Kapitel 35

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Ich liege wach und warte bis der Wecker endlich klingelt. Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen, immer wieder musste ich daran denken, was Chase gesagt hatte. Wahrscheinlich hatte er recht.. Irgendetwas muss passiert sein, ich muss etwas getan haben, dass Will verletzt hat. Doch all das Grübeln brachte mich kein Stückchen weiter.

Ich seufze als endlich der Alarm losgeht und stelle ihn sofort wieder ab. Mühsam schäle ich mich aus meinen Decken und stehe auf. In Windeseile ziehe ich mir meine Schuluniform und fliederfarbene Strumpfhosen an, dann eile ich ins Bad. Die Haare flechte ich und ich schminke mich etwas, um die dunklen Augebringe zu verbergen. Noch schnell etwas Lippenbalsam und fertig bin ich. Anschließend sehe ich jedoch, dass ich heute ausnahmsweiße viel zu früh dran bin und streiche mir deshalb meine Nägel in schwarz.

Dann klopfe ich an Chases Zimmer und warte bis ich höre, dass er aufsteht. Langsam schlurfe ich in die Küche und nehme die Tasse Kaffe, die mir meine Mutter reicht, wortlos an. Hunger hab ich keinen.

Nach einiger Zeit gesellt sich auch mein lieber Bruder mit verschlafenem Blick zu uns und fährt sich durch das Haar.

'Wann fährst du zurück?' fragt mein Vater ohne von der Zeitung aufzusehen.

'Jetzt gleich. Ich fahr Sky noch zur Schule und dann gleich weiter.' Trotzig reckt Chase das Kinn. 'Meine Kurse fangen heute erst nachmittags an.'

Mein Vater brummt etwas unverständliches und vertieft sich wieder in seine Zeitung.

'Ach mein Schatz, ich finde es schade, dass du wiederfährst. Kommst du am Wochenende?' sagt meine Mutter und streicht dem schlechtgelaunten Chase durchs Haar.

'Nein, ich muss die ganzen Kurse aufholen und zudem einen Aufsatz schreiben. Tut mir leid, mum.'

Nachdem auch Chase fertig gefrühstückt hat, ziehe ich mich an und schnappe meine Tasche. Ich warte an der Tür, als unsere Mutter ihn zum Abschied eine lange, lange Umarmung gibt und ihn beinahe zerdrückt. Normalerweiße hätte ich über Chases Gesichstausdruck gelacht, aber im Moment ist mir absolut nicht nach Lachen.

Schließlich sitzen wir im Porsche meines Bruders und bringen die Fahrt schweigend hinter uns. Naja, Morgenmenschen sind wir nun mal nicht.

An der Schule angekommen, steigt Chase mit mir aus und wir gehen auf die übliche Gruppe zu. Dort steht auch Will, mit dem Mädchen von Dienstag im Arm.

Ich muss schwer schlucken und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Als Chase Will erkennt und damit auch das Mädchen, ballt er seine Fäuste. 'Lass es.' flüstere ich ihm zu und streiche ihm über seinen Arm. Auch die anderen Jungs scheinen angespannt und Sophie und Vanessa werfen mir immer wieder nervöse Blicke zu.

Doch ich gehe einfach weitet auf die anderen zu, begrüße sie alle mit einer Umarmung und schau dann zu Will. 'Hey.' sage ich und starre ihn emotionslos ein.

Er nickt mir zu. Okaaayy. Chase steht immer noch starr hinter mir und starrt zu Will. Als es endlich klingelt und somit die unangenehme Lage aufgelöst wird, kann ich nur aufatmen. Einerseits weil ich Will nicht mir mit dieser Teresa sehen muss und einerseits, weil mich die nervösen Blicke der anderen stören. Ich verabschiede mich kurz von Chase und folge dann langsam den anderen, Vanessa wartet auf mich.

'Wie gehts dir?' besorgt mustert sie mich.

'Mir gehts spitze, was sollte schon sein?' Fröhlich sehe ich sie an. Doch sie scheint mit nicht zu glauben und runzelt skeptisch die Stirn.

'Es heißt sie sind jetzt zusammen, weißt du..'

Bumm. Dies lässt mir für einige Sekundne den Atem verschlagen. Wow, so schnell schon. Mein Lächeln gerät ins wanken, zwanghaft versuche ich jedoch weiterhin fröhlich zu gucken. 'Oh, man. Das ist ja toll, ich freu mich total für sie.'

'Ach komm schon. Willst du ihm keine Szene machen? Ihn nicht vor allen fertig machen?'

'Warum sollte ich denn?'

'Sky! Hör auf mit dem gruseligen Zeugs. Wir alle finden es absolut nicht okay, wie er mit dir umgeht. Ich meine zuerst seit ihr so gut wie zusammen, er fragt dich nach einem Date und dann so was.' Ich lache trocken. Ja und vorher fickt er mich noch.

'Du kannst soetwas doch nicht auf dir sitzen lassen! Die Jungs sind auch nicht gerade gut auf Will zu sprechen, aber sie sagen nichts.. Schließlich ist er ihr bester Freund und sie.. Sie mögen Teresa.' Vorsichtig sieht sie mich an. 'Aber Sophie und ich, wir finden natürlich sie ist eine totale Schlampe.'

Ich lache laut auf, sodass sich einige Schüler nach mir umdrehen. 'Ach, komm schon! Ihr mögt sie doch genauso. Und das ist okay, ich bin okay. Mir gehts gut. Ich werds schon verkraften.' Hoff ich zumindest. Ich verdrehe die Augen. 'Was aber noch lange nicht heißt, dass ich sie mag.. Oder, dass ich Will nicht abgrundtief verabscheue und ihn büßen lasse.'

Jetzt lächelt V. Sie legt einen Arm um mich und grinst. 'Genau das wollte ich hören.'

-

Zusammen mit Nate und Sophie drängele ich mich durch die ganzen Leute, die mitleidigen Blicke der anderen ignorierend, und stelle mich an die Essensausgabe. Nachdem ich bezahlt habe, folge ich den anderen an unseren Stammtisch. Dort sind alle schon versammelt, auch Will und seine kleine Schlampe. Okay, tut mir leid. Ich kenn sie eigentlich gar nicht.

Ohne mir auch nur das geringste anmerken zu lassen, setzte ich mich neben Henry und Teresa nieder. Genau gegenüber von der Person, die ich im Moment am liebsten umbringen würde.

'Na, meine Süße. Machen wir später noch was?' fragt Will und streicht der kl- äh.. Teresa über die Wange. Diese stimmt sofort zu und gibt ihm einen fetten Kuss, mitten auf den Mund.

Ich umklammere die Gabel, sodass meine Knöchel weiß hervortreten und starre auf den Boden. Henry sieht mich traurig an. Schnell schließe ich die Augen, um mich zu sammeln. Ich sehe auf und kleistere mir ein breites Lächeln ins Gesicht. 'Ihr zwei seit ja so ein süßes Paar.' flöte ich und ignoriere die verwunderten Blicke der anderen.

'Oh, dass ist nett. Danke Sky.' lächelt Teresa mich freundlich an. Dann wendet sie sich wieder Will zu und die beiden plaudern fröhlich weiter, unterbrochen von heftigen Knutscherein. Nach einer Weile halte ich es nicht mehr aus. Ich springe auf und stoße dabei fast mein Tablet runter. 'Tut mir leid. Ich muss hier raus.' keuche ich und laufe aus dem Saal. Im Freien atme ich erstmal tief durch.

Wie soll ich das bloß noch durchstehen? Niedergeschlagen setze ich mich auf eine der Bänke und starre auf den Rasen. Wie kann ich die beiden auch nur ansehen, ohne, dass es mir jedes mal das Herz zerreißt? Jeder ihrer Küsse quält mich so sehr. Und die Vorstellung, was die beiden machen werden, sobald sie alleine sind, bringt mich fast um. Wenn ich nur daran denke, dass er sie gleich ansieht wie mich, sie genauso berührt, wie er es bei mir getan hat und sie... Ich schüttle meinen Kopf, die Gedanken müssen aus meinem Kopf verbannt werden. Ich seufze tief und traurig und stehe dann auf. Ich nehme meine Tasche, die ich mir vorhin zum Glück geschnappt habe, und gehe hoch erhobenen Hauptes zu meiner Klasse. Die anderen Schüler auf den Gängen, sollen ja nicht sehen, wie es mir wirklich geht. Sie sollen eine starke, junge Frau sehen, die durch nichts und absolut niemanden verletzt wird. Ihre mitleidigen Blicke bringen mich fast in den Wahnsinn. Doch ich werde es nicht zulassen, dass andere mich schwach sehen. Das gehört sich nicht für eine, wie mich. Das gehört sich nicht für eine West, so sagt immer meine Grandma Caroline.

Und sie hat vollkommen recht damit.

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