Die Widmung geht heute an spacy10 :)
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Liams POV;
Müde starrte ich aus dem Fenster. Es war bereits drei Uhr morgens, aber ich konnte nicht schlafen. Meine Gedanken waren viel zu laut und mein Herz schmerzte. Mein Blick wanderte zu Evelyn. Selbst wenn sie schlief, wirkte sie besorgt. Behutsam strich ich ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und betrachtete ihr Gesicht für eine Weile. Sie wirkte älter. Müder. Trauriger. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es ihr gehen musste. Logan hatte ihre Familie bedroht. Am liebsten wäre ich einfach zu ihm gefahren und hätte die Sache ein für alle Male geklärt - doch Chuck hat mich zur Vernunft gebracht. Das hatte keinen Sinn.
Ihr Atem ging noch immer ein wenig unregelmäßig und ihre Nase war noch immer angeschwollen von dem vielen Weinen. Es brach mir das Herz sie so zu sehen. "Es tut mir leid", flüsterte ich, während ich mit meiner linken Hand vorsichtig über ihre Wange strich. Wissend, dass sie mich nicht hören würde. Sie war viel zu ausgelaugt.
Ich musste das wieder gerade biegen. Koste es, was es wolle. In dieser Nacht machte ich kein Auge zu. Stattdessen suchte ich nach einem Ausweg aus dieser verzwickten Situation. Nach einer Lösung für all die Probleme, die ich Evelyn beschert hatte. Bis die Sonne schließlich aufging und Evelyn wieder aufwachte. "Guten Morgen", begrüßte ich sie rau und beobachtete sie kurz dabei, wie sie sich streckte.
"Hast du überhaupt geschlafen?", wollte sie wissen, während sie müde ihre Augen rieb. Sie wirkte nicht wirklich erholt. Ihr besorgter Blick wanderte über mich, während ich ihre Frage verneinte. Seufzend ergriff sie meine Hand und verschränkte meine Finger mit ihren. "Wie soll es jetzt weitergehen mit uns?" Ihre Stimme zitterte, sie hatte noch immer Angst. Aber wer konnte ihr das auch verübeln? "Ich weiß es nicht", gab ich ehrlich zu und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ich weiß es wirklich nicht."
Ich war wütend. Wütend darüber, dass ich sie in Gefahr gebracht hatte. Wütend über Logan, der sie so schamlos bedrohte. Wütend darüber, dass ich nicht da war um sie zu beschützen. Wütend auf mich. Weil ich keine Lösung für dieses Problem finden konnte. Ihr Blick wanderte nach draußen und sie beobachtete für eine Weile ihr Elternhaus, dass sich von hier aus auf der anderen Straßenseite befand. Ihr Atem beschleunigte sie wieder.
"Wenn er uns gemeinsam sieht, dann wird er ihnen etwas antun. Das hat er gestern gesagt", erzählte sie mir mit zitternder Stimme. Ihr kleiner Körper begann bereits wieder zu beben. Also zog ich sie zurück in meine Arme und sie lehnte sich mit dem Rücken an mich, während ihr Gesicht noch immer dem Fenster zugewandt war. Als wäre sie ein Wachhund. Begleitet von der Angst, dass jederzeit das Chaos ausbrechen könnte.
Meine Gedanken drifteten ab und ich ließ die letzten Wochen Revue passieren. Wann hatte ich die Kontrolle verloren? Die Antwort darauf war nicht schwer zu finden. Damals, in der Gasse. Als sie sich so um mich sorgte. Ich hätte ihr danach einfach fernbleiben sollen. Ich hätte mich ihr nicht wieder nähern sollen. Das war egoistisch von mir. Aber ich konnte nicht anders. Und ich hasste mich nun dafür.
"Liam?" Der Klang ihrer Stimme holte mich aus meiner Trance und ich blickte sie wachsam an. "Was ist los?", fragte ich schnell, während ich ebenfalls aus dem Fenster blickte. Doch vor der Tür blieb es ruhig. "Wird das jemals enden?", flüsterte sie nun und blickte mich aus ihren großen Augen heraus an. "Wird er uns je in Ruhe lassen?" Ich überlegte nicht lange, sondern schüttelte nur kühl meinen Kopf. "Das bezweifle ich." Der Kloß in ihrem Hals wurde größer und ihre Atmung begann sich wieder zu beschleunigen. Ich wünschte nur, dass ich sie trösten könnte. Doch ich wusste nicht, was ich sagen konnte. Nichts was ich sagen würde, würde die Wahrheit ändern. Also beschloss ich zu schweigen.
Chucks Räuspern ertönte im Türrahmen und wir drehten uns überrascht zu ihm um. "Ich hätte da noch eine Idee. Aber ich denke nicht, dass sie Evelyn gefallen wird", beteuerte er gleich und hielt uns zwei Reisepässe entgegen. Ich wusste sofort, dass es sich hierbei nicht um unsere echten Pässe handelte, daher runzelte ich gleich meine Stirn. "Ich halte das für keine besonders gute Idee, Chuck." Dieser betrachtete uns einen Moment lang stumm und zuckte dann mit seinen Schultern. "Wenn ihr zusammen sein wollt, scheint mir das die einzige Möglichkeit zu sein", stellte er schließlich klar und legte die Pässe auf der Kommode neben der Tür ab, ehe er sich noch einmal mir zuwandte. "Ich möchte euch nur helfen, Liam. Mach nicht den selben Fehler wie ich damals." Der Kloß in meinem Hals begann zu wachsen und ich nickte verstehend. Er hatte recht. "Danke, Chuck."
Evelyns POV;
"Weglaufen?" Beim Gedanken daran zog sich in mir alles zusammen. Ich wollte nicht weg von hier. Ich starrte Liam an, meine Gedanken überschlugen sich. Chuck hatte den Raum bereits verlassen. "Mir müssen das nicht machen, Evelyn. Ich würde dich nie dazu zwingen." In seinen Augen lag Kummer und Zorn. Müdigkeit. Ich dachte an meine Eltern und daran, was ihnen alles passieren könnte. "Wir können das auch so schaffen. Uns wird etwas einfallen", beteuerte Liam, doch ich schüttelte nur meinen Kopf. Chuck hatte wirklich recht. "Und was?" Er blieb stumm. Er hatte selbst keine andere Lösung gefunden.
"Du hast selbst gesagt, dass Logan uns nie in Ruhe lassen wird, Liam. Was sollte es also ändern, wenn wir getrennt wären?", konfrontierte ich ihn ruhig, doch er schüttelte nur seinen Kopf. "Du wirst deine Familie auf keinen Fall alleine lassen, Evelyn. Das lasse ich nicht zu. Immerhin hast du noch eine." Die Wut wich aus seinen Augen und schaffte gerade genügend Platz, um seinem Kummer Ausdruck zu verleihen. Doch ich konnte nicht so denken. "Wenn ich hier bleibe, werden sie immer in Gefahr bleiben, Liam. Chuck kann doch ein Auge auf sie werfen, ich weiß, dass er das tun würde."
Seufzend strich sich Liam durch die Haare. Er wirkte unzufrieden mit dieser Situation. Noch mehr als zuvor. Ich ergriff seine Hände und zwang ihn damit dazu, mich anzusehen. "Liam. Ich möchte, dass meine Familie sicher ist. Und am sichersten sind sie, wenn sie nichts mit mir zu tun haben." Mir war klar, wie überstürzt und unreif das alles klang - doch am Ende würde es doch immer darauf hinauf laufen. Schlechte Menschen wie Logan würden einen nicht plötzlich in Ruhe lassen. Natürlich würde ich mir weiter Sorgen machen müssen, dass meiner Familie etwas passierte. Doch sie wären sicherer so, als mit mir an ihrer Seite.
"Und du bist dir auch wirklich sicher?" Liams Stimme war bemüht ruhig, er versuchte die ganze Situation zu überblicken. Eilig nickte ich und spürte den Knoten in meinem Magen, wie er sich weiter zusammen zog. "Ich habe mich entschieden, ja."
Er küsste mich einmal sanft und nahm mein Gesicht dann in seine Hände. Seine Daumen strichen über meine Wangen, während er meine Tränen weg wischte. Ich hatte gar nicht bemerkt dass ich zu weinen begonnen hatte. "Es tut mir leid", flüsterte er und lehnte seine Stirn gegen meine.
"Es tut mir leid, dass ich dich nicht besser beschützen konnte."
"Ich liebe dich, Liam. Das ist alles, was zählt."
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Ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Ich habe sehr lange daran gearbeitet, weil ich alle Optionen abwägen wollte. Doch im Endeffekt lief immer alles auf dieses Szenario hinaus. Egal, wie man es betrachtete.
So große Plot-Twists sind für mich sehr schwierig, weil ich euch natürlich auch nicht enttäuschen möchte, solltet ihr euch etwas anderes erwartet haben. Doch ich finde, hier passt es perfekt.
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What about you, Liam?
RomansaEines Tages begegnet Evelyn Liam Anderson, der sie fast überfährt. Von da an nimmt ihr Leben eine dramatische Wendung. Zwei Welten, die unentschuldigt aufeinander einprassen. Was Evelyn da noch nicht wissen kann: Liam ist keineswegs so nett, wie er...