12 it ought to be different

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Evelyns POV:

Was war nur aus meinem Leben geworden? Alles ging drunter und drüber und das nur wegen Liam! Was glaubte er eigentlich, wer er war, hier einfach so in mein Leben zu treten und alles, was ich mir mühsam aufgebaut hatte, so zur nichte zu machen? Nagut, ich muss ja zugeben, das war jetzt übertrieben, aber er tat mir trotzdem nicht gut. Und das war die Wahrheit. Blöder Liam!

 Adam und die anderen ließen mich einfach in Ruhe in meinem Zimmer hocken. Keiner meldete sich und nicht einmal als das Essen fertig war, machte sich einer der drei die Mühe mir Bescheid zu geben. Also trottete ich einfach um Punkt zwölf Uhr in die Küche hinunter, wo alle drei bereits am Tisch versammelt saßen und mich nur kühl anblickten. Mum hatte geweint, das sah ich sofort. Jeff sah mich sowieso immer krumm an und Adam .. Ach, der konnte mich echt mal! War doch nicht seine Angelegenheit, mit wem ich meine Zeit verbrachte! Hör auf Liam zu verteidigen!, befahl ich mir leise und setzte mich dann zu den anderen an den Tisch.

Jeff deutete nur auf die Schüssel, die am Tisch stand, was wohl so viel hieß wie 'Bedien dich doch selbst' oder 'von uns brauchst du gar nichts mehr zu erwarten, junges Fräulein'. Mir auch recht! Ich schöpfte mir ein paar Spaghetti auf den Teller und kombinierte das Ganze mit Tomatensoße. Nachdem ich die ganze Masse mit Löffel und Gabel gut durchgemischt hatte, begann ich zu essen.

Bei meinen ersten fünf Bissen blieb immer eine Nudel ein wenig außen vor und ich musste sie einsaugen, um sie nicht wieder zu verlieren, was Mum anscheinend total auf die Palme brachte, denn plötzlich wurde sie wieder so bissig wie bei meiner Ankunft heute früh. "Wer war dieser Junge gestern und warum übernachtest du bei ihm?"

Meine Gedanken schweiften ab und ich dachte an den gestrigen Abend zurück. Ich hatte wirklich bei Liam übernachtet. Wieso tat ich sowas? "Evelyn, ich hab dich was gefragt! Wer war dieser Junge gestern Nacht?", hakte meine Mutter wütend nach. Na toll, was sollte ich denn jetzt bitte sagen? Dass Liam ein Typ war, der mich fast überfahren hatte und auf den ich gestern durch Zufall wieder getroffen hatte? Na klar. "Ich bin der Freund ihrer Tochter, Ma'am." Mein Blick schnellte zur Tür? "Liam?!" Er lächelte sein charmantestes Lächeln und eilte an meine Seite, während er mir von hinten sanft seine Hände auf die Schultern legte und mir kurz einen Kuss auf's Haar aufdrückte.

Ich wollte ihn eigentlich in den nächsten Sekunden ziemlich entgeistert von mir wegdrücken, aber er ahnte das anscheinend schon, denn er strich beruhigend kleine Kreise auf meinem Rücken, was aber nicht großartig wirkte in dieser Krisenstimmung. Wahrscheinlich wollte er mich damit daraufhinweisen, dass ich einfach die Klappe halten und mitspielen sollte. Aber Liam fuhr unbeirrt mit seiner Rede fort, nachdem er den Monstern und auch Adam die Hand gereicht hatte.

"Es tut mir leid, dass ich so reinplatze, aber Evelyn hat ihre Jacke bei mir vergessen." Die Jacke, verdammt! Auf die hatte ich heute wirklich vergessen. Hastig griff ich danach und erhob mich von meinem Stuhl. Natürlich war mir klar, dass meine Familie - und Jeff - mich im Auge behielt. "Echt lieb von dir, extra vorbeizukommen", meinte ich mit meinem schönsten Lächeln und drückte ihm kurz einen Kuss auf die Wange. Liam schlang sanft seine Arme um mich und lächelte mich amüsiert an. Am liebsten hätte ich ihn geschlagen!

Ich lächelte meine Eltern kurz entschuldigend an und zog Liam aus der Küche und verschwand mit ihm in das angrenzende Wohnzimmer. "Liam, was machst du hier?", fuhr ich ihn sofort sauer an, doch er grinste nur unschuldig und hob seine Hände verteidigend hoch. "Dir deine Jacke zurückbringen, was sonst?" Meine Jacke? Das glaubte er doch selbst nicht! Doch im Moment war mir eine Frage viel wichtiger. "Und warum gibst du dich als mein Freund aus? Was, wenn ich bereits einen habe? Mum hätte dir nie geglaubt!"

"Wie du selbst gerade gesagt hast", konterte er süffisant. "Sie hätte dir nie geglaubt. Also hast du eh keinen. Und eigentlich dachte ich, du würdest dich freuen mich zu sehen. Immerhin warst du diesem Streitgespräch vollends unterlegen." Ich schnaubte nur verächtlich und wollte ihm gerade eine kleben, als ich hörte, wie die Tür aufging. Mum spähte herein und lächelte, nicht gerade begeistert von Liam, aber sie tat ihr bestes! Also lächelte auch ich wieder und versuchte nicht zu gequält zu wirken, was mir hoffentlich auch gelungen war.

"Ehm, Liam, richtig?" Er nickte leicht. "Wollen Sie vielleicht mit uns zu Mittag essen?" Ich schüttelte meinen Kopf und lächelte Mum sanft an. "Er muss leider zur Arbeit, Mum. Es tut ihm aber sicher schrecklich leid." Ich sah zu ihm hoch und hoffte nur inständig, dass er einmal im Leben das machte, das man offensichtlich gerade von ihm wollte. Doch er zog mich nur sanft zu sich und knuffte mir kurz in die Wange. "Um ehrlich zu sein, habe ich heute frei, Liebling. Und so ein Angebot von so einer netten Familie kann ich doch nicht ausschlagen." Nett?! Nett?! War ich jetzt endgültig irgendwo in einer Kamerafalle gelandet?! Dann sollte der Typ, der mich über den Witz aufklären müsste, sofort rauskommen, denn ich hatte noch ein Hühnchen mit der Regie zu rupfen!

Aber leider war es kein Streich. Wieso sollte ich auch so viel Glück haben?

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"Danke für die Essenseinladung, Ma'am." Liam schüttelte meiner Mutter und den anderen noch kurz die Hand. Er hatte es in dieser Stunde wirklich geschafft jeden einzelnen, sogar mein Stiefmonster, von sich zu überzeugen. Er erzählte Geschichten, die ich ihm nie geglaubt hätte und berichtete von Dingen, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte. Wir hatten noch nie eine Stunde so ruhig bei Tisch gesessen, aber er hatte es geschafft. Einfach so und ohne sich groß anzustrengen.

"Sir, es hat mich gefreut." Jeff lächelte besonnen und nickte. "Ganz meinerseits, Liam!" Das klang doch wieder ganz nach der Erzieher-Masche, die Jeff hier bei Liam anwandte. "Ich begleite ihn noch vor die Tür, ja?" Lächelnd eilte ich voraus und wartete auf Liam, der sich alle Zeit der Welt ließ. Ich zog ihn mit vor die Tür und schloss diese dann hinter uns. Endlich konnte ich ihm sauer gegen die Schulter boxen. Gespielt verletzt jaulte er auf und musste dann sofort wieder lachen.

"Jetzt hast du mich aber verletzt, Süße", er zog mich sanft an sich heran und ich funkelte ihn wütend an. "Nenn mich nicht Süße und rühr mich nie wieder an!" Sein Blick fiel auf das Wohnzimmerfenster. Das durfte doch echt nicht wahr sein! Mum und Jeff stalkten uns!! Hatte man den hier nirgendwo so viel Privatsphäre, dass man jemanden unbemerkt schlagen konnte? Ich seufzte und sah dann wieder zu ihm. "Also wirst du dich jetzt nicht losreißen?", meinte er lächelnd. Ich zuckte mit meinen Schultern. "Sie könnten ja auch meinen, dass wir Schluss machen würden." "Sie würden dir das nie verzeihen. Sie mögen mich", setzte Liam noch einen oben drauf. 2:0.

Irgendwie wusste ich, dass er recht hatte. Sie mochten Liam wirklich gerne. Wobei ich mir da bei Adam nicht so sicher war. Er war die ganze Zeit ziemlich ruhig. "Wär' eigentlich gar nicht so schlimm, wenn die Alternative das hier wäre", gab ich kurz zu und spielte wirklich mit dem Gedanken ihm hier vor der Tür eine Szene zu machen, wusste jedoch, dass ich den erforderlichen Mut nicht aufbringen könnte, egal wie sehr ich es versuchen würde.

"Mach's nicht komplizierter, als es eh schon ist, Evelyn." Er beugte sich zu mir herab und hielt kurz inne, damit er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen konnte. "Liam, nicht ..", versuchte ich leise mich zu wehren, aber er schüttelte nur sanft seinen Kopf. "Denk an das Publikum, oder willst du, dass die Sendung abgesetzt wird?" Ich wollte etwas sagen, aber da näherte er sich meinem Gesicht wieder und ich zuckte kurz zusammen. Aber anstatt dass er mich küsste, lehnte er nur kurz seine Stirn gegen meine und senkte seinen Blick, ehe er von mir abließ und zum Wagen trottete.

"Liam?" Er drehte sich ohne zu zögern wieder zu mir um und sah mich erwartungsvoll an. Was sollte ich denn jetzt sagen? Er hatte mir gerade so komplett die Sinne vernebelt, das war doch nicht mehr normal! "Woher .. Woher wusstest du, wo ich wohne?", meinte ich nach einem kurzen Räuspern und wippte unruhig von einem Bein auf das andere.

Er lächelte schwach, während der Regen auf ihn herabtropfte und sah mich an. "Du solltest nicht immer alles hinterfragen. Aber gut, ich hab dich schon mal Nachhause gebracht, schon vergessen?" Jetzt fiel es mir wieder ein und ich klatschte mir peinlich berührt meine Hand an die Stirn. "Stimmt, tut mir leid." Er sah mich tadelnd an und grinste. Ich hörte noch, wie er beim Einsteigen "Was denkst du denn?", sagte, aber er erwartete keine Antwort darauf, denn kurz darauf schloss sich die Wagentür wieder.

Der Motor heulte auf und Liam rollte elegant davon. Nach zwei Minuten fiel mir auf, dass ich ihm gewinkt hatte. Ich nahm sofort meine Hand wieder runter und stürmte wieder hoch in mein Zimmer. Die Tür ließ ich mit einem leisen Klacken zufallen und rutschte dann, mit dem Rücken an die Tür gelehnt, auf den Boden hinab. Dort hockte ich nun und lehnte meinen Kopf ebenfalls an die kühle Holztür, als ich ein Klingeln vernahm. Sofort glitt mein Blick auf mein Handy, das noch auf dem Bett lag. Wer konnte das wohl sein? Liam? Claire? Die Polizei? Der Typ von der versteckten Kamera? Oh, bitte lass es den Typ sein. Bitte, bitte, bitte ..

What about you, Liam?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt