Kapitel 41

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Schon wieder überkommt mich ein verzweifeltes Schluchzen. Ich lasse mich in den Sand fallen, schmiege meine Arme um mich und starre auf das unruhige Meer. Es ist eiskalt und ich vergrabe meine Zehen in den nassen Sand. Mit einer Hand wische ich mir die Tränen weg und balle sie dann zu einer Faust zusammen, als mich ein weiteres Schluchzen erzittern lässt. Die Tränen laufen mir übers Gesicht, sodass ich das Salz schmecken kann.

Ich fühle mich so verloren. Es ist alles so unwirklich, so unverständlich.. Niemals zuvor in meinem Leben hat mich jemand so verletzt, niemals habe ich mich so alleine gefühlt. Ich presse meine Lippen aufeinander und streiche meine unordentlichen Haare nach hinten. Während ich versuche das Zittern, das meinen Körper wegen der Kälte erschüttert, zu unterdrücken, hole ich tief Luft. Doch das tut so weh, mein gesamter Brustkorb brennt und ein verzweifelter Laut entsteht. Ich japse nach Luft und verziehe das Gesicht zu einem gequälten Gesichtsausdruck.

Plötzlich kniet jemand vor mir, doch durch die Tränenschleier, kann ich nicht erkennen wer es ist. 'Sky? Sky, beruhige dich. Beruhige dich! Atme ein und aus.' Ich versuche das zu tun, was die Stimme mir sagt und währenddessen höre ich wie die Stimme mit jemandem redet. Als ich mich langsam wieder beruhigt habe, schließe ich kurz meine Augen. Als ich sie wieder öffne, erkenne ich Nate und Lukas vor mir. Nate streicht mir die Tränen aus dem Gesicht und sieht mich besorgt an. 'Mein Gott Sky, was ist passiert?'

Ich starre ihn bloß an, mein Kopf ist wie leergefegt. Ich kann keinen einzigen klaren Gedanken fassen, die Tränen sind versiegt und ich fühle mich so alt. Alles in mir ist müde, ich will nur noch sterben.

Nate scheint zu merken, dass er von mir keine Antwort bekommt und seufzt.Plötzlich scheint er zu merken, dass ich zittere und dann geht alles schnell. Er hebt mich hoch und trägt mich zusammen mit Lukas zum Haus. Dort öffnet Henry die Tür und als er uns erblickt, wird er ganz bleich im Gesicht. 'Oh mein Gott sie hat schon ganz blaue Lippen! Sie muss raus aus den nassen Sachen, verdammt!' Dann dreht er sich zu Lukas. 'Hol Sophie oder V!' Dieser verschwindet durch die Tür.

Regungslos starre ich die Jungs an, welche mich gerade ins Bad schleppen und mich auf den Badewannenrand setzten. 'Tut mir Leid, wir müssen das tun.' flüstert Henry und versucht mir meine klatschnassen Sachen auszuziehen, währenddessen verschwindet Nate, um etwas zu holen. Wenig später bin ich nur noch in Unterwäsche und klappere wie wild mit den Zähnen. Henry wickelt mich in eine Decke und dann kommt Nate mit einer dampfenden Tasse in den Händen.

'Trink das.' Er drückt mir die Tasse in die Hände und ich versuche sie mit meinen zitternden Händen nicht fallen zu lassen. Gehorchsam trinke ich einen Schluck, verziehe aber das Gesicht, weil es so heiß ist. Als Nate mich noch einmal dazu ermuntern will zu trinken, schüttle ich nur noch mit dem Kopf. Ich will das nicht trinken. Bevor Nate mich doch noch dazu zwingt, schwingt plötzlich die Tür auf und eine hektische Sophie platzt herein. Vanessa folgt ihr.

Sophie brüllt irgendwelche Befehle und die Jungs verlassen das Badezimmer. Währenddessen schaltete Vanessa das Wasser in der Dusche an. Die beiden ziehen mich hoch und halten mich, während sie mich zur Dusche schleifen und mich unter das heiße Wasser stellen. Sie bleiben dort und stützen mich, auch wenn sie beide ebenfalls klitschnass werden. Nach einer Weile hört das Zähneklappern und Zittern auf, sie schalten das Wasser ab, wickeln mich in ein Handtuch und bringen mir schließlich noch etwas zum Anziehen. Starr und unglaublich erschöpft schlüpfe ich aus meiner nassen Unterwäsche und tausche diese gegen Trockene aus. Darüber ziehe ich in irgendwelche Jogginghosen und ein Sweatshirt an. Als ich fertig bin, kommen die beiden wieder rein, ebenfalls umgezogen, und föhnen mir die Haare welche sie anschließend irgendwie zusammenbinden. Dann bringen sie mich in Sophies und Nates Zimmer.

Dort liege ich erstmal auf dem Bett, zwei Decken türmen sich auf mir, doch ich habe immer noch zu kalt. Vor der Tür kann ich Vanessas und Henrys Stimmen hören. Obwohl sie flüstern, kann ich so einige Worfetzen aufschnappen. 'Was ... passiert? ... Will nicht gefunden. ... versteh nicht...'

Moment mal, was?! Sie haben Will nicht gefunden? Erschrocken setze ich mich auf und keuche entsetzt. Sofort kommt V und setzte sich neben mich. 'Was ist los?' fragt sie besorgt und streicht mir über den Arm.

Mit weitaufgerissenen Augen starre ich sie an. 'Wo ist.. Will?' krächze ich.

Erschöpft fährt sie sich durch das Gesicht. 'Wir wissen es nicht.. Aber Finn, Nate, Lukas suchen ihn.' Sie schluckt schwer. 'Was ist vorhin passiert, Sky?'

Also erzähle ich ihr stockend alles. Mitfühlend nimmt sie mich in den Arm. 'Du solltest schlafen.' Sie drückt mich zurück aufs Bett und setzt sich neben mich aufs Bett.

Ich will nicht schlafen, nicht so lange Will nicht in Sicherheit ist. Doch die Tatsache, dass ich so unglaublich müde bin, sorgt schlussendlich doch dafür, dass ich in einen tiefen Schlaf falle.

* * * * * * * * * * * * * * * * * * * *

Als ich am nächsten Morgen aufwache, fühlt sich mein Kopf unfassbar schwer an. Mein Hals schmerzt unglaublich und meine Glieder fühlen sich an, als wäre ein Panzer drei mal darüber gefahren. Ich schaue auf den Wecker und sehe, dass es schon nach Mittag ist. Mühsam richte ich mich auf und versuche aufzustehen, dabei überkommt mich ein starker Schwindel. Mir wird schwarz vor Augen und beinahe stürze ich, doch jemand fängt mich auf. Langsam dreht sich nicht mehr alles und vorsichtig öffne ich meine Augen. Will steht vor mir und hält mich an den Armen. Entsetzt starre ich ihn an.

'Tut mir leid, ich habe Krach gehört und wollte nur sehen ob alles okay ist.' flüstert er.

Plötzlich überkommt mich eine enorme Übelkeit, schnell stoße ich ihn von mir und laufe ins Bad. Dort übergebe ich mich, drücke auf die Spülung und lehne mich erschöpft gegen die Wand. Von draußen höre ich Wills Husten, er scheint krank zu sein.. Genau wie ich.

Seufzend stehe ich auf und spüle mir den Mund aus. Ich binde mir meine Haare neu zusammen und gehe in die Küche. Will sitzt im Wohnzimmer in einer Decke eingehüllt und starrt auf den Fernseher.

'Wo sind die anderen?' frage ich leise, ohne ihn anzusehen.

'In der Stadt. Sie wollen für heute abend einkaufen.'

Ich nicke. Das hab ich ganz vergessen. Heute ist Silvester, mein absoluter Lieblingsfeiertag. Zumindest war er das.. Bis jetzt. Ich fühle mich scheußlich und habe absolut keine Lust auf feiern.
Ich schnappe mir eine der Tassen und schenke mir Tee auf, dann hole ich mir ebenfalls eine Decke und setzte mich auf das andere Sofa.

Im Fernsehen läuft irgendeine komische Sendung, ich versuche mich auf sie zu konzentrieren, werde allerdings immer wieder von Wills Blicken abgelenkt. Schließlich schaltet er den Fernseher aus und seufzt.

'Sky, hör zu.. Lass uns..' Er schluckt. 'Lass uns versuchen, die ganze Sache zu vergessen.. Diese Stimmung zwischen uns ist einfach abartig. Können wir nicht einfach so tun, als wäre all das nicht geschehen?'

'Du willst, dass wir so tun, als wären wir Freunde, obwohl wir keine sind?' Emotionslos starre ich ihn an.

Er will mir wiedersprechen, aber dann wir ihm wohl klar, dass ich recht habe. Langsam nickt er mit dem Kopf.

'Von mir aus.' Ich zucke gleichgültig mit den Schultern und versuche zu verbergen, wie verletzt ich dadurch bin. Ich.. Ich hatte wirklich gedacht, er würde länger für mich kämpfen. Ich hatte gedacht, er wolle mir beweisen, dass er mich liebt.. Denn dann hätte ich ihm wohl irgendwann verziehen und wir hätten zu-

Hätten, können, sollen.. Verdammt! Ich presse meine Lippen aufeinander und versuche die Gedanken zu verdrängen. Die ernüchternde Realität, dass Will mich wohl doch nicht so liebt, wie gedacht, erwischt mich eiskalt. Doch ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, trinke meinen Tee und starre auf den Fernseher.

So verbringen wir den ganzen Nachmittag im Einklang, ohne auch nur noch einmal miteinander zu reden.

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