5 Jahre zuvor | Los Angeles
Lisa stand am Abend in ihrem begehbaren Kleiderschrank vor dem Spiegel und begutachtete ihre Ausbeute. Der Shopping-Trip mit Violet hatte sich gelohnt. Ihr neues, feuerrotes Dessous-Set stand ihr hervorragend. Violet hatte ihr fragende Blicke zugeworfen, als sie damit in der Umkleidekabine verschwunden war. Lisa erzählte ihrer Freundin von einem Artikel in ihrem Lieblings-Online-Magazin, in dem stand, dass sich das Tragen von reizvoller Unterwäsche positiv auf das Selbstbewusstsein auswirkt. Daraufhin beschloss Violet sich ebenfalls ein extravagantes Set zu gönnen.
Auf einmal klopfte es am Fenster. Lisa erschreckte sich. Silas musste schon wieder den Baum hochgeklettert sein, um sie heimlich zu besuchen. Schnell holte sie ihren Morgenmantel vom Haken, zog ihn an und verließ den Kleiderschrank. Dann eilte sie zu ihrer Zimmertür und verriegelte sie, bevor sie Silas reinließ.
„Hey, Baby ..."
Lisa bemerkte augenblicklich, dass etwas nicht stimmte. Er nannte sie niemals Baby. Sie nahm ein wenig Abstand. Umständlich verschaffte sich Silas Zugang in ihr Zimmer.
„Hast du getrunken?", wollte sie von ihm wissen.
Er kam näher und zog sie in seine Arme: „Ist das ein Problem?"
„Warum trinkst du mitten in der Woche?"
Zärtlich legte er eine Hand um ihre Wange: „Tut mir leid, Tinky ... ich hätte nicht herkommen sollen ..."
Es war nicht schwierig zu erahnen, dass ihn etwas bedrückte.
„Bitte erzähl' mir was los ist, Si."
Er ließ ihr Gesicht los und gab einen gequälten Seufzer von sich: „Mein Dad ..."
„Was ist mit deinem Dad?"
„Er ist ein Arschloch ..."
Lisa schaute ihn entgeistert an: „Was redest du denn da?"
„Er ... er liebt ..."
Silas' Sinne waren benebelt. Doch im richtigen Augenblick schaltete sich sein Verstand ein. Lisa durfte nicht wissen, was er heute über seinen Vater erfahren hatte. Er musste Jess versprechen, mit niemanden darüber zu reden.
„Er liebt meine Mom nicht mehr ...", antwortete er stattdessen.
„Was soll das bedeuten?"
„Dass es vorbei ist."
„Deine Eltern trennen sich?"
Er nickte. Lisa war sichtlich mitgenommen: „Das tut mir furchtbar leid, Silas. Ich habe geglaubt, sie seien glücklich."
„Deine Eltern sind glücklich. Meine Eltern haben sich jahrelang nur was vorgemacht."
„Es bricht mir das Herz zu sehen, wie sehr dich das Ganze mitnimmt."
„Meine Mom hat sich das alles nicht verdient ..."
Lisa nickte verständnisvoll: „Wie geht es Phin?"
„Er ist nach dem dritten Glas Bourbon eingeschlafen."
„Heißt es, ihr habt euch deswegen gemeinsam betrunken?"
Silas nickte. Lisa schaute ihn mitleidend an.
„Soll ich wieder gehen?", fragte er leise.
„Nein."
„Sicher?"
Sie legte ihre Arme um seinen Nacken und küsste zärtlich seinen Mund: „Sicher."
Überwältigt von all seinen Emotionen, drückte er sie dicht an seinen Körper: „Du hast keine Vorstellung, wie viel du mir bedeutest, Tinky. Ich brauche dich, wie die Luft zum atmen."
DU LIEST GERADE
Morro Bay III
RomansaMorro Bay, ein Ort der Zuflucht. Ein sicheres Fleckchen Erde, um den inneren Frieden zu finden. Diese Worte hatte sich Lisa Cole als kleines Mädchen genauestens eingeprägt, als ihre Mutter aus ihrer Vergangenheit erzählte. Dass sie sich eines Tage...