46|➳ vertraust Du mir?

1.6K 95 40
                                    

»Denn ihr zwei, ihr beide hattet verloren ohne gekämpft zu haben, hattet verloren ohne jemals gewonnen zu haben.« Blake.

Leany| ,,Katherin", schrie Harold erneut, ehe er sich an den Kopf fasste und seine Lider fest aufeinander presste. Stark zuckte sein Körper und die Blutlache unter Harold wuchs mit jedem Schlag nur mehr. Das Blut aus seiner Wunde am Kopf rann ihm die Wange hinunter und vermischte sich mit dem Nass seines Schweißes, ehe es seinen Kinn hinunter rann bis es auf die Blutlache unter ihm tropfte. ,,Es tut mir leid, Harold. Es... Es tut mir so unendlich leid. Bitte bitte verzeih mir. Hör auf dir selber weh zu tun, bitte... Bitte, bitte hör auf", Laut schrie ich auf, während sich meine Stimme Oktaven überschlug und diese nun im Saal hallte. Und man hörte die Verzweiflung und die Angst in meiner Stimme mit schwingen, sodass eine eiserne Kälte meinen Körper übernahm. Ein starkes Stechen machte sich in meiner Brust breit, weswegen ich laut zu keuchen anfing. ,,Bitte Harold. Hör auf, bitte. Du machst mir Angst", ein Wimmern drang aus meiner Kehle und etliche Tränen bannten sich einen Weg aus meinen Augen hinunter über meine Wange bis sie auf meine zitternden Finger tropften. Und ich wünschte mir so so sehr, dass all die Geschehnisse mit den unendlich vielen Tränen mit davon fließen würden, weil ich den Druck, die Angst und die Trauer in mir nicht mehr spüren konnte. Und ich starb einen weiteren Tod und noch einen und ein weiteren aufgrund der Schmerzen, der Angst und der Kälte welche meinen Körper umhüllten. Die Wärme, die mich zuvor umhüllte, war fort gegangen und es waren der Schmerz, die Trauer und die Angst geblieben. Und ich hatte nachgedacht. Über mein Leben und mein Leid, so, so unendlich oft, dass ich mir wünschte die eiskalte, bittere Kälte nicht mehr spüren zu müssen und ich wünschte mir den Tod so, so unendlich sehr, dass der Gedanke so verdammt weh tat. Eine Träne glänzte auf dem Augenwinkel von Harold, während sein Körper erschöpft in sich zusammen sackte. Weit riss ich meine Augen auf und schritt langsam hinüber zu Harold. Erschöpft blickten seine Augen in die meine und die Röte in ihnen stach enorm hinaus. Ich kniete mich neben ihm, während ich seine Hand in die meine legte und ihm wimmernd in die Augen sah. Das weiße Hemd welches er trug, war in einem dunklen Rot getränkt worden, wobei es sich an einigen Stellen schwarz verfärbt hatte. Langsam schloss Harold seine Augen, während sein Atem stoßweise gegen meinem Gesicht prallte. Seine Hand war stark am Zittern und um die Wunden, welche er sich selbst zugefügt hatte, waren schwarze Krusten. ,,Wieso?", fragte ich leise, während mein Blick auf Harolds Oberkörper lag. ,,Wieso hast du das getan, Harold?", leise flüsterte ich und hob meinen Kopf um Harold in die Augen schauen zu können. Langsam öffnete er seine Augen und blickte in die meine, jedoch gab er mir keine Antwort und sein Anblick, sein Handeln hatte mich so sehr verletzt, dass die Trauer in mir ins unermessliche stieg. Tief sog ich die Luft in meine Lungen, schloss meine Augen und versuchte den bissigen Gestank, welcher uns umgab zu verdrängen. ,,Bist du... Hast du das wegen mir getan?" Leicht öffnete ich meine Augen, während ich zittrig ausatmete und Harolds Hand fester drückte, als dieser versuchte aufzustehen. ,,Nicht Harold. Bitte antworte mir." Verzweifelt schaute ich in Harolds Augen - in der Hoffnung Emotionen aus diesen raus lesen zu können, zumal mir sein gleichgültiger Blick Angst machte. Seine Mundwinkel zuckten, ehe sich diese erhoben und ein raues Lachen aus seiner Kehle drang. ,,Der Tod, Liebes... Vermutlich wäre der Tod die Erlösung und die Verdammnis mein Reich. Verzeiht, Leany. Ich bitte um Vergebung, Liebes. Geht nicht fort, ich bitte euch", krächzte er mit rauer Stimme und versuchte meiner Frage somit aus dem Weg zu gehen. Gleichgültig blickten Harold seine Augen in die meine, ehe er seine Lider erschöpft aufeinander fallen lies und tief ein -und aus atmete. Fest drückte er meine Hand und all die Emotionen, welche ich zuvor in seinen Augen gesehen hatte waren verschwunden. So tief hinter der gleichgültigen Maske begraben worden, dass ich zu glauben wagte diese nie mehr wieder sehen zu können. Und mir war bewusst, dass ich versagt hatte und dass ich alles hinter mir lassen musste, jedoch konnte ich die Leere in mir nicht mehr spüren und den Schmerz der aufgrund von Harold verursacht wurde. ,,Weshalb willst Du dir dein Leben nehmen, wenn Du der Meinung bist, dass Du sowieso in die Hölle kommst, Harold? Und weshalb willst Du dein Leid hier auf Erden los werden, wenn es in der Hölle doch viel schlimmer ist? Verstehst Du, Harold, dass alles ergibt kein Sinn. Wenn Du dein Glück irgendwo anders finden willst musst Du erst einmal anfangen es hier zu finden. Versuch zu akzeptieren wie es ist und versuch damit zu Leben, weil nur Du entscheiden kannst wie Du damit umgehst und wie es Dich beherrschen kann. Ich weiß, dass die Worte die aus meinem Mund kommen nicht zu mir passen, weil... weil ich das Gegenteil von alldem tue, doch ich wollte kämpfen um den Stimmen in meinem Kopf zu zeigen, dass ich nicht kampflos versagt habe. Ich... Mir ist bewusst geworden, dass ich es niemals schaffen würde wieder mein vorheriges Leben zurück zu kriegen, aber es ist in Ordnung, auch wenn es mir so, so verdammt surreal erscheint." Zittrig sog ich die, mir scheinend fehlende, Luft ein, ehe ich erneut das Wort ergriff. ,,Mir ist bewusst geworden, dass ich alle geliebten Menschen verloren habe, dass... dass sie alle einen weiteren Schritt gewagt haben und einen Neuanfang begonnen haben und... und ich habe eingesehen, dass sich das weiter Kämpfen nicht mehr lohnt, weil mich jeder, welcher mich zuvor fest gehalten hatte und mich vor dem Sturz bewahrt hatte, losgelassen hat." Leise schluchzte ich auf, schloss meine Augen und rieb mir mit enormer Kraft die Tränen von den Wangen, weil ich doch so viele Tränen verloren hatte und ich wollte nicht mehr weinen, nicht traurig sein und keine Schwäche zeigen, doch jeder gewagte Versuch meinerseits scheiterte und ich verlor den Kampf erneut. Schwer lehnte ich meinen Kopf gegen das kaputte Regal hinter mir und lies die Tränen meine Schwäche zeigen, während ich Harolds Hand los ließ und zitternd ein -und aus atmete. ,,Aber ich werde weiter rennen, Harold. Ich habe aufgegeben und ich bin erneut gefallen und ich habe kein Halt mehr, kein Schutz mehr, während die Hoffnung verloren ist und ich tausend Tode durchlebt habe. Aber ich werde aufstehen... Aufstehen und weiter rennen, ganz gleich wie langsam und wie lange ich brauchen werde, weil... weil ich nur noch mich habe und... und mir ist bewusst, dass ich Tod bin, Tod für die Menschheit und Tod für alles andere, aber ich habe noch mich, oder Harold? Ich bin Tod, aber für mich bin ich noch am Leben, oder? Ich kann niemanden trauen und mich von niemanden mehr hoch ziehen lassen, außer von mir selbst. Weshalb sollte ich nicht ein weiteres Mal aufstehen, doch dieses Mal... Dieses eine Mal ist der Kampf und der Ehrgeiz für niemanden, niemanden außer mir selbst, weil mir doch bewusst ist, dass ich schon so unendlich viele Tode durchleben musste, wieso sollte ich nicht noch einen Tod für mein Eigen durchleben und ein weiteres Mal aufstehen, um einen weiteren Versuch zu wagen? Und wenn ich erneut versagen würde, dann wäre der Tod nur wegen mir und nur für mich. Nur für mich und für niemand anderem, nur wegen mir und wegen niemand anderem. Ich..", laut stieß ich die Luft aus meinen Lungen, während ich hoffte auch die Angst in mir hinaus stoßen zu können, ehe ich mir das brennende Nass der verbitterten Trauer von den Wangen wischte. ,,Ich weiß, dass ich Schwach bin um aufzustehen und es wäre eine Lüge, wenn ich die Angst in mir verleugnen würde, aber eines Tages, vielleicht nicht mehr lange, werde ich ein weiteres Mal aufstehen um nur für mein Eigen zu kämpfen und ich werde auf den Weg zum Glück tausend weitere Tode sterben, dass ist mir bewusst und dass der Tod meines Versagens der Qualvollste von allen sein wird ist mir auch bewusst, aber... Aber wenigstens kann ich diesen Tod mit einem Lächeln im Gesicht sterben und sagen, dass ich gekämpft hatte und dass ich es versucht und gewollt habe. Ich werde rennen, Harold und Du wirst mich eines Tages nur noch in Erinnerung haben und Du wirst deine Wege gehen, deine Wege schlagen und dich ganz allein durch deine Ängste schlagen müssen. Aber ich weiß, dass Du jemanden finden wirst, mit dem Du glücklich sein wirst und Du wirst Lieben und Verzeihen lernen. Du wirst die Wärme spüren und die Entschlossenheit, die durch deinen Körper fliesen wird, spüren. Und die Person die dein Herz gewonnen hat wird alle Löcher deines Herzens mit Liebe fühlen und alle Narben werden heilen. Du wirst alle Zeit der Welt haben dein verschwundenes Glück wieder zu finden und dein Herz wird die Kälte los. Ich verspreche dir, Harold, dass alles besser werden wird, aber dir muss bewusst geworden sein, dass das Wunder nicht alleine geschehen wird und Du helfen musst um dein Ziel zu erreichen. Bitte, Harold... Bitte versprich mir zu kämpfen bis Du dein Ziel erreicht hast und bitte, bitte gib nicht auf, egal wie viele Tode du sterben musst. Und versprich mir... Versprich mir, dass Du nicht zurück denken wirst - nicht an die schlechten Zeiten, weil mir bewusst ist, dass sie dich ein weiteres Mal zerstören würden und Du mit der Vergangenheit nicht zurecht kommst. Erinnere dich, bis wohin du dich erinnern willst, aber bitte lass die schlechten Zeiten Vergangenheit bleiben, weil vergangenes vergangen ist." Stark zitterte mein Körper, während ich mir aufgrund der bebenden Schmerzen an den Hals fasste. Meine Augen brannten, während meine Wangen vermutlich angeschwollen waren und die erstickende Luft, welche uns umgab, lies mich schwer einatmen. Leer schauten Harold seine Augen in die meine und für binnen von Sekunden zuckte sein rechter Mundwinkel hoch. ,,Weil vergangenes vergangen ist", wisperte er vor sich hin und schloss seine Augen, während er seinen Kopf gegen die Wand lehnte. Das Blut, welches seine Stirn hinunter rann glänzte im Schein den Mondes und auch wenn alles, was wir noch besaßen zwei kaputte Seelen waren, wagten wir es einen Neubeginn zu starten und ein weiteres Mal aufzustehen mit den Hintergedanken und der Angst ein weiteres Mal fallen zu können und einen weiteren Tod durchleben zu müssen. Ich hatte den ersten Schritt gewagt und hatte Vertrauen zu mir selbst aufgebaut, hatte Harold meine Gefühle und mein Ziel preis gegeben, und auch wenn die Angst des Versagens in mir so unendlich groß war, wagte ich es ein letztes Mal aufzustehen und weiter in Richtung Glück zu rennen, weil dieser gewagte Versuch meiner sein würde und ich diesen Weg für niemand anderen mehr gehen würde. Sie hatten mich verlassen und all das hinter sich gelassen, was ich niemals hätte glauben und mich trauen können, doch nun war ich an der Reihe und nun war meine Zeit gekommen voran zu gehen und all das Schlechte hinter mir zu lassen, weil sie alle gezeigt hatten, dass sich das weiter Kämpfen für mein altes Leben nicht mehr lohnen würde. Sie hatten vergessen und ich habe akzeptiert. Sie waren fort gegangen und ich war zurück gegangen und während sie am Aufgeben waren, war ich am Aufstehen und am Siegen nur um beim Siegen zu sehen, dass ich alles verloren hatte. Und ich war Blind vor Stolz und dem Glück welches ich hatte, als Harold mir den Austritt in die Freiheit gewährt hatte, aber hätte ich gewusst, dass mein Sieg eine verbitterte Lüge wäre und dass der Anblick der darauf folgte eine Folter wäre, hätte ich dies alles gewusst, so hätte ich mich dagegen entschieden, aber es war geschehen und es hatte geschmerzt, aber mir ist bewusst, dass der Schmerz vergänglich ist und dass ich meinen Kampf eines Tages gewinnen würde. Und auch wenn ich ohne Harold gehen müsste, so wäre ich fort gegangen und ich hätte Harold hinter mir gelassen, weil mir bewusst ist, dass wir nicht ewig zusammen bleiben könnten und dass die getrennten Wege die bessere Entscheidung wäre, für Harold und auch für mich, weil wir ein weiteren Schritt machen müssten, um an unser Glück gelangen zu können und wir müssten uns trennen, ganz gleich wie tief und wie qualvoll der Schmerz sein würde. Die flüsternden Stimmen in mir sagten, dass das Band, welches wir unbewusst um uns gespannt hatten, eines Tages auseinander reißen würde und dass der Schmerz schmerzhafter als alles was wir zuvor durchleben mussten, sein würde. Ich würde Harold meine Hand reichen und ihn fest halten, ihm Helfen, bis er gelernt hat zu akzeptieren und bis er glücklich mit sich und seinem Leben ist. Ich werde ihm helfen und ihn dann los- und gehen lassen müssen, damit er Leben kann ohne in sich gefangen zu sein und dann, dann werde ich mich auf dem Weg machen und ich werde mein Glück suchen, solang, bis ich es finde und ich werde Leben wie noch nie zuvor und ich werde glücklich sein und mein Leben und mich so sehr Lieben, dass der Gedanke eines Tages sterben zu müssen schmerzen würde und kein ersehnter Wunsch mehr sein würde. Ein letztes Mal wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen, weil ich mir so sicher war, dass wir, Harold und ich, es schaffen würden und wir würden Leben wie keiner zuvor und wir würden das Leben so stark lieben lernen. ,,Wir sind nicht Schwach, Harold. Nicht mehr.", lächelte ich und stütze mich mit meinen Händen an der Wand ab um aufstehen zu können. ,,Wir schaffen das. Ich gebe dir mein Wort, hörst du?" Tief sog ich die Luft in meine Lungen und streckte Harold lächelnd meine Hand entgegen. ,,Vertraust du mir, Harold?" Kurz herrschte Stille, ehe sich Harolds Mundwinkel leicht hoben und er seine Hand in die meine legte. ,,Gewiss, Liebes.", krächzte Harold und meine Augen fingen zu strahlen an, während mein Herz stark gegen meine Brust pochte. ,,Danke Harold. Danke, danke.", laut bedankte ich mich und der Griff um meine Hand wurde fester, ehe Harold sich aufstellte und mich müde anlächelte. ,,Aber du musst den ersten Schritt machen, Harold. Bist du bereit um mit deiner Vergangenheit abzuschließen? Bitte vertrau mir, hörst du?" Tief hörte ich ihn ein- und aus atmen und sein Lächeln erstarb, ehe er seine Augen, welche er geschlossen hatte wieder öffnete und mir in die Augen blickte. Wieder zuckten seine Mundwinkel hoch, jedoch war dieses Lächeln nicht so stark wie das vorherige. ,,Folgt mir, Liebes", sagte Harold. Leicht löste sich der Griff um meine Hand, ehe er sich räusperte und voran ging durch den Saal und in den Garten, wo der Rasen mit einer leichten Schneeschicht überdeckt war. Gedämpft nahm ich die Laute der Krähen in der Ferne wahr. Zitternd verschränkte ich die Arme um meine Brust und folgte Harold, welcher voran gegangen war, als ich unbewusst stehen geblieben war. Geschockt schaute ich die alte Tür aus Stein an ehe ich meinen Griff um meinen Oberkörper verstärkte. ,,Was wollen wir im Bunker, Harold?"

___
authorsnote:
Ich wünsche euch allen ein schönes Weihnachtsfest und hoffe, dass ihr alle reichlich beschenkt werdet. Ebenso wünsche ich euch allen ein guten Rutsch ins neue Jahr und hoffe, dass ihr alle Dinge die ihr euch vornimmt erfolgreich erreicht, da ich bezweifle, dass ich es schaffe am Neujahr nochmal zu updaten. 😘😊

Und dann wollte ich mich nochmal an euch bedanken, dafür dass ihr mich mit der Geschichte weiterhin unterstützt und so süß kommentiert und immer fleißig votet. Vielen unendlichen Dank für alles! 😁🤗

Don't play with me, Darling! h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt