48|➳ zwei Monate

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Widmung:
harrys-empire

»Wie oft kann man den Schmerz herunterschlucken, bevor man daran erstickt, Nolan?« Kylie.

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48| two months

Leany| Stark fingen meine Hände zu zittern an, ließen das Stück Papier, welches mein Herz in unendlich vielen Teilen zerbrechen lies, zu Boden fallen und meine Augen bittere Tränen weinen. Laute Schluchzer, welche bitterer hätten nicht sein können drangen aus meiner Kehle, sprachen all das aus, was mein Mund zu diesem Zeitpunkt nicht hätte sagen können. Die Tränen rannen über meine Wangen, bannten sich einen Weg in die Freiheit um sich mit dem Nass auf dem Boden zu vermischen und in die Erde zu sickern. Und so oft hatte ich mir gewünscht, dass der Schmerz in meiner Brust, die Trauer meiner Seele, die Angst in meinem Körper und die bedrückende Stimme in meinem Kopf mit den Tränen fortgehen würden, doch sie taten es nicht, hatten es noch nie getan, denn sie wollten gespürt und gehört werden. Das Pochen meines Herzens drang in meine Ohren und ich wagte es zu glauben, mein Herz in unendlich vielen Teilen zerspringen zu hören. Meine Hände presste ich gegen meine Augen, wagte es die aufkommenden Tränen zu halten, ihnen keine Freiheit zu gewähren, denn der Schmerz in mir ließ es auch nicht, hielt mich gefangen und ließ mich brechen, obgleich ich es schon war. Und wieder und wieder wünschte ich, es wäre nur ein Traum, der sich so verdammt real anfühlte. Und erneut bat ich um Vergebung, bat um Verzeihung, für all das Schlechte, all meine Sünden, die ich je begangen hatte, um keine Strafen und keine Schmerzen mehr verspüren zu müssen. Lautlose Schreie drangen aus meiner Kehle und keiner würde mich je hören können, niemand würde mir je helfen können, denn sobald ich zu glauben wagte, dass es besser werden würde, kam etwas, was mich immer und immer wieder zerbrechen ließ. ,,Wieso vergisst du nicht, Ethan? Weshalb kommst du jetzt wieder? Bitte tu mir das nicht an - du weißt, ich kann das nicht", leise wisperte ich, übertönte das Zittern meiner Zähne, während die qualvollen Laute, welche aus meinem Mund drangen, zunehmend stärker wurden. Leicht wischte ich die Tränen von meinen Wangen, hob den Kopf und griff nach dem Brief. ,,Bitte nicht nochmal, Ethan. Bitte, bitte tu mir das nicht ein weiteres Mal an. Das kannst du nicht machen. Bitte, tu mir das nicht an und vergiss mich, wenn du mich liebst - ich bitte dich." Wieder schloss ich meine Augen, nur um diese ein weiteres Mal zu öffnen, mit der Hoffnung in mir, dass ich mit Tränen in den Augen und rasendem Herz aus meinem Traum erwachen würde, doch mich empfing immer wieder die pure Realität. Ich wünschte mir, dass alles ein Traum wäre, dass Ethan und ich nicht gestritten hätten und die Begegnung mit Harold eine Illusion, ein Traum war, der sowohl schöne als auch schlechte Erinnerungen mit sich trug. Der Wunsch, wieder wie damals Leben zu können, brannte in meinem Herzen, mit dem Druck der Schule und dem Stress, den ich Zuhause hatte. Und der Wunsch, all den Druck und die Angst, mit den Problemen, die ich damals hatte, eintauschen zu können breitete sich in mir aus, er wurde ein ersehnlicher Wunsch, einer, welchen ich mir ohne einen Gedanken darüber zu verschwenden, sofort gewünscht hätte, denn die Qualen, durch denen ich derzeit gehen musste, waren Schmerzen, von denen ich nicht einmal zu Träumen gewagt hatte. ,,Drei Jahre", krächzte ich, schloss meine Augen und hob mein Blick hoch hinaus in die Lüfte. ,,Dreieinhalb Jahre bin ich schon fort, ohne es gewusst zu haben. Warum hast du in den drei Jahren nicht vergessen können, Ethan? Wieso hingst du an mir, obgleich dir bewusst war, dass es uns nicht mehr geben würde. Ich... Ich weiß nicht wieso...", schluchzte ich, hielt den Atem an, um die bitteren Laute, welche meiner Kehle entflohen, dämpfen zu können. ,,Ich weiß nicht wieso, aber ich... ich kann nicht sagen, dass ich Dich liebe. Ich... Nicht wie damals, Ethan. Ich- Ich liebe dich, aber nicht wie damals, nicht so stark und... und nicht... Es tut- tut mir so leid, Ethan." Bitter schluchzte ich auf, presste meine Hand gegen meinen Mund um das Beben und die Schreie dämpfen zu können, bis sich alle Geräusche zu einem Flüstern dämpften. Desöfteren laß ich mir den Brief durch, prägte die Worte in mein Gedächtnis ein und lies mein Herz mit jeder Zeile die ich erneut laß, immer mehr brechen. ,,Zwei Monate", wisperte ich und sog die Luft in meine Lungen. ,,Weshalb jetzt, Ethan? Wieso in zwei Monaten, wenn doch mehr als drei Jahre vorüber sind?" Der Drang alles hinter mir zu lassen und fort gehen zu können, breitete sich in mir aus. Ahnungslos in eine Richtung zu rennen, unwissend wohin dieser mich führen würde, nur um vor meinen Problemen weg laufen zu können und keine Antworten auf die offenen Fragen geben zu müssen. Nur um dem Schmerz in meiner Brust entkommen zu können, welcher mich quälen würde, sobald ich die Antworten auf meine Fragen bekommen würde. So sehr würde ich rennen, um nie mehr zurück blicken zu müssen, doch ich konnte nicht, durfte nicht, denn ich gab Harold mein Wort und versprach ihm, ihm zu helfen bis er zu Lieben gelernt hat. So sehr würde ich es brechen wollen, um mein eigenes Leben retten zu können, um die gebrochenen Teile meinerseits wieder zusammen zu puzzeln und den Wunsch, meinem Leben ein Ende zu setzten, rückgängig zu machen, doch mir war bewusst, dass ich das nicht konnte, denn ich gab ihm mein Wort und dieses eine Versprechen lies sich nicht brechen. Mein Verstand schrie nach Freiheit, doch mein Herz lies es nicht zu, zwang mich mein Versprechen zu halten. Doch ich schwieg, konnte nicht sagen, was ich wollte, obgleich alles in mir nach der Erlösung schrie. Schwer hob ich meinen Kopf, wischte mir die aufkommenden Tränen von den Wangen, richtete mein Gewand und blickte hoch zum zertrümmerten Bunker, mit welchem wir, Harold und ich einst so viele Erinnerungen verbanden. Langsam wendete ich meinen Blick von diesem, setzte kleine Schritte in die entgegengesetzte Richtung an, bis ich vor der geöffneten Tür des Schlosses zum stehen kam. Fest krallte ich meine Nägel in das Stück Papier, senkte den Blick und lies die betäubende Leere in meinen Körper eindringen. Schwer setzte ich meinen Weg fort, bewegte mich voran um in ein Zimmer gelangen zu, in welchem ich meine Augen schließen konnte, um nur für einige Minuten vergessen zu können, was hier geschah. Eine eiserne Kälte umfing meinen Körper und der zerknitterte Brief in meinen Händen drohte sich in zwei zu teilen. Laute Schritte hallten im Saal wieder, verstummten als ich eine Präsenz dicht hinter mir wahr nahm. Ein heiser Atem prallte gegen meinen Nacken, während kalte Finger auf meiner Schulter ruhten. Eine ohrenbetäubende Stille trat ein, lies das Geschehen nur mehr bedrückender wirken und mein Herz schneller gegen meine Brust schlagen. Ich wagte es einen Schritt vor zu treten, wollte die kalten Finger nicht auf meiner Schulter haben, wollte nicht berührt werden. Es würde mich nur runterziehen, denn ich wagte es, dem absurden Gedanken glauben zu schenken, dass die Leere in mir gut täte, denn sie lies die Gefühle verbrennen und die Gedanken verstummen. Lies mein Herz erfrieren und meinen Körper ertauben. Fest umgriffen Hände meine Schultern, drehten mich mit enormer Kraft um, sodass ich in die kühlen Augen von Harold blickte. Glanzlos blickten sie mir entgegen und gaben preis, was Harold niemals in Worten preis geben würde. Ihm war nie bewusst, dass seine Augen ihn bei allem verrieten, war nicht bewusst, dass das Schweigen unachtsam und sinnlos war, wenn die Augen ihn doch bei allem verraten würden und doch zwang er sich ein Lächeln auf die Lippen. So als wären wir nicht im Bunker gewesen, so als wäre dieses Teil, mit welchem er so viele Erinnerungen verband, nicht eingestürzt. Und so, als hätte er nie verloren, als wäre er nie gefallen und als hätten er kein schweres Leben gehabt. ,,Gibt euch dem Schlaf hin, Liebes, er würde euch gut tun." Das Lächeln, welches verlorener nicht hätte sein können, würde jedem anderen normal erscheinen, wenn sie nicht wüssten, wie gut Harold darin war seine makellose Maske aufzusetzen, um zu zeigen, wie mächtig er doch war, doch ich nahm wahr, dass er aufgrund von mir lächelte, um mir zeigen zu können, dass es ihm gut ginge und es ihn kalt lies, dass die Asche seiner Familie unter den Trümmern des Bunkers vergraben lag. Ich würde Lügen würde ich sagen, dass seine Worte mich kalt ließen, denn mir war bewusst, dass der wenige Schlaf mich vergessen lies, auch wenn es nur wenige Minuten waren, in welchem ich mich der Realität entziehen konnte, um den Schlaf verfallen zu können. Doch wohin verschwinden Träume, wenn wir aufwachten und der Realität ins Auge blickten? Ein absurder Gedanke, welcher in der jetzigen Situation in meinem Kopf umher schwirrte, mit der Hoffnung in mir, meine Träume irgendwann begleiten zu können, um mich der Realität komplett entziehen zu können. Der Druck auf meinen Schultern nahm zu, fest krallte Harold seine Nägel in meine Haut und die Augen, die auf mir hafteten, sprachen die pure Lustlosigkeit aus, welche in Harold steckte, denn sein Körper war schwach, doch Harold hatte sich zu oft eingeredet, dass die Schwäche für ihn nicht existieren durfte. ,,In Ordnung", flüsterte ich und setzte den ersten Schritt an, um mich von Harold distanzieren zu können, jedoch zog Harold mich stark an seine Brust, legte einen Arm fest um meinen Rücken, sodass jegliche Chance mich ihm zu distanzieren, ausgeschlossen war. Langsam wanderte seine Hand meinen Arm hinunter, während er auf mir runter blickte. Sein heiser Atem, welcher gegen mein Gesicht prallte, jagte mir einen Schauder den Rücken hinunter, während seine warme Hand, welche meinen Arm hinunter geleitete, mein Herz schneller gegen meine Brust schlagen ließ. Schnell geleitete sein Blick hinunter auf meine Hand, in welchem ich den Zettel fest mit meinen Fingern um krallte. Mein Atem drang stoßweise durch meine Lippen, während meine Beine mein Gewicht nicht länger halten konnten. Leicht beugte er seinen Kopf, kam meinem Ohr näher, ehe er einige Sekunden in seiner Position verweilte. Ich nahm seinen ruhigen Atem wahr, welcher in einem regelmäßigen Rhythmus gegen meinen Nacken prallte, seine kurzen Locken, welche auf meiner Wange kitzelten. Nahm seinen sanften Duft wahr, welcher meine Sinne benebelte und den bissigen Gestank von getrocknetem Blut, welcher sich mit seinem eigen Duft mischte und sich in meine Nase biss. Leise sog er die Luft in seine Lungen, blies diese wieder aus, sodass der kleine Windstoß, welcher gegen meinen Nacken prallte, meine Haut mit einer Gänsehaut bedeckte. Seine Hand auf meinem Rücken brannte, lies all die Kälte und all die Leere in mir verbittern. ,,Darf ich?", raunte er mir ins Ohr, wanderte mit seiner Hand meinen Rücken hoch und verstärkte den Griff, als ich mich fort bewegen wollte. Seine andere Hand umgriff sanft meine Hand, während seine Lippen mein Ohr berührten. Fest ballte ich meine Hand zu einer Faust, lies den zerknitterten Brief hinter meinen Fingern verschwinden. Harold lockerte den Griff um meine Hand, umschloss mit seinen Fingern meine und versuchte diese zu öffnen, um an den Brief gelangen zu können. Vorsichtig öffnete er meine zitternden Finger, zog den Brief mit der anderen Hand aus ihnen und verschränkte unsere Finger mit der anderen Hand ineinander. ,,Nein", krächzte ich, wollte nicht, dass er den Brief laß, wollte nicht, dass er weiß, dass es in zwei Monaten enden würde, denn ich wollte nicht zurück, zurück zu Ethan, wenn meine Familie fort war und abgeschlossen hatte. Ich wollte nicht zurück zu den Menschen, die Vergangenheit waren, sondern meinen Weg alleine gehen, weil mir bewusst war, dass ich keine Ruhe finden würde, sobald ich zurück kehren würde.Ich würde mit Harold mit gehen, wenn er mich bei sich brauchte, würde meinen Weg alleine fort legen, wenn er mich abweisen sollte, aber ich könnte nicht zurück gehen, denn eine Art Mauer, welche sich in den letzten Jahren um meine Vergangenheit gebildet hatte, ließ nicht zu, mit den Gedanken zu spielen zurück zu kehren - nicht, nachdem mir bewusst wurde, dass sie aufgegeben hatten nach mir zu suchen. Es schien so, als verband Harold und mich etwas, als würden wir zerbrechen, wenn wir auseinander gehen würden und doch schrieen die Stimmen in mir, dass ich gehen sollte, doch nicht mehr so laut wie zuvor, denn mit jedem neuen Tag prallten die Worte dumpf gegen eine Art Mauer, welche nicht zu lies, dass ich auf ihre Worte hören sollte und wurden immer leiser. ,,Woher habt ihr ihn, Liebste?", ein Flüstern, welches kaum zu vernehmen war, wenn Harold nicht so nah an mir wäre, drang rau aus seiner Kehle, während seine Lippen wieder und wieder mein Ohr striefen. ,,Bitte nicht, Harold. Bitte, lass ihn meins sein." Flehend krallte ich meine Nägel in Harold's Haut, während er seine Finger stärker um die meine verschränkte. Seine Hand wanderte meinen Rücken hoch, blieb an meinem Nacken stehen, ehe sie weiter wanderte um auf meiner Schulter zu ruhen. Er hob sein Kopf, lehnte seine Stirn an die meine, ehe er mir das zerknitterte Stück Papier in die Hand legte und mir in die Augen blickte. Neugierde spiegelte sich in diesen wieder und mir war bewusst, dass ich es nicht länger vor ihm fern halten könnte. ,,Würdet ihr es mir jemals preis geben?" Sein heißer Atem strief meine Haut, löste ein Prickeln in mir aus, welches mein Körper erzittern ließ. Geborgenheit breitete sich in mir aus, als er seine Arme um mich legte und mich stark gegen seine Brust presste. Laut vernahm ich seine Herzschläge, welche stark gegen meine Brust schlugen und es waren die Herzschläge unsererseits und unser Atem, welche die bedrückende Stille brachen und den Saal mit ihren Klängen erhellten. ,,Ich weiß nicht", flüsterte ich wahrheitsgemäß, schlang meine Arme vorsichtig um Harolds Taille, schloss meine Augen und vergrub meinen Kopf in seine Brust. Leise pustete ich die Luft aus meinen Lungen, nahm wahr, wie Harold seinen Kinn auf meinem Kopf abstützte und seine Arme fester um mich schlang. ,,Vielleicht, wenn es soweit ist", flüsterte ich. ,,Vielleicht in zwei Monaten, Harold."

Don't play with me, Darling! h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt