21 on top of the world

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Evelyns POV;

"Ich hoffe du weißt, wie weit es da runter geht. Ich werde nämlich nicht nach unten schauen. Oh Gott! Jetzt hab ich's doch gemacht! Wenn wir da runterfallen, sind wir Matsch! Hörst du mich, Liam? Matsch!", jammerte und hyperventilierte ich hier schon die letzten zwei Minuten herum, während Liam seelenruhig versuchte mich zur Mitte des Daches zu bringen, ohne dass ich runterfallen konnte. Das Dach war eigentlich gar nicht so extrem steil, aber ich wollte trotzdem keinen falschen Schritt riskieren. Wir hatten den Lift genommen und waren schließlich über die letzte Treppe nach oben auf das Dach gekommen. Näher am Himmel als ich es je beabsichtigt hatte.

"Wie hoch sind wir hier eigentlich? Und wie spät ist es? Dürfen wir überhaupt hier sein?! Oh Gott, ich glaube, ich bekomme keine Luft mehr!", ich zerquetschte Liams Hand schon fast, so nervös und aufgeregt war ich. Und ängstlich. Oh ja, sehr ängstlich. Der Junge vor mir hatte nicht einmal gesagt, ich solle meine Klappe halten. Hin und wieder gab er ein leises Lachen von sich, zog mich dann aber auch schon wieder weiter, während ich weiter herumzeterte und vor mich hin plapperte. Ich war wirklich kein Angsthase, aber ich hatte nun mal eine ziemlich ausgefuchste und bescheuerte Höhenangst.

Gerade, als ich einen neuen Redeschwall begann, unterbrach mich Liam, indem er sich zu mir umdrehte und mein Gesicht sanft in seine Hände nahm. Er atmete kurz aus und fixierte meine Augen dann mit einem durchdringenden Blick. "Könntest du vielleicht aufhören, mich dazu zu bringen, dich von diesem Dach stoßen zu wollen, damit du endlich leise bist? Das wäre echt nett von dir." Geschockt riss ich meine Augen weit auf und wollte gerade vor mich hin stottern, dass er das nie machen würde, aber da begann Liam auch schon wieder ein wenig gereizt, aber doch irgendwie besorgt zu lachen. "Beruhig dich jetzt bitte. Dir wird schon nichts passieren. Und ich dachte du wolltest etwas Verrücktes machen. Oder hast du deine Meinung schon wieder geändert, Angsthase?", forderte er mich grinsend heraus.

Ich schüttelte sofort meinen Kopf und machte mich energisch von Liam los, wobei ich leicht ins Stolpern geriet. Liam fing mich aber rechtzeitig auf und grinste mich nur hämisch an. "Nimm deine Pfoten da weg, ich bin kein Angsthase, wir ziehen das jetzt durch!", bestimmte ich wackelig und ging dann die letzten Schritte voran. Und natürlich begleitete mich Liams süffisantes Lachen auf Schritt und Tritt. Kaum in der Mitte des Daches angekommen, setzte ich mich sofort vorsichtig hin und war nur heilfroh, keinen gefährlichen Stunt hingelegt zu haben.

Liam ließ sich leichtfüßig neben mir auf die Dachfläche plumpsen und zog sofort eine kleine Schachtel aus seiner Jackentasche. Eine Zigarette kam zum Vorschein und er zündete sich diese an, blies einmal den Rauch aus und wandte sich dann wieder mir zu. Wortlos hielt er mir die Packung hin und ich schüttelte sofort meinen Kopf. Ich hasste Zigaretten. Immer, wenn jemand in meinem Umfeld rauchte, wollte ich am liebsten sofort duschen gehen und mir den grässlichen Gestank vom Leib waschen. Das war nicht auszuhalten.

"Ach, komm schon. Hast du das je probiert?" Ich blickte stur auf meine Hände. Die Häuser wollte ich noch nicht sehen, meine blöde Höhenangst war wohl doch nicht zu unterschätzen. Und Liam wollte ich auch nicht ansehen. Der würde mich nur schief anblicken, als wäre ich ein kleines, dümmliches Kind. Da ich ihm nicht antwortete, nickte er kurz und hielt mir seine Zigarette hin, die bereits vor sich hin glühte. Erneut schüttelte ich meinen Kopf und biss mir von innen auf die Wange. "Nein, danke."

"Ach komm schon, Babe. Wie kannst du etwas ablehnen, dass du noch nie probiert hast? Was ist mit Eis? Du liebst Eis sicher. Jeder liebt Eis. Aber das konntest du nur herausfinden, indem du es probiert hast. Vielleicht ist das dein Eis. Versuch's. Nur einen Zug. Mach was Verrücktes, dass du nie machen wolltest."

Ich zermaterte seine Worte in meinem Kopf und musste mir eingestehen, dass die Logik seines Arguments unschlagbar war. Auch, wenn ich wusste, wie ungesund das Zeug war, und auch, wenn ich wusste, wie sehr mich Zigaretten anekelten, ich wollte etwas neues probieren, da hatte er recht. Wir waren doch hier, weil ich etwas Verrücktes machen wollte. Und was eignete sich hierfür besser, als mir auf dem Dach eines siebenstöckigen Gebäudes eine Zigarette mit einem Wildfremden - wahrscheinlich Kriminellem - zu teilen, der mich fast überfahren hatte und in mein Zimmer eingebrochen ist? Richtig, nichts. Zumindest nicht im Moment und nicht für mich.

What about you, Liam?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt