Kapitel 14 (Nea)

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"Das Zeug ist echt gut", meinte ich, als ich den Qualm vom letzten Zug wieder auspustete.
Ich saß auf den eher ungemütlichen Bürostuhl und hatte meine Beine gekreuzt auf den Schreibtisch ablegt. Juice lag auf einer kleinen Couch neben der Tür und lachte nur, als ich ihn den Joint hinhielt.
"Du hast doch gerade erst den ersten Zug gemacht", lachte er und schnitt eine Grimasse.
"Mensch, das hat einen schokoladigen Nachgeschmack", sagte ich als wäre es wie selbstverständlich.
Juice nahm ebenfalls einen Zug und nickte nur. "Hast du eigentlich einen Job?", fragte Juice mich.
"Wieso, sehe ich arbeitslos aus?", stellte ich frech die Gegenfrage.
"Nein, das nicht."
"Das nicht?", fragte ich hellhörig.
"Tig war der Meinung du bist Stripperin."
"Also, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keine Stripperin bin und in einem bescheuerten Diner arbeite", lachte ich.
"Als Kellnerin?"
"Ja, also als Tisch nicht."
"Dann wäre es ein ganz schöner Tisch mit zwei Hügeln", lachte er und ich stimmte ebenfalls mit ein.
"Ja, da magst du recht haben. Als was arbeitest du?", fragte ich ihn.
"In der Werkstatt als Mechaniker. Ist ziemlich cool."
"Glaub ich dir. Ich hab mal in einer Werkstatt gearbeitet, bevor dem Diner-Scheiß."
"Das mit dem Diner ist so schlimm?", fragte Juice.
"Naja, ich wollte eigentlich Biologie studieren. Meeresbiologie. Meine Eltern hatten nicht das Geld und naja, hab das Studium nicht bekommen und bin letztlich auf gar kein College gegangen. Und so bin ich im Diner gelandet."
"Das ist Mist, wenn man nicht die Möglichkeit hat, zu studieren. Ich war nur ein Jahr auf den College. War irgendwie nichts für mich. Dann bin ich in Charming gelandet."
"Du bist nicht von hier?", fragte ich neugierig.
"Nein, aus Queens, New York", sagte Juice und zog wieder an dem Joint, ehe er es mir reichte.
"New York, New York", seufzte ich und zog von dem Joint. "Ich war noch nie da gewesen. Aber wollte da irgendwie schon immer mal hin. Zur Freiheitsstatue, auf das Empire State Building, Wall Street", schwärmte ich schon regelrecht.
"Irgendwann kommst du nach New York. Es ist nur eine Frage der Zeit", meinte Juice aufmunternd.
"Eher eine Frage des Geldes. Es reicht noch nicht mal vorne und hinten, wegen die Miete des Bungalows, in dem Sammy und ich wohnen. Wir müssen jeden Cent dreimal umdrehen."
"Okay, den Spruch hab ich jetzt aus einem Glückskeks, denk ich zumindest, aber-", sagte Juice und hielt inne.
"Aber?", hakte ich nach.
"Hab vergessen was ich sagen wollte", grinste er und ich hielt ihn die Tüte hin.
"Das kenne ich nur zu gut", lachte ich. "Wieso wirkt das denn noch nicht?"
"Das dauert. Die Zeit kommt noch, wo es dich hart trifft", lachte Juice. "Sehr hart."
"Ohja, das kann ja was werden", schmunzelte ich und ließ mich zurück sinken. Meine Güte und Juice hatte damit ziemlich recht, was die Wirkung des Zeugs anging.
Nein, ich sah keine Einhörner auf Regenbogen herumrutschen, oder dieses typische andere Klischeehafte, was man sieht, wenn man High ist, wie es immer in Filmen und Serien verwendet wird.
Das Zeug löste zwar Hallunitiationen aus, aber was für welche.
Ich kauerte in der Ecke des Büros und hielt mir die Ohren zu, um diese verdammten Polizeisirenen auszuklinken. Aber die wurden immer lauter.
"Ich sollte aufhören illegale Straßenrennen zu fahren!", schrie ich, sprang auf und stürmte aus dem Büro, um von der Polizei zu flüchten.
Ich riss die Autotür des Abschleppwagens auf und sprang rein, ehe ich die Tür hinter mir zu zog - kauerte mich auf die Sitzbank und rührte mich gar nicht. Und zwar solange bis ich dort einschlief.

"Nea. Hey."
Irgendwer stupste mich an, aber ich hatte keine Lust mich irgendwie zu rühren.
"Hmmm?", murmelte ich verschlafen.
"Ich fahr ins Motel zum duschen, wir sehen uns später, ok"?
Ich ließ die Stimme auf mich wirken. Ach Mensch. Das war ja Sammy gewesen.
Ich hob meinen Kopf kurz an und öffnete meine Augen. Tatsache, Sammy live und in Farbe.
"Mhm", machte ich wieder und blickte auf Juice, der mit mir zusammengekauert auf den Billardtisch lag. Er schlief noch seelenruhig und ich wollte auch noch eine Runde schlafen.
Ich ließ meinen Kopf wieder aufs Juices Brust fallen und er stöhnte leise.

"Hey, ihr beiden aufstehen!", wurde ich aus dem Schlaf geschrien und geklatscht.
"Verdammt", grummelte ich und rieb mir die Schläfe, als ich mich wieder von Juices Brust erhob.
Ich sprang vom Billardtisch, nachdem ich einen leicht giftigen Blick von Gemma abbekam.
"Juicy!", sagte ich und rüttelte den schnarchenden Typen an den Schultern.
"Was'n?", murmelte er und öffnete verschlafen seine Augen.
"Aufstehen, Juice. Entweder bringst du deine Eroberung dahin wo sie hingehört, wo auch immer sie ist, oder ihr beide räumt mit auf", sagte Gemma warnend.
"Ich bring ins Motel!", sagte Juice munter und hellwach und ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
"Das war ein verdammter Scherz, ihr beide räumt auch mit auf!", meinte Gemma streng und klatschte in die Hände.
"Gemma, lass Juicy-Boy, doch seine kleine Errungenschaft nach Hause bringen", meinte der große Grauhaarige und kam auf mich zu. Er hielt mir seine riesige Hand hin. "Clay, der Präsident der Sons."
"Nea", sagte ich und schüttelte kurz seine Hand.
"Okay, dann bring ich dich mal", sagte Juice und schnappte sich mein Handgelenk, ehe er mich durch Chips, Alkoholflaschen und Alkoholleichen nach draußen zog.
"Hast du keinen Kater?", fragte ich Juice.
"Schon ein wenig. Was ist mit dir?", stellte er die Gegenfrage.
"Ein wenig", sagte ich.
Kaum hatten wir Juice' Maschine, klingelte sein Handy.
"Warte mal kurz", sagte Juice und zog sein Handy hervor.
"Ja, was ist los, Chibs?", fragte Juice und hielt sich das Handy ans Ohr.
"Ja okay, ich wollte eigentlich mit Nea frühstücken gehen", murmelte Juice.
Verblüfft blickte ich ihn an. Ach, und ich dachte er bringt mich nur nach hause. Aber wenn er es so will.
Als Juice auflegte fragte ich sofort was los sei. "Irgendwer hat von Sammy das Motorrad geschrottet." sagte Juice und steckte das Handy wieder in die Kuttentasche.
"Sammys Motorrad? Wie? Wann? Wieso? Wer? Ist die Person noch am Leben?", fragte ich panisch.
"Weiß ich nicht. Deshalb fahren ich mit dem Abschleppwagen zum Motel und sammel Sammys Ding ein. Sammy kommt wieder mit her", erklärte Juice schnell.
"Klar, wenn ich hier bleibe muss ich mit aufräumen, oder ich verstecke mich."
"Du musst schon nicht aufräumen. Dafür haben wir die Prospects", muntere Juice mich auf. Als wäre ich irgendein Kumpel von ihm, schlug er mir auf die Schulter und eilte zum Abschleppwagen- ließ mich einfach stehen.
"Ja, wieso auch nicht", murmelte ich und ging zurück in Richtung Clubhaus.
Kaum hatte ich das Clubhaus betreten, stand Gemma vor mir und hielt mir eine Mülltüte hin.
"Da bist du ja wieder", sagte sie und ließ mich grummelnd zurück.
"Ach, leck mich doch", grummelte ich.
"Hey, was bist du denn so fröhlich?", fragte Tig mich mit voller Ironie, als er an mir vorbei ging.
"Hm", grummelte ich und schnaubte.
"Hi", sagte Sack nervös und blickte zu mir.
"Hey, Kip", meinte ich.
"Hilfst du auch mit?"
"Muss ich ja wohl", sagte ich und verdrehte leicht die Augen.

Während ich aufräumte und mich umblickte, fiel mir auf einmal ein wirklich gutaussehender Typ auf. Jung, blonde schulterlange Haare.
Halleluja.
Der Schönling blickte zu mir und musterte mich kurz, ehe er breit Grinsen musste. Er zeigte Grübchen und gerade weiße Zähne.
Irgendwie verlegen wich ich seinen Blick aus, konnte mir trotzdem kein Grinsen verkneifen.

Wer zur Hölle war dieser Kerl, verdammt?

"Konzentrier dich lieber aufs Aufräumen, anstatt auf den Vize", flüsterte Kip mir zu. "Gemma hat dich sowieso schon auf den Radar."
Ertappt blickte ich zu Kip. "Radar?"
"Ja. Aber hey, ich hab dich gewarnt", sagte Kip, als ich wieder zu dem Vize blickte und auch er guckte wieder zu mir.
"Ich denke, wenn Gemma etwas gegen mich hätte, würde sie auch schon verhindern, dass ich dieselbe Luft wie ihren Sohn atme", grummelte ich.
Kip lachte leise in sich hinein. "Ich mag dich irgendwie", grinste er.
"Danke. Ich glaub ich mag dich auch", gab ich zurück.

Charming- Our Name Says It All (SonsOfAnarchyFF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt