Kapitel 10 (Nea)

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Während Juice durch die Straßen von Charming fuhr, saß ich hinter ihm auf seiner Maschine und hatte meine Arme um seinen Bauch geschlungen, damit ich ja keinen Absacker in Richtung Asphalt machte. Außerdem wollte ich ihn Nahe kommen, so what.
Chibs der Sammy mit transportierte, fuhr hinter uns.
Ich hatte Zeit mir Charming mal genau anzusehen. Es war ein schönes Plätzchen Erde. So familär und keine Franchiseuntetnehmen, wie Starbucks, Macces, Burger King, KFC, oder sonstige riesige Ketten.
Also hier könnte man wirklich zur Ruhe finden. Ich könnte mir sogar vorstellen hier zu Leben,  aber Sandy Shores und die verrückte Nachbarschaft verlassen? Ich weiß ja nicht. Dann müssten wir hier sogesagt von vorne anfangen und das wäre nicht gerade vom Vorteil.
Man, die Stadt wirkte ja ganz schön auf mich, sodass ich zu dem Gedanken kam, hier her zu ziehen. Ich hab die ganze Zeit Wüstenluft geschnuppert und jetzt diese frische Luft hier, die benebelte ganz schön meine Sinne.
Nach wenigen Minuten hatten wir dann auch endlich unser Ziel erreicht. Wir fuhren auf einen großen Hof. Das erste was ich sah, waren etliche Bikes und Biker in ihren schwarzen Kutten, dann noch billig gekleidete Weiber, ein Feuer, was brannte, in dem vier große Buchstaben brannten. "SONS".
Als Juice den Motor seiner Maschine ausschaltete, versuchte ich ohne einen großen Rockblitzer vom Bike zu steigen. Puh, geschafft.
Die Leute waren ziemlich angetrunken und auch High, liefen mit ihren Bierflaschen umher. Rockmusik dröhnte, nein knallte, aus den Boxen, des Soundssystems. Ich schaute mich weiter um, und sah neben herummachenden Bikern und billigen Weibern, auch ein Gebäude. Das war also diese Werkstatt. Teller-Morrow-Autoservice. Die Rolltore der Werkstatt waren runtergezogen, der weiße Abschleppwagen stand auf einen Parkplatz.
"Nun, das sind ziemlich viele Menschen", meinte Sammy nicht gerade begeistert und stellte sich neben mich.
Ich blickte zu ihr und sie hatte deutlich, Angst und Panik in ihrem Gesicht.
"Suchen dir was hartes zu trinken und dann sind dir die Menschen egal", sagte Chibs aufmunternd zu Sammy.
"Komm ich zeig dir das Clubhaus", meinte Juice zu mir.
Ich blickte zu Sammy. "Kann ich dich alleine lassen?", flüsterte ich ihr zu. Sammy sah erst nicht gerade begeistert aus, aber dann nickte sie doch.
Ich kniff ihr dankend in die Wange und folgte Juice über das Gelände bis hin zum Clubhaus.
"Gehören die alle zu eurer Gruppierung?", fragte ich ihn, als ich die ganzen Leute anklickte.
Er lachte leise. "Nein. Wir sind In Chapter aufgeteilt. Wir sind das Gründungschapter hier in Charming. Das Redwood Original. Wenn wir feiern kommen die meistens noch aus Stockton und anderen Städten, wo eben die Sons zu Hause sind", erklärte er mir.
"Sons?"
"Sons of Anarchy MC", meinte Juice und wir beide blieben an der Tür zum Clubhaus stehen. Er setzte sich auf dem Rand des Boxrings und ich stellte mich vor ihm.
"Ihr fahrt sicherlich nicht nur mit eurem Bikes herum, sondern macht sicherlich noch etwas illegales, oder?", hakte ich weiter nach.
"Naja, Nea. Darüber darf ich nicht reden", wich Juice aus.
"Okay. Das heißt dann doch irgendwie ja. Gut. Kann ich verstehen. Betriebsgeheimnis", sagte ich und schnitt eine leichte Grimasse.
"Ja, Betriebsgeheimnis", schmunzelte Juice.
"Bietest du mir noch was zu trinken an, oder soll ich verdursten?", fragte ich frech.
"Ja, Mensch, wenn du schon so nett fragen tust", lachte Juice und sprang vom Rand des Boxrings.
Er umfasste mein Handgelenk und zog mich zwischen den anderen Leuten ins Clubhaus. Ich konnte gerade schwören, dass mir jemand an dem Hintern gepackt hatte. Ich warf einen Blick über die Schulter und konnte niemanden erkennen, der mir an den Rasch gepackt hatte.
Das Clubhaus hatte ich mir schon so Bikermäßig vorgestellt.
Ein Billiardtisch, eine Bar, Tische und Stühle. Hinter der Bar in dem Regal standen viele Alkoholflaschen.
Ich blickte zu einer Tür, wo je zwei große Fenster daneben waren. Die Jalousien waren heruntergezogen.
"Was ist denn da drinnen?", fragte ich Juice und zeigte auf die Tür.
"Zutritt für Außenstehende leider verboten. Das ist die Chapel."
"Chapel?"
"Ja, da wird immer alles besprochen", sagte Juice.
Ich wandte mich zu ihm und er hielt mir bereits eine Bierflasche hin.
"Oh, danke", sagte ich.
"Bitte", meinte Juice und trank von seinem Bier. "Setzen wir uns da hin-"
Juice zeigte auf eine Sitzecke, aber die wurde gerade schon besetzt. "Oder auch nicht."
"Wir können auch wieder nach draußen gehen?", schlug ich vor. "Es ist eh noch warm."
"Klar, wieso auch nicht", sagte Juice zustimmend und wir setzten unseren Weg nach draußen fort.
    "Schau mal, wen wir da haben", hörte ich eine Stimme sagen, als Juice und ich draußen an dem Boxring standen und uns über Gott und die Welt unterhielten.
"Na prima", murmelte Juice nicht gerade begeistert, als dieser komische Kautz, mit den eiskalten blauen Augen und den lockigen schwarzen Haaren auf uns zu kam.
"Der schon wieder", meinte ich und setzte mein zuckersüßes Gesicht auf.
"Wie geht's dir denn?", fragte er mich.
"Gut", antwortete ich nett, aber resigniert. "Dir?"
"Jetzt wo ich dich sehe, geht es mir sehr gut", meinte er munter und legte sein Arm um meine Schulter, um mich von Juice wegzuziehen. "Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass du hier auftauchst."
Während mich der Kerl weiter volllaberte und mich näher an sich zog, drehte ich mich zu Juice, den ich hilfesuchend anblickte. Er schien es gar nicht zu realisieren.
"Juice!", rief ich nach ihm und blickte ihn warnend an.
Als ich sein Gesicht sah, dass er das realisierte, musste ich erstmal schmunzeln. Er sprang auf und kam zu mir gelaufen.
"Okay...ehm...Tig...ich hab sie eingeladen und sie hängt mit mir ab!", stellte Juice stotternd klar, und riss seinen Arm von meiner Schulter weg.
"Sag mal, was soll das denn?", fragte Tig verwundert, als Juice mich zu sich zog.
"Sie gehört zu mir. Such dir doch eine Crow-Eater. Aber das hier, gehört mir!"
Tig blickte Juice irritiert an. "Sag mal steigt dir kleiner blöder Puertoricaner, dass eine Bier durch den Kopf?", fragte Tig fassungslos.
"Tig, lass Juice und seine Pussy in Ruhe!", rief ein großer, grauhaariger Mann von weiter weg. Dessen kratzige Stimme kannte ich noch aus dem Diner.
"Nimm den Kerl doch einfach mal an die Leine!", rief ich den grauhaarigen zu.
"Der Idiot reißt sich ja immer los!", rief der Mann zurück und fing an zu lachen. Eine Brünette, etwas ältere Frau, mit blonden Strähnen, blickte argwöhnisch zu mir. Weil die mich gerade voll einschüchterte, wich ich ihren Blick aus und wandte mich zu Juice.
"Siehst du, ich reiß mich immer wieder los", sagte Tig zu mir.
"Ja, wie auch immer. Lass sie einfach in Ruhe", grummelte Juice neben mir.
"Ich lass dir ja schon deine Pussy", meinte Tig und schlug Juice freundschaftlich auf die Brust.
"Sie heißt immer noch Nea", knurrte Juice.
"Ehrlich?", fragte Tig ironisch verwundert. "Nein. Sag bloß."
"Ich hasse dich", meinte Juice emotionalos. "Ich hasse dich einfach."
"Also lieben tu ich dich aber auch nicht gerade."
"Tiggy, lass die beiden doch einfach mal in Ruhe", sagte die etwas ältere und einschüchternde Frau. Sie stellte sich neben Tig und musterte mich wieder.
"Crow-Eater?", fragte sie mich argwöhnisch.
"Eine was?", stellte ich perplex die Gegenfrage.
"Gehört das", sie zeigte von oben bis unten auf mich. "nur ihm, oder allen?"
"Ehm, weder noch."
Trotzdem wurde ich noch nicht ganz schlau daraus.
"Hahahaha", lachte Tig spöttisch und blickte zu Juice.
"Komm, die rothaarige da. Die wird dir doch gefallen, Tiggy", meinte die Frau.
"Aber ich unterhalte mich gerade so nett mit den beiden", schmollte Tig.
"Geh", meinte die Frau strenger.
"Ja, ist ja gut", murmelte Tig und ließ uns einfach stehen. Die Frau blickte zu ihr.
"Juice, hol uns beiden doch ein Bier."
"Klar, kommst du?", fragte Juice mich.
"Sie bleibt bei mir", meinte die Frau und hielt mich am Handgelenk fest. Ich merkte Juice an, dass er mich ungern mit der Frau alleine ließ. Er seufzte leicht und verschwand ohne ein Wort im Clubhaus.
Ich blickte zur Frau, die mich streng musterte.
"So Schätzchen, wie heißt du?", fragte sie mich und stämmte die Hände in die Hüfte.
"Nea", sagte ich und hielt ihr die Hand hin. "Und du?"
"Hm, Gemma", sagte sie und blickte spöttisch auf meine Hand. Dann rang sie sich dazu durch und legte ihre Hand in meine. "Du kommst nicht von hier, oder?"
"Nahe Nevada", antwortete ich knapp und zog meine Hand zurück.
"Bist ja sehr gesprächig", bemerkte sie.
"Zwischendurch mal", antwortete ich knapp. "Ich suche dann mal Juice."
Gerade als ich ins Clubhaus gehen wollte, hielt mich Gemma am Handgelenk fest. Man, hatte die eine Kraft.
"Ich behalte dich im Auge", flüsterte die mir drohend zu.
"Das beruht dann wohl auf Gegenseitigkeit", flüsterte ich zurück und riss mich von Gemma los, ehe ich im Clubhaus verschwand. Gott war die komisch.
"Und was wollte Gemma von dir?", fragte Juice mich, der mit einem neuen Bier auf mich zu kam.
"Ach, die wollte nur über belangloses Zeug quatschen", meinte ich trocken und riss Juice ungeduldig die Flasche aus der Hand.
"Okay. Gedroht hat sie dir nicht?", fragte er schon fast panisch.
"S-sollte sie?",
"Macht sie bei jeder", sagte Juice.
"Bei jeder die du versuchst abzuschleppen?"
Ich musste grinsen und Juice ebenfalls.
"War das eine Einladung?", fragte er frech, aber dennoch charmant.
"Nein", antwortete ich genauso frech und charmant, und ditschte meine Bierflasche gegen seine.
"Da kann ich nichts gegen machen?", hakte Juice sicherheitshalber noch mal nach.
Ich dachte nach und sah ein wenig Hoffnung in Juice braunen Augen auffunkeln, aber ich machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
"Ich denke nicht, nein", grinste ich.
Das Funkeln verschwand und er ließ den Kopf leicht hängen. "Aber weißt du was, das ist vielleicht besser so", sagte Juice.
"Ach, ehrlich", meinte ich.
"Ja", grinste Juice.
"Hm und nun?", fragte ich ihn.
"Bock auf Billard?"
"Klar, wieso nicht."
Ich schnappte mir Juice' Hand und zog ihn nach drinnen ins Clubhaus.
    Während Juice und ich erstmal eine leicht bekleidete Dame von dem Tisch runterziehen mussten, die am schlafen war, um überhaupt spielen zu können, kam auch schon mal wieder Tig zu uns.
"Stör ich euch?", fragte er uns.
"Ja", antworteten Juice und ich gleichzeitig.
"Okay", meinte er und ging daraufhin weiter.
Juice blickte verwundert. "Das ging aber schnell", bemerkte er.
"Ist doch gut so", lachte ich leise und Juice stimmte mit ein.
   
Als Juice dran war, blickte ich auf den Rückenteil seiner Kutte. Ich sah einen Totenkopf, der in seinen knochigen Händen eine Glaskugeln mit einem Anarchisten A. In der anderen Hand hielt der Totenkopf ein Gewehr, aus dessen Lauf eine Axt hervortrat, die blutverschmiert war. Oben prankten die Worte: SONS OF ANARCHY.
Unten stand in derselben Schrift CALIFORNIA. Und an der Seite wurde das MC genäht. Ich fuhr mit meinem Finger über den Totenkopf.
Juice fuhr leicht zusammen und drehte sich zu mir. Außerdem rutschte er mit dem Billardstock, dessen eigentlichen Namen ich nicht kannte, weg und versemmelte die weiße Kugel.
"Nea, ich darf nochmal!", meinte Juice.
"Nö!", sagte ich und schnappte nach dem dünnen Holzstock. Juice ließ aber nicht los.
"Du hast mich abgelenkt, das zählt nicht", stellte Juice klar.
"Ach, abgelenkt, hab ich dich? Vielleicht bist du einfach nicht fähig dafür."
"Woah, jetzt übertreibe es mal nicht. Du hast mich ablenkt, in dem du mich aus dem Hinterhalt begrabscht hast und dann darf ich nicht noch einmal?"
"Ich hab dich lediglich leicht berührt. Begrabschen wäre da ein paar Stufen höher gewesen."
"Du hast mich trotzdem abgelenkt", meinte Juice trotzig.
"Hab ich nicht", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust und ließ den Stock los. 
"Doch."
"Nopi", sagte ich und schnalzte mit der Zunge. "Mensch, Juice. Da hat man ja keine Lust mehr mit dir zu spielen."
"Das beruht dann wohl auf Gegenseitigkeit", meinte Juice und zog dem Stock zu sich.
"Du hast gewonnen, bist du zufrieden?", fragte ich ihn.
"Ja", grinste er und wandte sich dem Tisch zu.
"Der Klügere gibt eben noch, nicht?", flüsterte ich und Juice' blickte sofort zu mir.
Er schmiss den Stock auf dem Tisch und drehte sich ganz zu mir.
"Du denkst ich bin nicht schlau?"
"Das war ein Scherz. Das ihr Hispanics, immer solche Dramaqueens sein müsst."
Er verdreht leicht die Augen und ich kniff ihn nur in die Wange.
"Bin ich nicht", sagte Juice.
"Klar", grummelte ich, worauf ich von Juice an meinen Handgelenken zu ihn gezogen wurde. 
"Kann man eigentlich noch etwas an dieser Einladung rütteln?", fragte Juice irgendwie verlegen.
"Einladung. Welche Einladung? Hab ich was verpasst?"
Ich stellte mich extra dumm, um Juice auf die Palme zu bringen. Das funktionierte auch mal wieder.
Ich lachte, als ich Juice verwirrtes Gesicht sah.
"Mal schauen, was die Nacht noch bringt. Die ist ja noch ziemlich jung", meinte ich.
"Also nach einer nächsten Abfuhr hört sich das schon mal nicht an", grinste Juice zufrieden. Ich lachte wieder. "Werden wir ja sehen."
"Herausforderung angenommen."
"Oh Gott", murmelte ich.

Charming- Our Name Says It All (SonsOfAnarchyFF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt