Sky

Kapitel 32

Dienstag

Der Wecker klingelt wie jeden morgen unbarmherzig. Ich drehe mich um und kuschel mich weiter in das Bett, den Polster auf den Kopf gepresst um das nervende Geräusch zu ersticken. Jedoch hört der Wecker einfach nicht auf zu klingeln und ich setzte mich auf um ihn abzuschalten.

Ich überlege ob ich heute wieder in die Schule gehen soll. Eigentlich fühl ich mich schon viel besser, ich hab noch leichte Kopfschmerze und etwas Halsweh. Also gut, ich will nicht zu viel Unterricht verpassen.

Müde stehe ich auf, tapse in das Bad und kämme meine (immer noch glatten) Haare, welche ich anschließend einfach offen lasse und nur die vordersten Strähnen aus zurückstecke. Schnell schminke ich mich und ziehe dann meine Schuluniform an, dazu passende hellblaue Strumpfhosen.

Wenig später sitze ich auf einem der Barhocker und trinke meinen Kaffe. Als ich jedoch sehe wie spät es schon ist, schnappe ich mir schnell eine Banane und schlüpfe in den grauen Mantel, binde mir den dunkelblauen Schal mit meinen eingestickten Initialen um und hole meine Tasche. Da fällt mir erst auf, dass ich noch gar keine Schuhe anhabe. Seufzend bücke ich mich und ziehe mir schwarze hohe Mary - Janes an.

Dann, als ich schon Nates Auto vor der Tür stehe, gehe ich aus dem Haus und setzte mich in sein Auto. Dabei esse ich meine Banane.

'Na Prinzessin? Bist du wieder gesund?' lächelt er.

'Ja, mir gehts schon besser.'

Als wir an der Schule ankommen, steige ich aus und gehe zu unseren Freunden. An unserem Stammplatz befinden sich die üblichen Leute: Henry, Lukas, Vanessa und Finn, die Händchen halten, Sophie und.. Will, der grimmig zu Vanessa und Finn guckt. Als sie Nate und mich entdecken lächeln sie uns an, nur Will nicht. Dessen Gesichtsausdruck scheint bei meinem Anblick noch grimmiger zu werden. Verwundert sehe ich ihn an. Ich werde von allen umarmt, als ich mich gerade zu Will umdrehe, um zu fragen was denn los sei, starrt er mich kurz an und geht. Er geht einfach weg!

'Okay, was ist hier eigentlich los?' rufe ich und stemme die Arme in die Hüften. 'Warum zum Teufel ignoriert Will mich?! Und wieso seht ihr euch jetzt alle so komisch an?! Verdammt, was ist los?'

Nate kratzt sich am Kopf und sieht auf den Boden. Henry und Lukas schauen weg. Finn fummelt an seiner Jacke rum und Vanessa und Sophie werfen sich einen Blick zu, von dem man nicht will, dass die besten Freundinnen einen solchen austauschen. Denn er bedeutet in etwa oh-oh-wir-wissen-etwas-wollen-allerdings-nicht-sagen-was.

'Man, jetzt redet mit mir! Was ist los?' Verzweifelt hebe ich beide Arme.

Nate räuspert sich. 'Gestern.. Als Will Finn und Vanessa zusammen sah, ist er.. Nunja, wie soll ich sagen?'

'Völlig ausgetickt.' murmelt Sophie.

'Er.. Er hat irgendetwas davon behauptet, dass Finn was mit einer anderen gehabt haben soll.. Klar niemand hat ihm geglaubt, da Vanessa nämlich zu der Zeit, bei ihm zu Hause war.'

'Okay.. Ich verstehe, er wollte V beschützen.' murmle ich. 'Aber was hat denn das mit mir zu tun?'

'Das wissen wir nicht. Er hat nie etwas über dich gesagt.. Und wenn wir ihn gefragt haben, was denn sei, hat er nicht geantwortet.' sagt Sophie sanft. 'V und er haben sich furchtbar doll gestritten, weil sie ihm nicht glaubt, danach ist er einfach abgehauen.. Mitten während der Schulzeit. Vielleicht hängt das mit dir ja mit dem anderen zusammen. Du solltest ihn später fragen. Das wird schon wieder.' Sie kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Dann löst sie sich von mir und sieht mich aufmunternd an.

Immer noch total verwirrt nicke ich. Die Hände in meine Tasche gekrallt, folge ich schließlich den anderen in das Schulgebäude.

Die beiden ersten Stunden vergehen quälend langsam. Eigentlich mag ich Englisch bei Mr. Shepperd, doch heute geht es einfach nicht rum. Ich zapple die ganze Zeit nervös und Nate wirft mir genervte Blicke zu, doch das ist mir egal.

Die kurze Pause vergeht schnell, da ich in die Bibliothek muss, um ein Buch zu holen. So kann ich nicht mit Will reden. Ich beschließe es auf die große Pause zu verlegen und quäle mich durch die nächste Stunde, Geschichte bei Ms. Lancester.

Dann ist endlich große Pause. Ich gehe zusammen mit Sophie, die ich auf halbem Weg antreffe, in die Cafeteria. Die meisten der anderen sitzen schon, mit ihrem Essen am Tisch. Sophie und ich schlängeln uns durch die vielen Tische zur Essensausgabe und holen uns dort die Tabletts mit dem Essen.

Als wir auf dem Weg zu unserem Tisch sind, sehe ich verwundert, dass viele der anderen Schüler aufgestanden sind und in eine Richtung starren. Ich drehe ebenfalls meinen Kopf in dieselbe Richtung, ohne zu ahnen, was dort los ist. Als meine Augen das Szenario vor mir erblicken, bleibt die Zeit stehen. Ich starre dort hin und kann es nicht fassen, mein Kopf dröhnt und dann lasse ich das Tablett fallen. Das ganze macht einen riesen Lärm und etliche Schüler starren mich an. Es wird totenstill. Immer noch saugen sich meine Augen an dem fest, was ich sehe und brennen das Bild in mein Gedächtnis ein. Mein Körper verkrampft sich und alles was ich fühle ist Schmerz. Es tut so weh, ich kann kaum noch atmen. Meine Lungen scheinen nicht mehr zu funktionieren und ich japse nach Luft. Ich taumle und will nur noch weg. Weg von hier. Weg von Schülern, die mich alle anstarren, weg von dem Schmerz, weg von ihm. Alles verschwimmt und schließlich wird mir schwarz vor Augen und ich falle, falle, falle..

Und trotzdem habe ich immer noch diese Bild vor Augen. Diese eine Bild, das mich innerlich zerbrechen lässt und mir alles nimmt, was ich habe.

Dieses eine Bild, auf dem Will ein Mädchen küsst.

Ein Mädchen, dass nicht ich bin.