Ich schüttle vehement den Kopf, um ihm zu signalisieren, dass er bloß nicht herkommen soll. In diesem Moment fragt Meran besorgt: "Alles in Ordnung?"
"Oh ja, ich glaube, ich habe mir den Nacken irgendwie verengt," antworte ich hastig und reibe mir den Nacken zur Ablenkung. Als unser Essen serviert wird, blickt Meran skeptisch auf seinen Teller. "Was ist das denn? Ich bin ehrlich, diese Schickimicki-Restaurants sind nichts für mich. Ich brauche ein richtiges persisches Restaurant, Kabab Kubideh mit Brot, Gheymeh Bademjan als Beilage und dazu ein eiskalter Dough." Er verzieht das Gesicht und betrachtet das Gericht vor sich mit einer Mischung aus Skepsis und Ekel. Ich muss lachen. "Ihr nennt Ayran also auch Dough?"
"Unser Dough schmeckt viel besser als eurer," sagt er stolz.
"Kann sein, ich habe noch nie beim Perser gegessen," gebe ich zu.
"Du lügst," erwidert er und schaut mich mit großen Augen an. "Los, wir stehen auf und fahren direkt zum besten Perser in Berlin."
"Ich bin dir ehrlich, in Hamburg gibt es den besten Perser," sagt er und ich schaue ihn überrascht an. "Was meinst du mit Hamburg?"
"Hab ich dir nicht erzählt, dass ich eigentlich aus Hamburg komme? Moin moin," sagt er plötzlich.
"Ja, aber ich auch! Also, ich komme auch aus dem Norden."
Er verschränkt die Arme und lächelt verschmitzt. "Aha, du bist also eine von denen, die aus dem Dorf kommen und sich als Großstadtkinder ausgeben."
"Ja, so in der Art. Aber ich kann nichts dafür, die meisten kennen Lüneburg doch gar nicht," erkläre ich.
"Doch, ich kenne Lüneburg," sagt Meran grinsend.
"Ja, du, weil du auch aus Hamburg kommst," erwidere ich.
"Das heißt, du hast davor in Hamburg gearbeitet?" frage ich neugierig.
"Ja genau, habe sogar ein paar Mal in Lüneburg ausgeholfen. Wer weiß, vielleicht sind wir uns da schon mal begegnet," sagt er und fasst sich dramatisch ins Gesicht. "Oder willst du mir sagen, dass dir dieses wunderschöne Prachtstück nicht aufgefallen ist? Ich war oft am Bahnhof tätig." Ich schüttle den Kopf. "Ja, es kann sein, aber ich denke nicht," sage ich.
"Aber du warst ja davor ein normaler Polizist," flüstere ich.
"Genau, bei der Bundespolizei. Soll ich dir die Geschichte erzählen, wie Kian und ich uns kennengelernt haben?" fragt er voller Elan.
Uhhh, endlich erfahre ich mehr, denke ich, bevor ich widerwillig sage: "Hm, ja, wenn du willst."
"Also, vor einigen Jahren nach der Ausbildung gab es in Hamburg ein Camp für neue Bundespolizisten. Zwischen den ganzen blonden Kollegen war mein Blick direkt auf ihn gerichtet. Wie gesagt, er ist nach mir der gutaussehendste Bulle. Naja, als wir uns alle vorstellen mussten, habe ich nur darauf gewartet, bis er dran ist. Der Kollege neben mir hat mich mit meinem deutschen Namen vorgestellt, dieser Idiot. Deshalb hat mein Bruder mich nicht direkt wahrgenommen. Doch als ich Kian gehört habe, wusste ich sofort, er ist 100% ein Perser. Wir haben irgendwo das gleiche Blut in uns, dachte ich mir."
Ich höre Meran gespannt zu. Die Art und Weise, wie er Sachen erzählt, finde ich total niedlich und spannend zugleich. "Ich habe dann versucht, ihn besser kennenzulernen. Bin auf ihn los und habe direkt angefangen, auf Persisch mit ihm zu sprechen. Er stand nur da, hat mich angeschaut und ist dann weggegangen. Ich dachte mir, Bruder, sprichst du vielleicht einen anderen Dialekt? Ich war sehr aufdringlich und habe ihn zu Tode genervt. Am nächsten Tag beim Training waren wir in einem Team. Er hat die anderen Kollegen gegrüßt und mich mit meinem deutschen Namen angesprochen. Ich habe ihn natürlich korrigiert und gesagt: 'Bruder, Meran. Meran ist mein Name.' Auch damals hatte er diesen desinteressierten Blick, doch ich habe ihn erwischt, wie er gelacht hat. Da wusste ich, dass wir Brüder fürs Leben sind."
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𝐏𝐟𝐥𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐮𝐧𝐝 𝐒𝐞𝐡𝐧𝐬𝐮𝐜𝐡𝐭
Romance𝐁𝐚𝐧𝐝 𝟏 Arin, eine kämpferische Studentin mit einem Kampfgeist, der größer ist als ihr Bankkonto, findet sich plötzlich als Putzkraft in der Kaserne wieder. Ein Job, der ihre finanzielle Misere lindern soll. Doch als sie auf einen furchtlosen Po...