und ich bleibe zurück, meine Gedanken wirbeln chaotisch durcheinander. Die Tür fällt mit einem leisen Klick ins Schloss, und ich sinke auf das Bett.

Warum ist er so? Ich will ihn doch nur verstehen, mehr nicht. Vor fünf Minuten küsst er mich noch und jetzt blockt er ab, sobald ich das Gespräch suche. Dabei sollte er doch betrunken sein? Mitten in meinen Gedanken falle ich schließlich in einen tiefen Schlaf. Am nächsten Morgen öffne ich langsam die Tür. Im Wohnzimmer ist keine Spur von Kian. Hoffentlich ist er weg, bete ich innerlich. Nach den Ereignissen von gestern Nacht will ich ihn wirklich nicht sehen. Ich klopfe an Merans Tür. Wenn ich mich richtig erinnere, bleibt er heute zuhause.

"Komm rein", höre ich ihn rufen. "Guten Morgen, der Herr", sage ich mit einem Lächeln auf den Lippen. "Stop, stop, stop, wiederhol das, was ich dir sage, Arin: Sobh be-xejr", erklärt Meran. "Du bist in einem persischen Haushalt, da sagt man nicht einfach ‚Guten Morgen', azizam", fügt er hinzu und grinst. Meran sitzt auf seinem Bett, seine Katze liegt auf ihm und wird gestreichelt. Gut, immerhin läuft er mir nicht über die Füße. "Ist mein Bruder noch da, oder?", fragt Meran. Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung, ich habe ihn nicht gesehen." "Dann ist er sicherlich weg. Sein Pech. Wollen wir raus und lecker frühstücken gehen? Ich zeig dir heute, wie wahre Perser frühstücken", sagt er und zwinkert dabei. Ich gehe wieder zurück in das Gästezimmer und mache mich fertig. Von nebenan höre ich Meran: "Bist du schon ready? Können wir los?"

"Ja, einen Moment noch!", rufe ich zurück.

Ich packe meine Tasche, denn es wird langsam Zeit, dass ich zurück in meine Wohnung gehe. Ich möchte niemandem zur Last fallen, und die Sache mit Daris und seiner Familie sollte jetzt endgültig aufhören. Die kleben wirklich wie eine Zecke an mir. Während ich im Wohnzimmer auf Meran warte, höre ich ihn endlich rauskommen. Er trägt eine normale schwarze Jeans, darüber einen oversized Hoodie und dazu seine Jordan 1er Retro. Sportliches Outfit steht ihm. Er kommt in meine Richtung und stylt währenddessen noch seine Haare. "So, dann können wir jetzt los", verkündet er. Wir benutzen den Fahrstuhl, weil wir in die Tiefgarage müssen. Vor dem Spiegel schaut Meran sich an. "Was für ein schönes Gesicht ich doch habe. Wow." Ich schaue hoch zu ihm und grinse nur und lache leise. "Was ist? Ich spreche doch nur die Wahrheit, oder nicht? Sag schon, Arin, sehe ich nicht gut aus?"

𝐏𝐟𝐥𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐮𝐧𝐝 𝐒𝐞𝐡𝐧𝐬𝐮𝐜𝐡𝐭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt